Presseschau: Open Source! Der Kampf um freie Software

Christian Imhorst christian.imhorst at posteo.de
Di Feb 1 09:35:56 UTC 2022


Hi Ilu,

31.01.2022 19:18:17 Ilu <ilu at fsfe.org>:
> Wie sollen die Befürworter von FOSS unter diesen Umständen eine gesellschaftlich relevante Diskussion führen, wenn ihr Freiheitsbegriff für fast die gesamte Bevölkerung zu kurz greift?

Was meinst du mit, dass der Freiheitsbegriff zu kurz greift?

Um bei Social Media zu bleiben: Ich vermute, dass viele Nutzer es als Freiheitsgewinn empfinden, dass Twitter oder Facebook etc. ihnen unkompliziert eine Plattform zur Verfügung stellen, auf der sie ihre Gedanken ausdrücken und sich anderen Mitteilen können. Minderheiten können sich auf diesen Plattformen leichter sichtbarer machen, sie erhalten eine Stimme, die ansonsten nicht gehört wird und können gesellschaftliche Debatten anstoßen, wie z.B. #MeToo. Das ist die gute Seite und ich bin begeistert, dass FOSS ein Treiber dieser gesellschaftlichen Veränderung ist, die mit proprietärer Software so mMn nicht möglich geworden wäre, da man solche Plattformen im dieser Größe nur mit Open Source bauen kann.

Aber die unfreie, schlechte Seite ist das destruktive Geschäftsmodell hinter den sozialen Medien: Es wird daran gemessen, ob die einzelnen Menschen ihr Verhalten ändern, ihre individualisierten Feeds werden dahingehend vom Algorithmus modifiziert und optimiert, um ihr Engagement mit Hilfe emotionalisierter Reize zu steigern, die süchtig machen, damit sie möglichst lange auf der Plattform bleiben. Schlecht daran ist also, dass sich Menschen  in ihrer Blase radikalisieren, was die demokratische Gesellschaft untergräbt.

Social Media-Konzerne bauen zwar auf Open Source auf, die unfreien adaptiven Algorithmen laufen ausschließlich auf eigenen Rechnern, in der eigenen Cloud. Sie sind closed und können nicht von der Allgemeinheit überprüft werden. Wie diese Algorithmen funktionieren wird aber vermutlich zukünftig entscheidend für den demokratischen Zusammenhalt von Gesellschaften sein, weswegen sie offen und frei zugänglich sein müssen.

GAFAM wird die Algorithmen ohne politischen Druck nicht freiwillig offen legen, um ihre Geschäftsmodelle nicht zu gefährden. So wird das ganze Gequatsche über 'Gemeinschaft', 'Offenheit' und 'Zusammenarbeit' von GAFAM und den Open Source-Entwickler:innen, die für GAFAM arbeiten, hohl und falsch.

Hier, finde ich, könnte ein gesellschaftlich relevanter Einstieg für die FOSS-Community in die Diskussion stattfinden. Oder aber unsere FOSS-Bewegung für Offenheit und Transparenz des Quellcodes, der unser Leben bestimmt, ist völlig gescheitert.

Viele Grüße
Christian


Mehr Informationen über die Mailingliste FSFE-de