[FSFE PR][DE] FSFE: "Microsoft reicht vergifteten Apfel" - "Lob war verfrüht "

Joachim Jakobs press at fsfeurope.org
Mit Feb 1 13:14:43 CET 2006


FSFE: "Microsoft reicht vergifteten Apfel" - "Lob war verfrüht" 

Die Free Software Foundation Europe (FSFE) beurteilt Angebot kritisch, 
Quellcode anstelle von Protokollen zu veröffentlichen.
 
Der Präsident der FSFE, Georg Greve, erklärt dazu: "Die Europäische
Kommission hat Microsoft aufgefordert, ihre Protokolle zu
veröffentlichen, um damit anderen zu ermöglichen, kompatible Software
zu schreiben und um den Wettbewerb wiederherzustellen. Dies
scheint nicht so umgesetzt worden zu sein. Zumindest sind die
Konditionen, unter denen die Protokolle angeblich verfügbar sind,
unklar. Was Microsoft stattdessen getan hat, ist die Veröffentlichung
von Quellcode. Dies wurde ihnen aber nicht auferlegt."

In einer Pressemitteilung [1] hat Microsoft gestern angekündigt, "den
gesamten Windows-Server-Quellcode zu lizensieren". Dies soll Microsofts
"Engagement bezüglich der Einhaltung der Auflagen" unterstreichen.

Der FSFE zufolge würde dies keinen Deut nützen, stattdessen nur
zusätzliche Schwierigkeiten schaffen. Der Rechtsberater der FSFE, Carlo
Piana, beschreibt die Situation so: "Dieses 'Engagement' ist vergiftet,
denn Microsoft führt es auf eine Art und Weise durch, die die Situation
für Freie Software verschärft: Weil der Quellcode urheberrechtlich von
Microsoft geschützt ist, können Entwickler, die den Quellcode
eingesehen haben, diesen nicht in Freier Software reimplementieren.
Dies könnte dann eine Urheberrechtsverletzung darstellen."

"Microsoft könnte versuchen, den Wettbewerb damit abzuwürgen, indem es
behauptet, sein Urheberrecht sei verletzt worden - mit Hinweis darauf, dass 
der Entwickler ja den Quellcode eingesehen haben 'könnte'", lautet die 
Vorhersage von Piana. 

Dem fügt Georg Greve hinzu: "In der Tat kann dies geschehen. Wie sollen
Entwickler interoperable Software schreiben, ohne den Quellcode
anschauen zu können, weil die Spezifikationen nicht öffentlich sind?
Wenn man von diesem Apfel isst, so wird man vergiftet von Microsofts 
Copyright."

Nachdem die FSFE die neuen "Shared Source" Lizenzen [2] der Redmonder
Firma, die sich gegenüber den ersten Angeboten substantiell verbessert
haben, begrüßt hat, wollte sie Microsoft eine Chance geben.

"Nun scheint es offensichtlich, dass dies nur einen weiteren
Marktstreich darstellte: Gestern hat Microsoft wie ein Räuber
reagiert, der nachdem er aufgefordert wurde, das Gewehr wegzulegen,
einfach eine Handgranate auf dich warf. Unser Lob war verfrüht",
sagt Greve abschließend.

[1] 
http://www.microsoft.com/presspass/press/2006/jan06/01-25EUSourceCodePR.mspx
[2] http://mail.fsfeurope.org/pipermail/press-release/2005q4/000120.html

Über die Free Software Foundation Europe:
Die 2001 gegründete Free Software Foundation Europe (FSFE) ist eine
gemeinnützige Nicht-Regierungsorganisation, die sich allen Aspekten Freier
Software in Europa verschrieben hat. Der Zugang zu Software bestimmt,
wer an der digitalen Gesellschaft teilhaben darf. Die Freiheiten zur
Benutzung, zur Kopie, zur Modifikation und zur Weiterverbreitung von
Software -- wie sie ihn der Definition Freier Software
niedergeschrieben sind -- erlauben diese Teilhabe am
Informationszeitalter. Bewusstsein für diese Fragen zu schaffen, Freie
Software politisch und rechtlich zu schützen und den Menschen Freiheit
zu schenken, indem man die Entwicklung Freier Software unterstützt sind
zentrale Fragen für die FSFE. Weitere Informationen über die Arbeit der
FSFE können auf http://fsfeurope.org gefunden werden.

-- 
Joachim Jakobs <jj at office.fsfeurope.org
Media Relations - FSF Europe (http://fsfeurope.org)
Tel: +49 700 - 373387673, Ext.: 4004
Mobile: +49-179-6919565

To find out what keeps the digital society going
please check our Free Software press review today at
https://www.fsfe.org/en/fellows/jj/pressreview 

Join the Fellowship and protect your freedom!      (http://www.fsfe.org)