Supportverträge machen OpenSource teuer

Robert Kehl rk23 at fsfe.org
Mi Dez 21 19:28:14 UTC 2011


Am 20.12.2011 12:40, schrieb Joker Germany:
> So, ich habe mal wieder mit meinen Ausbildern über OpenSource gesprochen.

Hoffentlich ist die Ausbildung besser als deren Analysen ;-) *scnr*

> Da Banken und AGs ihre Daten schreibgeschützt 10 Jahre aufheben müssen,
> vertraten sie die Ansicht, dass Properitäre Software von großen Firmen
> besser wäre (also Beispiel wurde das hier schon lange eingesetzte Office
> 2003 genannt)

Interessant: Verderben offene Formate schneller auf schreibgeschützten
Medien? Ich sehe da den Punkt nicht.

> Sie glauben, dass die Supportveträge z.B. LibreOffice/OpenOffice zu
> teuer machen würde und die Lizenzskosten für Office 2003 (damals wohl
> 30€ pro Lizenz) günstiger sind.

Es wurde ja schon völlig richtig dargestellt, wie Support- und
Lizenzkosten zusammenhängen. Was ich noch hinzufügen möchte: Selbst,
wenn ich keinen Support brauche, muss ich bei unfreier Software immer
noch die Lizenzen bezahlen, seien es 30, 60 oder 100 € pro installierter
oder genutzter Instanz. Das ist bei freier Software nicht der Fall.

Die oft genannte Mär, dass ich mit den sogenannten "Standardprodukten"
wie MS Office Kosten bei der Anpassung einer unternehmensweiten
Installation einspare, ist hanebüchen:

Die Pre-Sales-Teams (das sind die mit den hochhackigen Damen und mit den
gegeelten Schlipsträgern) erzählen Dir das blaue vom Himmel, was das
Wunderprodukt nicht alles out-of-the-box könne, und dass sich die
Anpassungen auf ein Minimum beschränken würden (Stichwort: "Da brauchen
Sie gar nichts zu machen").

Dann kommen die Senior Consultants, die bedenklich mit dem Kopf wiegen
und Dir erklären, das grundsätzlich ja alles ginge, was Du Dir so
vorstellst, aber da müssten die Systemintegratoren schon beträchtlich
drehen.

Die Integratoren wiederum streichen Dir, je nach Etat, entweder eine
ganze Menge Deiner Wünsche von der Liste ("Das wird teuer, da müssen wir
erst mal eine DLL für schreiben") oder sie knicken ein und sagen: "Das
haben wir schon mal versucht, das funktioniert einfach nicht. Vielleicht
geht's mit ServicePack 3 - kommt im Sommer."

Am Ende stehst Du mit Tagessätzen von 1200 bis 1800 € im Regen und
siehst zu, wie zig Externe ein proprietäres Softwareprodukt mit
proprietären Drittanbieter-Plugins vollstopfen, damit z. B. die Makros
aus 2001 noch laufen oder die Integration eines bereits implementierten
Verzeichnisdienstes überhaupt möglich ist.

Sowas läuft bei z. B. der Intevation, bei Tarent, SerNet oder Zarafa
gänzlich anders, um mal ein paar Prominente zu nennen. Die müssen und
wollen auch kein Vendor-LockIn betreiben.

> (Das sehen sich auch für unsere Abteilung (Öffentlicher Dienst), selbst
> wenn wir nicht archivieren müssen.)

Müsst Ihr ggf. schon - insbesondere Finanzdaten unterliegen m. W. n.
denselben Richtlinien wie die für die Privatwirtschaft geltenden. Da
hilft es natürlich, wenn ich völlig von der Willkür eines einzigen
Herstellers abhängig bin, der seine eigene Software nicht so ausstattet,
wie er es selber beschreibt.

> Man würde an OpenOffice sehen, wie schnell Software umfällt und durch
> etwas anderes ersetzt werden muss.

Da empfehle ich stabile Regale, wo nichts umfällt. Heidelei...

> Sie sind auch der Meinung, dass man Studien nicht glauben kann (was ich
> teilweise nachvollziehen kann)

Das ist das geilste Totschlagargument, das ich 2011 gehört habe: "Ich
glaube überhaupt keinem, also hat derjenige Anbieter mein vollstes
Vertrauen, bei dem ich gar nichts einsehen kann." Hat was Cooles.

> Weiß jemand wie das bei LiMux läuft?
> Diese benutzen ja LibreOffice

Frag' sie einfach mal selber, die sind sehr nett.

Mit fröhlichem Gruß

Robert Kehl



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