[FSFE PR][DE] Europas Städte werden an Softwarepatenten leiden

Free Software Foundation Europe (FSFE) press at fsfeurope.org
Mon Mar 7 12:13:31 CET 2005


        EUROCITIES ist ein Netzwerk von etwa 100 größeren Städten der
        EU, Norwegens, der Schweiz, Mittel- und Osteuropas und der
        Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Eurocities wurde 1986
        gegründet. Die Städte, welche Mitgleder des Netzwerkes sind,
        zählen insgesamt über einhundert Millionen Einwohner. Catherine
        Parmentier ist Vorsitzende von EUROCITIES.



Sehr geehrte Frau Parmentier

Der Europarat und die Europäische Kommission möchten eine gesetzliche
Grundlage für Softwarepatente in Europa einführen. Dies würde
Europäische Städte unkalkulierbaren und nicht voraussehbaren Risiken von
Gerichtskosten für Verfahren im Zusammenhang mit Softwarepatenten
aussetzen.Aus diesem Grund hoffen wir, dass Sie sich uns im Kampf gegen
diese Arbeits- und Innovationszerstörer anschließen.

Stadtverwaltungen in ganz Europa haben dieselben Schwierigkeiten zu
bewältigen: Die Zahl der Sozialhilfeempfänger steigt, die Staatskasse
ist leer, und Bürger erwarten von der öffentlichen Hand eine so hohe
Qualität wie nie zuvor. Diese offensichtlich widersprüchlichen Ziele
sollen durch eine Umwandlung der vormals arbeitsintensiven
Verwaltungsaufgaben in automatisierte, elektronische Prozeduren und
Strukturen erreicht werden – nicht nur innerhalb einer einzigen
Administration, sondern gleichermaßen zwischen verschiedenen
öffentlichen Dienststellen, der Verwaltung gegenüber Bürgern und der
Verwaltung gegenüber Unternehmen.

Das allseits bekannte Schlagwort dafür ist „eGovernment“.

Standardisierte Strukturen und Prozeduren, welche in Form von Software
definiert und implementiert werden, um quer durch lokale Strukturen und
Verwaltungen eingesetzt zu werden, bieten ein ideales Terrain für
gerichtliche Forderungen bezüglich Softwarepatenten: Potenzielle
Forderungen reichen vom Boden der Grundfunktionalität wie Netzwerken,
Datenbanken und Dateisystemen, bis zu den abstrakten Methoden und
Protokollen, welche die entsprechenden Funktionalitäten bieten.

Da Softwarepatente keinen Konzeptnachweis oder eine Implementierung
benötigen, kann es sich der Patentinhaber auf einfache Weise leisten,
abstrakte Methoden anzumelden und eigenmächtig entscheiden, Lizenzen
herauszugeben oder zu verweigern.

Dies wird aus drei Gründen ein signifikanter Kostenfaktor werden: Von
beiden, Softwareentwicklern und Benutzern kann der Eigner eines
Softwarepatents fast jeden Geldbetrag verlangen, den er sich wünscht.
Viele Entwickler und Firmen werden ausserstande sein, solchen Ansprüchen
nachzukommen und werden aus dem Geschäft aussteigen. Steuerzahler
werden zu Sozialhilfeempfängern. Und schließlich werden die Preise der
übriggebliebenen Softwarefirmen ansteigen, weil sie Ihre Ausgaben für
Softwarepatente refinanzieren müssen und  geringerer Wettbewerb
herrscht.

Das US-amerikanische Büro für Patente und Warenzeichen hat 1185
Softwarepatente registriert, welche mit „public service“
[1] zu tun haben, sowie 19 welche ausdrücklich „city council"
[2] zu tun haben. Es ist nicht nötig, diese Stichwörter bei der
Anwendung eines Softwarepatents zu nennen, folglich ist dies nur die
Spitze des Eisbergs, und es ist zu erwarten, dass dieser stark zunimmt
wenn Softwarepatente Realität werden sollten.

Mit der Einführung von Softwarepatenten müssten sich europäische Städte
drastisch ansteigender Kosten und einer zunehmend schwierigeren
rechtlichen Situation mit hohen Risiken für die Verwaltung bewusst sein.

Wir empfehlen Ihnen daher, mit Herrn Christian Ude, dem Bürgermeister
von München, in Verbindung zu treten. Herr Ude bekam ebenfalls die
schädigenden Auswirkungen von Softwarepatenten auf öffentliche
Dienstleistungen zu spüren.

Sollten Sie weitere Fragen haben, oder zusätzliche Unterstützung
brauchen, zögern Sie bitte nicht, mit uns Kontakt aufzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Georg Greve
Präsident 
Free Software Foundation Europe


Über die Free Software Foundation Europe

   Die Free Software Foundation Europe (FSFE) ist eine gemeinnützige
   regierungsunabhängige Organisation, die sich allen Aspekten der
   Freien Software in Europa widmet.  Zugang zu Software
   entscheidet, wer wie an der digitalen Gesellschaft teilnehmen
   kann. Daher erlauben die Freiheiten, Software zu verwenden, zu
   kopieren, zu ändern und weiterzuverteilen, wie sie in der
   Definition der Freien Software beschrieben werden, gleiche
   Chancen im Informationszeitalter. Diese Problematik ins
   öffentliche Bewusstsein zu rücken und durch Unterstützung der
   Entwicklung Freier Software die Freiheit der Menschen zu
   gewährleisten, sind die Kernanliegen der FSFE, welche im Jahr
   2001 als Schwesterorganisation der amerikanischen FSF gegründet
   wurde.

   Weitere Informationen: http://www.germany.fsfeurope.org



[1]
http://patft.uspto.gov/netacgi/nph-Parser?Sect1=PTO2&Sect2=HITOFF&u=%2Fnetahtml%2Fsearch-adv.htm&r=0&f=S&l=50&d=PTXT&RS=public+AND+service&Refine=Refine+Search&Refine=Refine+Search&Query=%22public+service%22

[2]
http://patft.uspto.gov/netacgi/nph-Parser?Sect1=PTO2&Sect2=HITOFF&u=%2Fnetahtml%2Fsearch-adv.htm&r=0&f=S&l=50&d=PTXT&RS=%22public+service%22&Refine=Refine+Search&Refine=Refine+Search&Query=%22city+council%22


--
Joachim Jakobs <jj at pr-profi.com>
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