[FSFE PR][DE] Softwarepatente: Ein schlechter Tag für Europa und für Deutschland

Joachim Jakobs jj at pr-profi.com
Mit Mai 19 14:59:33 CEST 2004


"Europa ist im Begriff, sich endgültig vom Ziel der Staats- und
Regierungschefs zu verabschieden, bis 2010 'wettbewerbsfähigste
wissensbasierte Region' zu werden und hat zumdem zum wiederholten
Male demokratisch versagt. Es ist schade, daß der Zweckoptimismus
und das Vertrauen in die deutsche Regierung etwas voreilig
gewesen zu sein scheinen. Gestern war kein guter Tag für Europa
und Deutschland!" so die traurige Bilanz von Georg Greve, dem
Präsidenten der Free Software Foundation Europe (FSFE) zu dem
Beschluß des Ministerrats der Europäischen Union über
"computerimplementierte Erfindungen".

So sei die Directive unter falschen Zielen entstanden: "Das Europäische
Patentamt hat bisher c.a. 30.000 Softwarepatente vergeben. Das
erklärte Ziel war die Möglichkeit der Patentierung von
'computerimplementierten Erfindungen' und die Legalisierung dieser
bereits erteilten Patente."

Wie Jeremy Philpott vom britischen Patent Office sagte: "Wenn
die Direktive mit allen (Anm: vom Europäischen Parlament
gemachten) Änderungen akzeptiert worden wäre, hätte es viele
Patente gegeben, die nicht mehr gültig gewesen wären. Ich kann
es nicht deutlich genug sagen: [...] Der ganze Zweck war, daß
was heute patentierbar ist auch morgen patentierbar sein wird
[...]"

"Es ging also zu keinem Zeitpunkt um die Festlegung von
innovativ sinnvollen Grenzen der Patentierung, mit der Direktive
sollen vielmehr die bereits erteilten Patente rechtlich
durchsetzbar werden. Stimmt das Europäische Parlament nun dieser
Direktive zu, werden quasi 30.000 Zeitbomben scharf gemacht -
ohne Rücksicht auf die Wirkung der Explosionen in
wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht."

Greve's Schlussfolgerung: “Die Deutsche Justizministerin Zypries hat
einen 'Runden Tisch' mit den verschiedenen Interessengruppen zur
Förderung des gegenseitigen Verständnisses angesprochen. Anstatt
nach der Entscheidung 'Verständnisförderung' zu betreiben, schlage ich
vor, den Anlaß dazu zu nutzen, einen permanenten Runden Tisch zur
Diskussion zukunftsfähiger politischer Entscheidungen einzurichten.
Das Ziel dabei sollte es sein, wenigstens den Anschluß an den
internationalen Wettbewerb wieder zu gewinnen.“

In Bezug auf die Direktive raten wir dem Europäischen Parlament
dringend, sich nicht wider besseres Wissen auf den aktuellen
Vorschlag einzulassen. Speziell eine Definition dessen, was als
'technisch' gelten soll ist unverzichtbar, baut doch die gesamte
Direktive auf diesem Begriff. "Das wäre sonst, als baute man ein
Haus auf Rädern und ohne Bremsen in der Annahme die späteren
Bewohner würden es nicht vom Fleck bewegen, obwohl eine solche
Bewegung ihnen große Profite verspricht."


******** Anmerkung an die Redaktionen: ***********

Nicht allein wir haben unsere Zweifel an Sinn und Zweck von
Softwarepatenten, sondern auch:

Das MIT: http://www.researchoninnovation.org/softpat.pdf
Die Monopolkommission: http://patinfo.ffii.org/monopolkommission.html
Die Wirtschaft http://tinyurl.com/ysl29

Wir halten es darüberhinaus zumindest für bemerkenswert,
dass sich Irland seine Ratspräsidentschaft von vermeint-
lichen Nutznießern der Softwarepatente sponsern lässt.
http://www.eu2004.ie/sitetools/sponsorship.asp


* Über die FSF Europe Die Free Software Foundation Europe: *

(FSF Europe) ist eine gemeinnützige, regierungsunabhängige
Organisation, die sich allen Aspekten der Freien Software in
Europa widmet. Zugang zu Software entscheidet, wer, wie an der
digitalen Gesellschaft teilnehmen kann. Daher erlauben die Freiheiten,
Software zu verwenden, kopieren, ändern und weiterzuverteilen,
wie sie in der Definition der Freien Software beschrieben werden,
gleiche Chancen im Informationszeitalter. Diese Problematik ins
öffentliche Bewusstsein zu rücken und durch Unterstützung der
Entwicklung Freier Software die Freiheit der Menschen zu gewähr-
leisten, sind die Kernanliegen der FSF Europe, welche im Jahr 2001
als Schwesterorganisation der amerikanischen FSF gegründet wurde.
http://fsfeurope.org

-- 
Joachim Jakobs                         <jj at office.fsfeurope.org>
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