[FSFE PR][DE] Halbzeit für die Ampel: Danke für die schönen Worte, lasst endlich Taten sprechen!

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Di Aug 29 08:09:46 UTC 2023


 = Halbzeit für die Ampel: Danke für die schönen Worte, lasst endlich Taten sprechen! =

[ Online lesen: https://fsfe.org/news/2023/news-20230829-01.de.html ]

Die Free Software Foundation Europe (FSFE) fordert mit einem Bündnis aus
Zivilgesellschaft und Freie-Software-Wirtschaft die deutsche
Bundesregierung auf, eine nachhaltige Digitalpolitik umzusetzen und im
Bundeshaushalt jetzt die nötigen Mittel bereitzustellen.

Die FSFE zieht eine negative Halbzeitbilanz für die Digitalpolitik der
Bundesregierung und fordert gemeinsam mit 20 Akteuren aus der
Zivilgesellschaft und Freie-Software-Wirtschaft: Die Bundesregierung und
die Koalitionsfraktionen im Bundestag müssen jetzt dringend ihre
digitalpolitischen Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umsetzen. Dafür
müssen sie im Haushalt 2024 ausreichend Mittel bereitstellen. Zudem muss
die Zivilgesellschaft stärker in Entscheidungsprozesse eingebunden
werden. Es ist höchste Zeit, Deutschland auf einen nachhaltigen
digitalpolitischen Kurs zu lenken. Die letzte Chance dafür in dieser
Legislaturperiode darf die Regierung nicht vertun.

Die Bundesregierung ist vor zwei Jahren mit einem guten und vielfach
gelobten digitalpolitischen Programm angetreten, das einen Kurswechsel
und eine erfolgreichere, nachhaltige Digitalisierung versprach. Zur
Hälfte der Wahlperiode lässt dieser Kurswechsel leider weiter auf sich
warten. Die Ampel hat bisher nur wenige Projekte angestoßen und plant,
diese im Haushalt für das kommende Jahr sogar schmerzlich
zusammenzusparen. Damit drohen am Ende der Legislatur ein
digitalpolitisches Scheitern und ein langfristiger Schaden für
Gesellschaft und Wirtschaft.

 === Die FSFE fordert Freie Software in Deutschlands Verwaltungen ===

Die Bundesregierung hat ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, bei
der Verwaltungsdigitalisierung auf Freie Software (auch als Open Source
bekannt) und auf offene Standards zu setzen, zur Halbzeit der
Legislaturperiode nicht umgesetzt. Vereinzelte Schritte in die richtige
Richtung wie die Gründung des Zentrums für Digitale Souveränität
(ZenDiS) sollen im Haushalt 2024 ausgebremst werden. Auch das
Vergaberecht wurde nicht entsprechend modernisiert, um die Ausschreibung
und Beschaffung Freier Software zu erleichtern. Es gibt immer noch keine
öffentliche Statistik über die Beschaffung von Freier Software für die
Verwaltung.

Stattdessen setzt die Bundesregierung weiterhin größtenteils auf
proprietäre Software. Für die proprietäre „Oracle Cloud“ sind mehr als
drei Milliarden Haushaltsmittel vorgesehen, während die ohnehin zu
geringen Mittel für digitale Souveränität von gegenwärtig 48 Millionen
Euro im neuen Haushalt um fast die Hälfte gekürzt werden sollen.
Gleichzeitig hält die Regierung Freie Software zur Gewährleistung
digitaler Souveränität offenbar für verzichtbar. Der in ihrem Auftrag
vom ITZ Bund entwickelte proprietäre „Bundesclient“ steht in eklatantem
Widerspruch zum erklärten Ziel der Regierung, Freie Software und damit
echte digitale Souveränität zu stärken.

Johannes Näder, Senior Policy Project Manager der FSFE, erklärt: „Die
Bundesregierung muss zu ihren Versprechen aus dem Koalitionsvertrag
stehen und beschließen, dass in Zukunft vorrangig Freie Software für die
Verwaltung beschafft und entwickelt wird. Das Prinzip ‚Public Money?
Public Code!‘ muss zur Leitlinie der deutschen Digitalpolitik werden:
Mit öffentlichen Geldern für öffentliche Verwaltungen entwickelte
Software muss Freie Software sein. Nur so kann die Regierung eine
nachhaltige, innovative Digitalisierung Deutschlands erreichen, die
allen Menschen zugute kommt und ihnen den selbstbestimmten Umgang mit
Technik ermöglicht".

Unter dem Motto „Public Money? Public Code!“ fordert die Free Software
Foundation Europe seit langem eine nachhaltige Digitalisierung der
deutschen Verwaltung durch die Nutzung Freier Software. Dass die
entsprechenden Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag bisher nicht umgesetzt
wurden, stieß zuletzt auch innerhalb der Regierungsfraktionen auf
Kritik.

„Jetzt müssen wichtige Weichen für die Digitalisierung der Verwaltungen
in Deutschland gestellt werden. Der Bundesregierung bleiben nur noch
zwei Jahre, um ihre Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen.
Digitale Souveränität kann nur durch Freie Software sichergestellt
werden. Die Regierung muss deswegen das Vergaberecht im Sinne von
„Public Money? Public Code!“ modernisieren und endlich Statistiken zum
Anteil Freier Software bei der Entwicklung und Beschaffung
veröffentlichen. Nicht zuletzt sollte Behörden zeitnah ein vollwertiger
Freie-Software-Arbeitsplatz zur Verfügung stehen. Damit das gelingt,
muss das Budget für digitale Souveränität erhöht und konsequent für
Freie Software eingesetzt werden“, fordert Johannes Näder.

 === Freie Software und „Public Money? Public Code!” ===

Freie Software gibt allen das Recht, Programme für jeden Zweck zu
verwenden, zu verstehen, zu verbreiten und zu verbessern. Durch diese
Freiheiten müssen ähnliche Programme nicht komplett neu programmiert
werden und dank transparenter Prozesse muss das Rad nicht ständig neu
erfunden werden. Bei großen Projekten können Expertise und Kosten
geteilt werden und von der Allgemeinheit bezahlte Anwendungen stehen
allen zur Verfügung. So wird Innovation gefördert und mittel- bis
langfristig Steuergeld gespart. Abhängigkeiten von einzelnen
Anbieterinnen werden minimiert und Sicherheitslücken können leichter
geschlossen werden. Die Free Software Foundation Europe fordert daher
mit über 200 Organisation und Verwaltungen „Public Money? Public Code!“
- Wenn es sich um öffentliche Gelder handelt, sollte auch der Code
öffentlich sein!. Mehr Informationen zur Initiative sind auf der „Public
Money? Public Code!” Webseite [1] zu finden.

 === Ein breites Bündnis ===

Folgende Organisationen aus Zivilgesellschaft und Freie-Software-
Wirtschaft haben am 29.08.2023 Pressemitteilungen mit ihrer jeweiligen
Analyse und mit ihren digitalpolitischen Forderungen an die deutsche
Bundesregierung veröffentlicht:

- AWO Bundesverband

- betterplace lab

- Bits & Bäume [2]

    - FifF

    - BUND

    - Germanwatch [3]

    - Wikimedia Deutschland

    - Chao Computer Club e.V. [4]

    - Deutscher Naturschutzring

    - Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung

- D64 Zentrum für Digitalen Fortschritt [5]

- DAASI International

- Do-FOSS

- Free Software Foundation Europe

- future_s

- Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit e.V. [6]

- Open Knowledge Foundation Deutschland

- Open Source Business Alliance [7]

    - #cnetz

    - German Unix User Group

    - Gesellschaft für Informatik

    - VITAKO

- Rat für Digitale Ökologie

 1: https://publiccode.eu/
 2: https://bits-und-baeume.org/pressemitteilung-halbzeit-fuer-die-ampel/
 3: https://www.germanwatch.org/de/89123
 4: https://www.ccc.de/de/updates/2023/updates/2023/halbzeit
 5: https://d-64.org/ampel-halbzeit
 6: https://www.inoeg.de/veroeffentlichungen.html
 7: https://osb-alliance.de/featured/offener-brief-halbzeit-fuer-die-ampel-danke-fuer-die-schoenen-worte-lasst-endlich-taten-sprechen

  == Über die Free Software Foundation Europe ==

  Die Free Software Foundation Europe ist ein gemeinnütziger Verein, der
  Menschen im selbstbestimmten Umgang mit Technik unterstützt. Software
  beeinflusst sämtliche Bereiche unseres Lebens. Es ist wichtig, dass
  diese Technik uns hilft, statt uns einzuschränken. Freie Software gibt
  allen das Recht, Programme für jeden Zweck zu verwenden, zu verstehen,
  zu verbreiten und zu verbessern. Diese Freiheiten stärken andere
  Grundrechte wie die Redefreiheit, die Pressefreiheit und das Recht auf
  Privatsphäre.

  Die FSFE hilft Menschen und Organisationen dabei, zu verstehen, wie
  Freie Software zu Freiheit, Transparenz und Selbstbestimmung beiträgt.
  Sie stärkt Nutzerrechte, indem sie Hürden für den Einsatz Freier
  Software beseitigt, ermutigt Menschen zum Einsatz und zur Entwicklung
  Freier Software, und stellt Ressourcen für alle bereit, die Freie
  Software in Europa voranbringen wollen.

  https://fsfe.org


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