[FSFE PR][DE] Nordrhein-Westfalen: Softwarepatente - Nein! Offene Standards - Ja!

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Di Mai 8 12:12:36 CEST 2012


= Nordrhein-Westfalen: Softwarepatente - Nein! Offene Standards - Ja! =

[Online lesen: http://fsfe.org/news/2012/news-20120508-01.de.html ]

Die Free Software Foundation Europe veröffentlichte heute ihre
Freie-Software-Wahlprüfsteine für die Wahl zum Landtag
Nordrhein-Westfalens am 13. Mai 2012. Alle hier aufgeführten Parteien
konnten Stellung nehmen zu Fragen über die Umsetzung Offener Standards,
den Einsatz Freier Software in der Bildung, Werbung für unfreie Software
auf Webseiten der öffentlichen Verwaltung, Probleme der
Herstellerabhängigkeit, Kontrolle über mobile Endgeräte, Softwarepatente
und die generelle Förderung Freier Software.

FDP, Grünen, Piraten und SPD erklärten ihre Positionen. Im Gegensatz zu
anderen Landesverbänden kamen trotz Nachfrage leider keine Antworten von
CDU und Die Linke. Besonders erfreulich sind die konkreten und
fundierten Aussagen der Piratenpartei, die sich damit deutlich vor den
anderen Piraten-Landesverbänden positionieren. Konsens bei allen
teilnehmenden Parteien ist die Abschaffung von Softwarepatenten und die
klare Positionierung für Offene Standards in der Verwaltung. Doch
unterscheiden sich die Vorstellungen der Parteien, ob und wie genau
Freie Software gefördert und eingesetzt werden soll. Die FSFE wird
kontinuierlich beobachten, welche der Versprechen die Parteien nach den
Wahlen wirklich umsetzen.

== Einige Ergebnisse der Befragung ==

Die FDP in Nordrhein-Westfalen sieht Softwarepatente weiterhin als
Gefahr für kleine und mittlere Unternehmen. Sie schreiben, dass "freie
auch gleichzeitig sichere Software ist" und wollen die kommenden
Ergebnisse zu Freier Software und Interoperabilität aus der
Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Bundestags
in ihre zukünftige Arbeit einbeziehen. Kritisch sieht die FSFE die
Antwort der FDP bei der Bildungspolitik: So lobt die FDP in NRW "gute
Beispiele bürgerschaftlichen und wirtschaftlichen Engagements, z.B.  die
Beteiligung von Firmen, die Schulen Hardware zur Verfügung stellen" und
sieht "unter Einbindung von Stiftungen, Software-Produzenten, aber auch
Software-Anbietern für Schulen Chancen, Software kostenlos zu erhalten".
Die FSFE sieht die Gefahr, dass Schulen -- durch von Unternehmen
bereitgestellte Soft- und Hardware -- ihre Schüler nur an spezifischen
Produkten ausbildet und sie dadurch in ihrem späteren Leben stärker von
einzelnen Herstellern abhängig sein werden.

Die NRW-Grünen wollen hingegen, dass Kinder und Jugendliche schon
"frühzeitig in Kontakt mit offenen Formaten, offenen Standards und
freien Lizenzen" kommen, damit sie "erkennen, welchen Mehrwert diese
bringen können". Sie möchten den Einsatz Offener Standards in der
Landesverwaltung, insbesondere bei der Beschaffung, stärken und
schrittweise auf Freie Software umstellen, "um Folge-Abhängigkeiten
(Dienstleistungsmonopole) zu überwinden". Daneben sehen sie Freie
Software als Querschnittsaufgabe, welche sie in den verschiedenen
Bereichen der Landespolitik vorantreiben wollen. Den Herausforderungen
durch einen Kontrollverlust bei mobilen Computern wollen sich die
Grünen, zusammen mit anderen Akteuren, bundesweit stellen.
Softwarepatente lehnen die Grünen ab, wie alle Parteien in NRW, die
geantwortet haben.

Die Piraten in Nordrhein-Westfalen wollen "den Einsatz von Freier
Software in öffentlichen Einrichtungen vorschreiben und in anderen
Bereichen fördern".  Dabei schreiben sie, der Umstieg auf Freie Software
erfordert zwar einen längeren Prozess, doch mit wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Vorteilen.  Die Piraten fordern zudem: "[d]er
Dokumentenaustausch zwischen und mit staatlichen Stellen muss auf
Grundlage offener Standards geschehen", damit niemand zur Nutzung
bestimmter Software gezwungen wird. Außerdem fordern die Piraten den
Einsatz "offener Hardware", in der Verwaltung, um den Einsatz Freier
Software nicht hardwareseitig zu verhindern. In der Bildungspolitik
wollen sie "verhindern, dass die Abgabe von Arbeitsergebnissen in
proprietären Formaten verlangt wird" und fordern, dass in Schulen
"Betriebssystem und Software immer unter einer Freien Lizenz stehen"
müssen. Bei mobilen Geräten will die Piratenpartei, dass "Informationen
nicht ohne die ausdrückliche Genehmigung des Besitzers erhoben oder
weitergegeben werden" und dem Anwender die volle Kontrolle über sein
Gerät geben, "auch was das Aufspielen alternativer Firmware angeht". Des
Weiteren soll die "Verwaltung [...] keine Geschäftsmodelle von
Unternehmen bewerben" und Softwarepatente möchten sie in Zusammenarbeit
mit anderen Piratenparteien aus Deutschland und Europa weltweit
abschaffen.

Die SPD in Nordrhein-Westfalen sieht in Freier Software eine
Möglichkeit, allen die "digitale Teilhabe in der Gesellschaft zu
ermöglichen". Sie führen an, dass in der Landesverwaltung bereits viel
Freie Software verwendet wird und lehnen Softwarepatente ab. Allerdings
bestehen bei der SPD einige Missverständnisse zu Freier Software: So
sprechen sie einmal von "kostenfreier Software" und an anderer Stelle
von unterschiedlichen Geschäftsmodellen bei unfeier und bei Freier
Software. Die FSFE empfiehlt, klar zwischen Software- und
Geschäftmodellen zu unterschieden, wie bei Georg Greve: "Was macht ein
Freies Software Unternehmen aus?" [1] nachgelesen werden kann.


== Verweise ==

- Die FSFE Wahlprüfsteine der Wahl zum Landtag Nordrhein-Westfalen:
  https://fsfe.org/campaigns/ayc/201205-germany-nrw.de.html

- Wahlprüfsteine vergangener Wahlen: 
  - Saarland
    http://fsfe.org/campaigns/ayc/201203-germany-saarland.de.html
  - Berlin http://fsfe.org/campaigns/ayc/201109-germany-berlin.de.html
  - Bremen http://fsfe.org/campaigns/ayc/201105-germany-bremen.de.html
  - Rheinland-Pfalz
    http://fsfe.org/campaigns/ayc/201103-germany-rheinland-pfalz.de.html
  - Baden-Württemberg
    http://fsfe.org/campaigns/ayc/201103-germany-baden-wuerttemberg.de.html
  - Sachsen-Anhalt
    http://fsfe.org/campaigns/ayc/201103-germany-sachsen-anhalt.de.html

  1. https://fsfe.org/freesoftware/enterprise/freesoftwarecompany.de.html

== Über die Free Software Foundation Europe ==

  Die Free Software Foundation Europe (FSFE) ist eine gemeinnützige,
  regierungsunabhängige Organisation, die in vielen Ländern Europas
  aktiv und in vielen globalen Aktionen involviert ist. Der Zugang zu
  Software entscheidet über die Teilhabe an der digitalen Gesellschaft.
  Um Chancengleichheit im Informationszeitalter und die Freiheit des
  Wettbewerbs sicherzustellen, widmet sich die Free Software Foundation
  Europe (FSFE) der Förderung Freier Software, welche dadurch definiert
  wird, dass sie von jedem Menschen uneingeschränkt benutzt, untersucht,
  verändert und weitergegeben werden kann.  Dies ins öffentliche
  Bewusstsein zu rücken und der Freien Software politische und
  rechtliche Sicherheit zu verschaffen, sind die wichtigsten Ziele der
  FSFE, die 2001 gegründet wurde.

  Weitere Informationen über die Arbeit der FSFE finden Sie auf
  http://fsfe.org/

  Kontakt: Matthias Kirschner, Free Software Foundation Europe,
  Linienstr. 141, 10115 Berlin, t +49-30-27595290, m +49-1577-1780003


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