[FSFE PR][DE] Öffentliche Einrichtungen versagen: Freiwillige müssen Freizeit opfern, um CovPass-App für alle verfügbar zu machen

press at fsfe.org press at fsfe.org
Mo Aug 30 07:08:04 UTC 2021


 = Öffentliche Einrichtungen versagen: Freiwillige müssen Freizeit opfern, um CovPass-App für alle verfügbar zu machen =

[ Online lesen: https://fsfe.org/news/2021/news-20210830-01.de.html ]

Nach der erfolgreichen Bereitstellung der deutschen Corona-Warn-App ohne
Zugriff auf Google-Dienste auf F-Droid im vergangenen Jahr springen nun
erneut Freiwillige ein, um staatliche Aufgaben zu übernehmen und die
CovPass-App für alle verfügbar zu machen.

Mit der CovPass-App kann das digitale COVID-Zertifikat der EU für die
Corona-Impfung auf Smartphones genutzt werden. Bisher war sie aufgrund
von proprietären Abhängigkeiten nur in den App-Stores von Apple, Huawai
und Google verfügbar. Das Support-Team der CovPass-App argumentiert
zudem, dass die App aus Sicherheitsgründen und um Missbrauch zu
verhindern, nicht in anderen App-Stores veröffentlicht werden kann.
Diese Argumentation ist nicht nur irreführend und falsch, wie wir
bereits bei anderen Corona-Apps gesehen haben, sondern verhindert die
Nutzung vieler Corona-Apps für Menschen, die Wert auf Privatsphäre und
Softwarefreiheit auf ihren Geräten legen. Eine Gruppe von Freiwilligen
hat in den letzten Wochen intensiv daran gearbeitet, diese App für alle
verfügbar zu machen und sie heute auf F-Droid, einem App-Store für Freie
Software, veröffentlicht. [1]

Zu diesem Zweck haben die Freiwilligen auch proprietäre Google-
Bibliotheken entfernt, die für die App nicht notwendig sind. Dieser
Mehraufwand hätte vermieden werden können, wenn die mit öffentlichen
Geldern bezahlten Entwickler solche unnötigen proprietären Bibliotheken
gar nicht erst mit eingebaut hätten. Darüber hinaus war das Unternehmen,
das CovPass entwickelt, externen Entwicklern gegenüber wenig
entgegenkommend, was es den Freiwilligen erschwerte, Verbesserungen
beizusteuern. Eine eigentlich einfache und schnelle Implementierung, die
durch die ursprünglichen Entwickler hätte vorgenommen werden können,
entpuppte sich so zu einer schwierigen Aufgabe für die Freiwilligen. Ein
positives Beispiel ist COVID Certificate, die offizielle App zur
Speicherung und Präsentation von Schweizer COVID-Zertifikaten. Sie wird
vom Bundesamt für Informatik und Telekommunikation BIT im Auftrag des
Bundesamts für Gesundheit entwickelt, und die Entwickler haben selbst
dafür gesorgt, dass die App in den Freie Software App Store F-Droid
aufgenommen wurde.

Felix C. Stegerman, Softwareentwickler und Teil der Freiwilligengruppe
rund um die CovPass-App erklärt: "Ich möchte sicherstellen, dass jeder
öffentlich finanzierte Apps nutzen kann, damit wir die Pandemie
bekämpfen können. Es ist traurig, dass die Prozesse einiger dieser
öffentlich finanzierten Apps externe Verbesserungen erschweren oder gar
blockieren, anstatt gemeinsam an Verbesserungen zu arbeiten. Mehr
Verwaltungen sollten dem Beispiel der Entwickler der Schweizer COVID-
Zertifikats-App folgen."  Matthias Kirschner, Präsident der Free
Software Foundation Europe äußert sich: "Einmal mehr übernehmen
Freiwillige die Aufgaben von Regierungen und Verwaltungen, um Corona-
Apps für alle zugänglich zu machen. Die FSFE dankt @jugendhacker,
@mythsunwind, @rugk, @tzugen, Felix C. Stegerman und Marcus Hoffmann für
ihre entscheidende Arbeit im Kampf gegen die Pandemie. Aber es sollte
nicht an Freiwilligen liegen, diese Aufgabe zu erledigen: Wir fordern
die Regierung auf, ihre Praktiken schnell zu ändern und sicherzustellen,
dass alle die Anwendungen von Anfang an ohne Einschränkungen nutzen
kann. Außerdem sollte sichergestellt werden, dass die Lösungen als Freie
Software veröffentlicht werden, sodass sie von anderen Institutionen auf
der ganzen Welt wiederverwendet und angepasst werden können."   Seit
Beginn der Corona-Krise hat die FSFE gefordert, dass alle Apps, die zur
Bewältigung der Krise veröffentlicht werden, Freie Software sein müssen.
Nur Freie Software bietet genügend Transparenz, um einen vollständigen
Datenschutz und eine gesetzeskonforme Nutzung zu gewährleisten; so kann
Vertrauen geschaffen werden. Außerdem brauchen globale Probleme globale
Lösungen, und nur Freie Software ermöglicht die Entwicklung von globalem
Code in einer rechtssicheren kooperativen Umgebung. Jede proprietäre
Lösung wird unweigerlich zu unzähligen Insellösungen führen und damit
Energie und Zeit verschwenden. Neben der globalen Zusammenarbeit
ermöglichen Lizenzen für Freie Software die gemeinsame Nutzung von Code
in jeder Rechtsordnung und für jedes Gerät.

Zur Diskussion [2]

 1: https://f-droid.org/packages/de.rki.covpass.app/
 2: https://community.fsfe.org/t/720

  == Über die Free Software Foundation Europe ==

  Die Free Software Foundation Europe ist ein gemeinnütziger Verein, der
  Menschen im selbstbestimmten Umgang mit Technik unterstützt. Software
  beeinflusst sämtliche Bereiche unseres Lebens. Es ist wichtig, dass
  diese Technik uns hilft, statt uns einzuschränken. Freie Software gibt
  allen das Recht, Programme für jeden Zweck zu verwenden, zu verstehen,
  zu verbreiten und zu verbessern. Diese Freiheiten stärken andere
  Grundrechte wie die Redefreiheit, die Pressefreiheit und das Recht auf
  Privatsphäre.

  Die FSFE hilft Menschen und Organisationen dabei, zu verstehen, wie
  Freie Software zu Freiheit, Transparenz und Selbstbestimmung beiträgt.
  Sie stärkt Nutzerrechte, indem sie Hürden für den Einsatz Freier
  Software beseitigt, ermutigt Menschen zum Einsatz und zur Entwicklung
  Freier Software, und stellt Ressourcen für alle bereit, die Freie
  Software in Europa voranbringen wollen.

  https://fsfe.org


Mehr Informationen über die Mailingliste Press-release-de