[FSFE PR][DE] Unterstützer von Softwarepatenten in Kaiserslautern chancenlos - Neue Initiative in Hamburg

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Die Nov 9 10:28:33 CET 2004


Unterstützer von Softwarepatenten in Kaiserslautern chancenlos - Neue
Initiative in Hamburg

Softwarepatente sind böse, denn sie monopolisieren Ideen: Dell wird
verklagt, Microsoft hat einen Prozess am Hals, eine Bertelsmann-Tochter
musste sich noch vor Kurzem mit Amazon herumstreiten. Diese sogenannten
"amerikanischen Verhältnisse" will niemand in Europa. Natürlich.
Stattdessen wollen die Befürworter nach eigenem Bekunden nur die Ideen
monopolisieren, die einen "technischen Beitrag" leisten. Das allerdings
ist mit Schwierigkeiten verbunden. Gert Kolle, Hauptdirektor
internationale Angelegenheiten und Patentrecht beim Europäischen
Patentamt bekennt: "Wir haben vergeblich versucht, 'Technik' zu
definieren" und zieht die Konsequenz daraus: "Ein Computerprogramm ist
per se technisch." 30.000 bereits vorhandene Softwarepatente warten
derzeit in München auf eine gesetzliche Grundlage. Mit ihr würden die
ungewollten amerikanischen Verhältnisse wohl unausweichlich. 

"Wir beschäftigen 30 Mitarbeiter. Für die haben wir Verantwortung.
Deshalb sind wir gegen Softwarepatente", so ein Teilnehmer einer
Diskussionsveranstaltung beim Jahrestreffen der "Software Technologie
Initiative Kaiserslautern (STI)" am vergangenen Freitag. Die wenigen
Unterstützer der Softwarepatente hatten einen schweren Stand: So
forderte Kurt Lechner (CDU), "Wir müssen die Existenz der vorhandenen
Softwarepatente akzeptieren und ihnen eine einheitliche Rechtsgrundlage
in Europa verschaffen." Stefan Richter, Geschäftsführer von Freiheit.com
Technologies GmbH hält ihm entgegen: "Das wäre etwa so, wie wenn ein
Wanderer vor einer Schlucht steht und dann den letzten Schritt macht,
weil er keine Lust hat, umzukehren".

Bernhard Fischer (SAP) argumentierte, auch Mittelständische Unternehmen
könnten ihre "Rechte" mit Softwarepatenten schützen. Stefan Richter
konterte, daß es heute nahezu unmöglich sei, Ideen zu haben, die nicht
im Zusammenhang mit einer anderen stünden, oder gar auf anderen
aufbauten. Daher sähe sich ein Mittelständler, der einen Global Player
wegen der Verletzung eines Patents verklagte,  kurz darauf "mit
Sicherheit" mit zehn Gegenklagen konfrontiert. Das Ergebnis sei
"günstigstenfalls", dass ein Querlizensierungsabkommen geschlossen
werde, in dem sich die Parteien darauf einigen, dass keine gegenseitigen
finanziellen Ansprüche aus diesen Softwarepatenten entstünden. "Die
Kosten für die Patentrecherche, die Patentanmeldung, das Prüfen eigener
und fremder Ansprüche sind allerdings entstanden", so Richter. Aus dem
Publikum kam die Frage, ob es denn richtig sei, dass das für
Softwarepatente ausgegebene Geld kein zweites Mal für Investitionen in
Mitarbeiterfortbildung oder Forschung zur Verfügung stünde. "Es gibt ja
bei erfolgreicher Klage Geld von Patentgegner", entgegnete SAP Vertreter
Fischer, konnte aber auch damit die Zuhörer nicht überzeugen.

Aber auch anderswo entwickelt sich zunehmender Widerstand: stop-swpat.de
ist eine Initiative des Unternehmers Johannes Sommer und hat schon kurz
nach Start Unterschriften von 30 Firmen aus dem Hamburger Raum für eine
gemeinsame Erklärung gewonnen. Darin befürchten die Unternehmer
"erhebliche Nachteile in unserer geschäftlichen Ausübung bis hin zur
existenziellen Bedrohung".

"Die Mittelständler werden sicherlich die Ersten sein, die unter
Softwarepatenten zu leiden haben. Das bedeutet aber nicht, dass die
Großunternehmen ungeschoren davonkämen. Die aktuellen Prozesse gegen
Dell und Microsoft belegen das. Leider nehmen die Großunternehmen
derzeit noch nicht zur Kenntnis, dass sie sich mit ihrem Eintreten für
Softwarepatente ins eigene Fleisch schneiden", so Georg Greve,
Präsident  der Free Software Foundation Europe (FSFE).

-- 
Joachim Jakobs <jj at office.fsfeurope.org>
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