Abschlussarbeit zu "Freiheitliche[r] Software im Kontext einer Ethik der Digitalisierung"
Roland Hummel
rh at fsfe.org
Do Dez 29 23:14:36 UTC 2022
Liebe Listige,
ich bin aus zeitlichen Gründen zwar noch nicht wieder aktiver Leser
dieser Liste, möchte aber den Jahreswechsel nutzen, Euch bei Interesse
auf meine Abschlussarbeit aufmerksam zu machen, die ich Mitte/Ende 2021
geschrieben und dann leider erst nach etlichen Monaten Wartezeit auf dem
EDOC-Server der HU Berlin veröffentlichen konnte.
Der vollständige Titel der Arbeit lautet "Christliche Freiheit im
digitalen Raum? : Freiheitliche Software im Kontext einer Ethik der
Digitalisierung". Sie ist unter https://doi.org/10.18452/24777 abrufbar
und steht unter CC-BY.
Allgemeiner Hintergrund der Arbeit ist, dass ich Ev. Theologie studiere,
zur Studienfinanzierung seit vielen Jahren im IT-Bereich arbeite, mich
ursprünglich (im Snowden-Kontext [1]) eher aus Datenschutzperspektive
kritisch mit dem digitalen Raum befasste und darüber irgendwann bei
Freier Software gelandet bin (mit entsprechenden hochschulpolitischen
Ambitionen [2]).
Da ich über Freiheitskonzeptionen aus theologischer sowie IT-Perspektive
schreiben wollte und die Evangelische Kirche in Deutschland 2021 eine
Denkschrift mit dem Titel "Freiheit digital" [3] veröffentlicht hat, lag
es schon vom Titel her nahe, an diese anzuknüpfen. Es stellte sich
heraus, dass in dieser Denkschrift der Begriff "Freie Software"
lediglich in einer Fußnote erwähnt und ansonsten der Begriff "Open
Source" bevorzugt wird, was ich in Bezug auf den Titel ausreichend
merkwürdig fand, mich mit den Freiheitskonzeptionen der Begriffe und
ihren ethischen Implikationen zu befassen.
Da ich es nicht knapper zusammengefasst bekomme als in der
EDOC-Beschreibung, zitiere ich nachfolgend aus dieser, damit ihr anhand
des "Namedroppings" ungefähr wisst, worum es geht:
"Vor dem Hintergrund von Charles Taylors Auseinandersetzung mit dem
negativen und positiven Freiheitsbegriff Isaiah Berlins sowie einer
konstitutiven Schrift der Free Software-Bewegung einerseits (Richard
Stallmans „Initial Announcement“) und einer der Open Source-Initiative
andererseits (Eric Raymonds „The Cathedral and the Bazaar“) stellt [die
Denkschrift] erstens die These auf, dass die Verwendung des Begriffes
„Open Source“ einen Bedeutungshorizont negativer Freiheitskonzeption mit
sich trägt, der vor dem Hintergrund der positiven Freiheitskonzeption,
welche die EKD-Denkschrift zum Ausgangspunkt ihres ethischen
Reflexionsangebots erklärt, problematisch sein könnte.
Zweitens wird in der Arbeit diskutiert, inwiefern der Begriff „Free
Software“ bzw. „Freie Software“ einer positiven Freiheitskonzeption
entspricht und deswegen im Vergleich zum Begriff „Open Source“ zwar
nicht vollumfänglich anschlussfähig, aber zumindest anschlussfähiger zum
in der Einleitung der Denkschrift angeführten Freiheitsverständnis der
„Freiheit eines Christenmenschen“ nach Martin Luther ist.
Abschließend wird drittens auf Basis der dargestellten Indizien gefragt,
inwiefern das Freiheitskonzept Freier Software hinsichtlich einer „Ethik
der Digitalisierung“ innerhalb einer „Ethik des Sozialen“ (Torsten
Meireis) entsprechende Reflexionen bereichern könnte. Die Arbeit möchte
dazu anregen, die Begriffswahl nicht nur, aber vor allem in
theologischen Beiträgen mit Digitalisierungsbezügen zu reflektieren, da
in vielen entsprechenden Beiträgen der Begriff „Open Source“ gewählt
wird und diese so eine negative Freiheitskonzeption mittragend sein
können – dies vor allem, wenn in ihnen der Begriff vom ursprünglichen
Software-Kontext auf kirchlich-theologische Sachverhalte hin übertragen
wird."
Das Publikationsformat mit sichtbaren Korrekturen ist etwas unglücklich,
ich wollte aber einerseits bestimmte Dummheiten, über die meine
Gutachter wohl großzügig hinwegsahen und die mir erst später auffielen,
nicht so stehen lassen, aber andererseits auch ersichtlich lassen, was
ursprünglich genau bewertet wurde (mit einer 1,7 in beiden Gutachten,
weswegen ich mich überhaupt traue, die Arbeit hier vorzustellen).
Falls jemand Vorschläge hat, wie man das eleganter lösen könnte, bin ich
über Rückmeldungen dankbar – natürlich auch über inhaltliche Kritik.
Herzliche Grüße und (je nach Sozialisation) einen guten Jahreswechsel
bzw. eine frohe Weihnachtszeit
Roland
[1] https://doi.org/10.18452/13663.2
[2] https://hu.berlin/gnuHU
[3] https://www.ekd.de/freiheit-digital-63984.htm
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