[Fellowship Zurich] Bund darf keine Freie-Software weitergeben

Marcus Moeller marcus.moeller at gmx.ch
Di Nov 4 18:41:57 UTC 2014


Sali zaemme,

> der Bund hat vor einiger Zeit im Rahmen von OpenJustitia ein Gutachten
> zur Verwendung von Freier Software in der Bundesverwaltung in Auftrag
> gegeben:
>
> https://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=de&msg-id=54921
>
> Das Ergebnis des Gutachtens, das von zwei an der UZH tätigen
> Rechtswissenschaftlern verfasst wurde, ist ernüchternd:
>
> http://www.news.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/37015.pdf
>
>   Sie kommen zu dem Schluss, das die Freigabe von Eigenentwicklungen
> unter einer Freien Software Lizenz zu einer Marktverzerrung führen
> würde. Als direkte Konsequenz hat das Bundesgericht nun beschlossen, die
> Weiterentwicklung von OpenJustitia zunächst nicht mehr öffentlich zur
> Verfügung zu stellen:
>
> http://www.bger.ch/press-news-11.5.2_33.1.8-t.pdf
>
> Unterstützen kann ich die These, dass eine Öffentliche Einrichtung
> keinen User-Support für eine selbstentwickelte Freie Software Lösung
> anbieten sollte, der über das eigene Handlungsfeld hinausgeht. Das
> betrifft natürlich nicht das behandeln von Fehlern in der Software durch
> einen sogenannten Bugtracker. Dieser sollte nicht für allgemeine
> Supportanfragen genutzt werden. Ein Freier Zugang zum Bugtracker würde
> insgesamt zur Transparenz und Nachvollziehbarkeit beitragen.
>
> Interessant finde ich die Einschätzung, dass Copyleft nicht zutrifft,
> wenn eine Software nur 'intern'. genutzt würde:
>
> Zitat: "Die vertraglichen Auflagen (Copyleft) aus der Verwendung einer
> OSS-Basis-Software zwingen weder zur Freigabe von Fortentwicklungen,
> noch verhindern sie eine Einbindung anderer interner Stellen. Wenn
> jedoch eine Weiterentwicklung nicht nur intern genutzt, sondern der
> Nutzerkreis breiter gestaltet werden soll, verlangen die genannten
> Lizenzbestimmungen dagegen, das betreffende Programm ebenfalls den
> einschlägigen OSS-Bedingungen zu unterstellen."

Der Rechtsanwalt Michael Stehmann war so nett, den Sachverhalt zu erläutern:

...
Niemand kann gezwungen werden, Änderungen, die er an der Software
vornimmt, weiterzugeben, solange er nicht die geänderte Software verbreitet.

Denn sonst könnte er vom Recht zur Anpassung der Software an seine
Bedürfnisse keinen uneingeschränkten Gebrauch machen (s.a. „Desert
Island“-Test -
http://de.wikipedia.org/wiki/Debian_Free_Software_Guidelines#Debian-Legal ).

Nur soweit er die geänderte Software verbreitet, was bei Freier Software
sein gutes Recht ist, muss dies bei sogenannten Copyleft-Lizenzen unter
den gleichen Bedingungen geschehen.

Wann liegt nun eine Verbreitung in diesem Sinne vor?

Beim Einsatz in einem Unternehmen noch nicht.

Erlaubt das Unternehmen seinen Mitarbeitern jedoch, die geänderte
Software auch häuslich zu privaten Zwecken einzusetzen, erscheint mir
die Grenze zum Verbreiten überschritten. Denn dann müssen die
Mitarbeiter das Recht haben, die zu privaten Zwecken eingesetzte
Software auch zu studieren (der Chef könnte ja einen Trojaner o.ä.
eingebaut haben).

Diese Erläuterungen dienen lediglich der allgemeinen Bildung und
Information, nicht aber der Beratung bei individuellen rechtlichen
Anliegen. Eine Nutzung dieser Erläuterungen im Einzelfall erfolgt auf
eigene Gefahr.
...

Viele Grüsse
Marcus


> Der Gesamte Focus der Analyse liegt darauf, dass Software nicht 'Gratis'
> zur Verfügung gestellt werden dürfe, da dies zu einer Verzerrung des
> Marktes führen würde.
>
> Die Veröffentlichung von Freier Software bietet nach meiner Einschätzung
> neue Möglichkeiten für den Freien Markt, auf dieser Basis
> Dienstleistungen aufzubauen. Da die Software für jeden gleichberechtigt
> zugänglich ist, kann nicht von einer Marktverzerrung gesprochen werden.
>
> Ich würde euch bitten, das Gutachten durchzulesen und weitere Argumente
> zu sammeln, so dass wir abschliessend eine Stellungnahme verfassen können.
>
> Viele Grüsse
> Marcus



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