Libre vs. Open

Stefan Meretz stefan at meretz.de
Mo Feb 14 08:43:55 UTC 2011


On 2011-02-12 10:26, olafBuddenhagen at gmx.net wrote:
> > http://www.keimform.de/2011/libreoffice-basar-statt-kathedrale/
> 
> Auch wenn es in Deinem Text selbst nur eine Nebenrolle spielt, finde
> ich es angemessen, daran zu erinnern, dass "The Cathedral and the
> Bazaar" -- entgegen weit verbreiteter Meinung -- nicht wirklich was
> mit proprietärer und freier Software zu tun hat. (Es werden sogar
> explizit GNU-Projekte als Beispiele für "Cathedral" angeführt, und
> keinesfalls propiertäre Programme.) Dass der Text gewissermaßen als
> Manifesto der Open-Source-Bewegung verstanden wird, hilft der
> Klarheit des Begriffs "Open Source" nicht gerade...

Die Entgegensetzung Kathedrale-Basaar habe ich dem iX-Artikel entnommen, 
auf den ich mich beziehe:
http://www.heise.de/ix/artikel/Die-Freiheit-die-ich-meine-1170972.html

Es ist richtig, dass es in dem Raymond-Text nicht um Freie Software im 
Wortsinne geht (4 Freiheiten etc.), sondern eher um die Produktionsweise 
Freier Software. Danach sind in der Tat die frühen GNU-Projekte als 
"Kathedrale" einzuordnen, da sie noch nach der alten (in den 1960-80er 
Jahren) dominanten "ingenieurmäßigen" (eben "kathedralenartigen") 
Methode aufgezogen wurden. Die "bazaarartige" Entwicklungsweise wurde 
faktisch durch Linus Torvalds in die Welt gesetzt, Raymond hat das nur 
versucht zu versprachlichen -- ob gelungen, finde ich nicht so 
entscheidend: Er hat auf jedem Fall die Metaphern gesetzt.

Freie Software (oder Open Source Software, wie es andere nennen) ist 
heute eben beides: Produkt und Produktionsweise. Da finde ich es nicht 
hilfreich, da jetzt künstliche Trennlinien zwischen FS und OS  zu ziehen 
(wie es manchmal getan wird, ich meine jetzt nicht dich).

>    Als die nach Hamburg übergesiedelte Firma angesichts der
>    übermächtigen M$-Konkurrenz Mitte der 1990er Jahre ins Schwimmen
> kam, machte sie einen Guerilla-Hack von einigen
> Star-Division-Entwicklern (StarOffice auf GNU/Linux) öffentlich.
> StarOffice mutierte schrittweise zu Freier Software.
> 
> Dass die Veröffentlichung des "Guerilla-Hacks" ein Schritt in
> Richtung freier Software war, finde ich sehr weit hergeholt. Die
> Anwender hatten dadurch ja kein Stück mehr Freiheit.

Ich sehe es als Entwicklungsprozess vom proprietären StarOffice zum 
heutigen LibreOffice, und da war der Guerilla-Hack ein wichtiger Schritt. 
Die Bezeichnung ist nicht von mir, aber sie ist treffend: Zunächst hatten 
StarOffice-Mitarbeiter es zunächst vor ihren Chefs geheim gehalten, dass 
sie StarOffice auf GNU/Linux zum Laufen brachten, bevor die Firma das 
Potenzial erkannte (dass sie das dann nicht im Sinne Freier Software 
umsetzen -- geschenkt, das waren "klimatisch" noch ganz andere Zeiten, 
lange bevor die legendäre "Open-Sourcifizierung" von Netscape erfolgte). 
Guerilla-Aktionen sind eben manchmal notwendig :-)

Ciao,
Stefan

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