[FSFE PR][DE] Mecklenburg-Vorpommern - Bisherige Regierungsparteien mit offensichtlichen Berührungsängsten bei Freier Software

press at fsfeurope.org press at fsfeurope.org
Di Aug 23 11:53:16 CEST 2016


 = Mecklenburg-Vorpommern - Bisherige Regierungsparteien mit offensichtlichen Berührungsängsten bei Freier Software =

[ Online lesen: https://fsfe.org/news/2016/news-20160823-01.de.html ]

Die Free Software Foundation Europe veröffentlicht heute als Teil der
"Koalition Freies Wissen die Wahlprüfsteine für die Wahl zum Landtag von
Mecklenburg-Vorpommern am 04. September 2016[1]. Die Parteien konnten
Stellung nehmen zur Forderung, öffentlich finanzierte Software als Freie
Software zu veröffentlichen, sowie zu ihrer Bereitschaft, Freie Software
an Bildungseinrichtungen verstärkt einzusetzen. Die Grünen sind Freier
Software gegenüber positiv aufgeschlossen und machen Vorschläge zur
Umsetzung. Die Linken haben die Bedeutung „Freier Software“ als solche
erkannt -- auch wenn konkrete Vorschläge zur Umsetzung fehlen. SPD und
CDU haben dagegen inhaltlich starken Nachholbedarf.

CDU, Grüne, Linke und SPD erklärten dazu ihre jeweiligen Positionen.
Besonders erfreulich schneiden dabei die Grünen ab, die sich für eine
Überarbeitung der IT-Strategie des Landes Mecklenburg-Vorpommern
einsetzen und dabei den Einsatz Freier Software stärken möchten.
Zusammen mit den Linken unterstützen sie zudem die Forderung, dass
öffentlich finanzierte Software auch der Öffentlichkeit als Freie
Software zur Verfügung stehen soll. Enttäuschend hingegen sind die
Antworten der in dieser Legislaturperiode fraktionsstärksten Parteien
CDU und SPD. Beide scheinen sich mit der Thematik Freier Software noch
nicht auseinandergesetzt zu haben und reagieren dementsprechend
abschottend.

 == Einige Ergebnisse der Befragung ==

Die *CDU* hat die insgesamt vier Fragen vom Bündnis Freie Bildung[2] und
von der FSFE in eine einzige Antwort zusammengefasst. Darin vertritt sie
die Ansicht, dass es im Ermessen des Urhebers oder der Urheberin liegt,
ob das Werk der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wird. Damit händigt
die CDU die Kontrolle über Software der Verwaltung an IT-Unternehmen aus
und beschneidet die staatliche Handlungsfähigkeit. Der CDU fehlt der
politische Wille zu konkreten Schritten für mehr digitale Souveränität
und der Förderung Freien Wissens.

Im Gegensatz dazu möchten die *Grünen* die IT-Strategie des Landes
überarbeiten, um den Einsatz von Freier Software zu stärken. Öffentlich
finanzierte Software soll dabei als Freie Software freigeben werden.
Etwas vage formuliert ist der Einsatz Freier Software in
Bildungseinrichtungen: Dieser soll "bei gleicher Eignung" Vorrang
gegeben werden. Solche Formulierungen werden in der Praxis leider öfter
dazu missbraucht, Freie Software auszuschließen. Schließlich sehen die
Grünen bereits in der Ausbildung von Lehrkräften einen weiteren
Ansatzpunkt, den Einsatz Freier Software zu fördern.

Die *Linke* steht der Idee einer Förderung und Verwendung Freier
Software positiv gegenüber. „Dienstleistungen und Waren, die von der
öffentlichen Hand finanziert wurden" sollen -- so die Linke -- "den
Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt werden". Allerdings
drückt sich die Linke um konkrete Aussagen und zieht sich darauf zurück,
dass „die Umsetzung [...] im Falle einer Regierungsbeteiligung dann im
Rahmen der Koalitionsvereinbarung geregelt“ wird.

Die *SPD* geht in ihrem Wahlprogramm auf keine der Fragen des Bündnis
Freie Bildung ein. Dies gesteht die Partei gleich zu Beginn ein: "Zu dem
von Ihnen erfragten, sehr speziellen, Sachverhalt [hat die SPD] noch
keine endgültig abgestimmte Position". Allerdings behaupten die
Sozialdemokraten in ihrer Antwort, dass "die speziell für die
Landesverwaltung programmierte Software [...] nicht für freie Lizenzen
geeignet" sei. Bei Schulen und Bildungseinrichtungen verweist die SPD
auf die Eigenständigkeit der Schulträger sowie "Grundsätze der
Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit", kann sich allerdings zu keiner
Position für oder gegen Freie Software durchringen. Offensichtlich hat
die SPD es bisher versäumt, sich mit den Auswirkungen Freier Software zu
beschäftigen.

 == Fazit ==

Die Grünen sind Freier Software gegenüber positiv aufgeschlossen und
machen Vorschläge zur Umsetzung. Die Linken haben die Bedeutung „Freier
Software“ als solche erkannt -- auch wenn konkrete Vorschläge zur
Umsetzung fehlen. SPD und CDU haben dagegen inhaltlich starken
Nachholbedarf.

"Es ist schade, dass sich gerade die bisherigen Regierungsparteien in
Mecklenburg-Vorpommern bisher nicht oder nur sehr oberflächlich mit der
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung Freier Software
beschäftigt haben. Die FSFE steht gerne als Gesprächspartner bereit, um
dies zu ändern, und wird sich auch in Zukunft für die Aufklärung von
politischen Akteuren einsetzen", so Max Mehl, Deutschland-Koordinator
der FSFE.

 1. https://fsfe.org/campaigns/askyourcandidates/201608-germany-meck-pomm
 2. http://buendnis-freie-bildung.de/


  == Über die Free Software Foundation Europe ==

  Die Free Software Foundation Europe ist ein gemeinnütziger Verein, der
  AnwenderInnen befähigt, ihre Technologie selbst kontrollieren zu
  können.

  Software ist in allen Aspekten unseres Lebens tief verankert. Es ist
  wichtig, dass diese Technologie uns hilft, statt uns einzuschränken.
  Freie Software gibt allen das Recht, Programme für jeden Zweck zu
  verwenden, zu verstehen, zu verbreiten und zu verbessern. Diese Rechte
  stärken andere fundamentale Freiheiten wie die Redefreiheit, die
  Pressefreiheit und das Recht auf Privatsphäre.

  Die Free Software Foundation Europe:

  - hilft Menschen und Organisationen dabei, zu verstehen, wie Freie
    Software zu Freiheit, Transparenz und Selbstbestimmung beiträgt.
  - stärkt die Rechte der NutzerInnen, indem sie Hürden für den
    Freie-Software-Einsatz beseitigt.
  - ermutigt Menschen beim Einsatz und der Entwicklung von Freier
    Software.
  - stellt Ressourcen für alle bereit, die Freie Software in Europe
    voranbringen wollen.

  Mehr unter https://fsfe.org



Mehr Informationen über die Mailingliste Press-release-de