FSFE on twitter

Torsten Grote Torsten.Grote at fsfe.org
Mo Mai 25 14:37:37 UTC 2009


Hallo Guido,

danke fuer deine Stellungnahme.

Guido Arnold said the following on 04/22/2009 10:56 PM:
> In dem Sinne ist es schon mit einer Zeitung zu vergleichen. Es spielt
> keine Rolle mit welchem Browser Du Twitter nutzt. Die Dienste, die
> Twitter anbietet sind vollständig mit Freier Software nutzbar.

Es mag sein, dass du Twitter mit Freier Software ueber (mehr oder
weniger) offene Standards nutzen kannst. Meine Position ist aber, dass
dies u.U. nicht genug sein kann. Im Falle von Network Services besteht
der berechtigte Verdacht, dass die Freiheit fuer die wir eintreten nicht
ausreichend gewaehrleistet ist.

Der Vergleich mit einer Zeitung passt hier deshalb nicht, weil eine
Zeitung nur unidirektional kommuniziert. Twitter hingegen erlaubt
bidrektionale Kommunikation. Fuer viele Nutzer ist Twitter bereits zu
einem wichtigen Kommunikations- und Informationsmedium geworden. Twitter
kontrolliert hier das Medium vollstaendig und entscheidet ueber seine
Zukunft und Ausgestaltung.

Dies ist ganz aehnlich zu unfreier Software. Der Produzent von unfreier
Software entscheidet auch, wer seine Software wie lange, fuer welchen
Zweck und unter welchem Umstaenden benutzen darf. Ausserdem entscheidet
er, welche Fuktionalitaet die Software hat und was wir damit nicht tun
koennen. Wir haben hier (fast) keine Moeglichkeit, die Software so zu
veraendern, dass sie genau das tut, was wir wollen und uns bestmoeglich
dient. Unfreie Software dient i.d.R. den Interessieren des Herstellers.

Software kann die verschiedensten Aufgaben erledigen und ist ein
ungeheuer nuetzliches Werkzeug. Twitter ist eins dieser Werkzeuge und es
zeigt sich, dass auch Twitter fuer die Gesellschaft von grossem oder
wachsendem Nutzen ist.

Deswegen bin ich der Meinung, dass wir bei Twitter die gleiche Freiheit
haben sollten, wie bei Software, die auf unseren Computern laeuft. Da
Netzwerkdienste aber schon Unterschiede aufweisen, muessen einige alte
Konzepte hier ueberdacht werden.

> Der
> Unterschied liegt darin, dass laconi.ca unter der AGPL steht und somit
> Klone Identicas wie bleeper.de entstehen können. Mit der
> Twitter-Software ginge das natürlich nicht.

Ein Unterschied ist, dass man seinen eigenen Dienst starten kann und
nicht von einer Partei abhaengig ist. Dies ist wuenschenswert und beugt
Missbrauch vor, weil Nutzer einfach wechseln koennen und die Wahl haben.
Die AGPL ist hier sicher eine gute Wahl.

Ein anderer Unterschied ist aber auch, dass die Nutzer von einem
laconi.ca basierten Dienst mit ihren gesamten Daten zu einem anderen
Dienst umziehen koennen. Portabilitaet persoenlicher Daten halte ich
fuer eine weitere wichtige Eigenschaft Freier Netzwerkdienste.

> Wer den Server betreibt, kontrolliert den Dienst und die
> Zugriffsmöglichkeiten. Das ist bei identi.ca nicht anders. Wenn die
> den Server abschalten, wird es dunkel. 

Deswegen muss ich ja in der Lage sein, meine Daten, die ich dem Dienst
gegeben habe, jederzeit zu sichern und ggf. auf einen anderen Dienst zu
migrieren.

> Wenn ich Deinen Gedanken weiter denke, wären auch die Fellowship-blogs
> abzulehnen, da nur die FSFE den Dienst und die Zugriffsmöglichkeiten
> kontrolliert. Und sollte die FSFE Änderungen am laufenden
> Wordpress-System vorgenommen haben, wäre sie nicht verpflichtet diese
> anzuzeigen.

Wordpress ist in der Tat noch kein wirklich freier Netzwerkdienst, weil
ich dort als Nutzer meine Daten dort nicht einfach exportieren kann. Es
kommt dem aber schon ziemlich nahe, da ich ja jederzeit mein eigenes
Blog eroeffnen und meine Daten (umstaendlich) umziehen kann.

Die FSFE betreibt hier aber kein geschlossenes zentrales System, dass
die gleiche mediale Wichtigkeit wie Twitter besitzt. Deswegen denke ich,
dass beide Faelle nicht wirklich vergleichbar sind.

Blogs koennen dezentral ueberall entstehen und mittles links auch
miteinander verbunden werden. Das Twitter Netzwerk ist viel
geschlossener und zentraler aufgebaut.

> Anders ausgedrückt: Wir dürften nur noch auf Seiten veröffentlichen,
> deren Dienste AGPL lizensiert sind. 

Nein, das ist nicht meine Position.
Ich moechte uns auch kein Veroeffentlichungsverbot auferlegen, sondern
bin nur der Meinung, dass wir - wenn wir Twitter direkt nutzen - es
indirekt gutheissen und auch Werbung dafuer machen wuerde.
Dies wuerde ich ablehnen.

Der Kompromiss primaer auf identi.ca zu veroeffentlichen finde ich gut.
Auch toll waere es sicher, wenn die FSFE - falls sie Microblogging
wirklich aktiv nutzen moechte - einen eigenen laconi.ca Dienst fuer ihre
Fellows installiert.

> In der Twitter-Bio könnte man noch reinpacken, dass man jeden ermutigt
> zu Freien Diensten zu wechseln.

+1

> Ich stimme mit Dir überein, dass kein einziger Tweet via Twitter
> erzeugt werden sollte, sondern nur über die "offene" API. 

Dann sind wir uns ja (fast) einig ;)

liebe Gruesse,
Torsten



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