Urheberrecht und Wissenschaft

Lutz Horn lutz at lutz-horn.de
Mo Apr 22 18:52:09 UTC 2002


Hallo Christian, hallo Liste(n),

* Christian Selig <christian.selig at bnv-bamberg.de> [20020422 17:16 +0200]:
> Stefan Meretz wrote:
> 
> > Eine freundliche Denunziation;-) Ich oute mich also als
> > Nicht-Kenner: Bei Freier Software geht es darum, Geld, Bezahlung und
> > Eigentum abzuschaffen - und zwar unabhängig vom Wollen der
> > Beteiligten. Ich habe das Argument schon mal genannt: Die GPL
> > suspendiert eine zentrale Vorbedingung für die Verkaufbarkeit (die
> > Warenform): die Knappheit.
> 
> Bei Freier Software geht es garantiert nicht darum, Eigentum
> abzuschaffen. Bis auf ein paar extremistische Spinner wird kein Mensch
> das Recht auf Eigentum bestreiten. Was viel mehr der Fall ist, dass Du
> auf eine Sapir-Whorf'sche Sprachmine getreten bist: "Eigentum" und
> "Software" im gleichen Atemzug zu nennen, führt zu falschen
> Vorstellungen. Die Begrifflichkeit "Eigentum" gehört zwangsläufig zu
> etwas Knappen und hat mit Software gar nix zu tun.

Von welcher Art ist denn für Dich der Begriff "Eigentum", wenn Du von
einem "Recht" auf dieses redest. Ist er ein "natürlicher Umstand" oder
ein Legalismus, etwas von Menschen geschaffenes?

Wenn Du schreibst, dass der Begriff "Eigentum" und Software nichts
miteinander zu tun haben, bist Du damit sicherlich in den Augen vieler
schon ein "extremistischer Spinner". Alle diejenige nämlich, die von
"geistigem Eigentum", das sich auch auf Software wie überhaupt jede
menschliche Regung erstrecken soll, reden, hielten Deine begrifflichen
Probleme sicherlich für irrelevant. Im besten Fall ...

> Du hast ja Dein eigenes Argument im letzten Satz abgewürgt: Die GPL
> verursacht die Aufhebung der Knappheit, also ein Legalismus, kein
> natürlicher Umstand. "Eigentum auf Ideen" ist eine juristische
> Konstruktion, keine natürliche Gegebenheit.

ACK. Aber warum soll es beim Recht auf Nicht-Ideen etwas grundsätzliches
anderes sein?

Übrigens bin ich nicht der Meinung, dass die GPL die Aufhebung der
Knappheit verursacht. Sie stellt ein legalistisches Konstrukt zur
Verfügung, dass die rechtlichen Mittel der westlichen Gesellschaften in
einer so nicht vorgesehenen Weise anwendbar macht: Statt Copyright eben
Copyleft.

Die Nichtknappheit der Software jedoch ist unabhängig von ihrer
Lizensierung unter der GPL der Fall. Software, Ideen, Pläne etc. sind
nicht knapp, einfach weil sie als Bytes beliebig und verlustfrei
kopierbar sind. Dass die GPL nötig ist, um diese faktisch existierende
Nichtknappheit auch gegen widerstreitende Interessen verteidigen zu
können, ist noch kein Hinweis auf einen ursächlichen Zusammenhang
zwischen GPL und Nichtknappheit. In einer Freien Gesellschaft, in der
z.B. Ideen wie die des "geistigen Eigentums" als die Absurdität erkannt
werden, die sie sind, bestünde kein Bedarf für die GPL.

> Ich glaube, uns fehlen die Worte, um das richtig auszudrücken, was wir
> denken. Wir stecken sprachlich noch tief und fest in den materiellen
> Angelegenheiten.

Und, BTW, in der Sprache der Verwertungslogik.

Gruß
Lutz
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