Wie Fachanwendungen entwickeln? (Re: Umsteig auf Freie Software, Betriebssystem =?utf-8?q?sp=C3=A4ter=3F?=)

Bernhard E. Reiter bernhard at fsfe.org
Fr Mär 19 09:35:19 UTC 2021


Hallo Kristian,

danke für Deine schlüssigen Überlegungen!

Meine kurze Antwort ist:

Am Donnerstag 18 März 2021 20:59:21 schrieb Kristian Rink:
> Wir betonen relativ häufig, dass FLOSS ein besseres Konzept, weil
> Kollaboration besser als Wettbewerb ist. Also: Woran klemmt es? Warum
> schaffen wir es nicht, diese Menge an Ressourcen aufzubringen oder
> zusammenzuführen? Was fehlt hier strukturell, damit das gelingen kann?

Aus meiner Sicht fehlt für viele Bereiche das Bewußtsein und die Bereitschaft 
in langfristige Software-Arbeiten zu investieren, also mit Zeit und Geld auf 
allen Ebenen.

Für private Einzelpersonen schlage ich vor (und praktiziere selbst):
Freiwillig kleine Beträge für Freie Software bezahlen.

Für Kleinstunternehmen: Ebenso, aber regelmäßig.
Hier auch mit Invest in wichtige Freie Software Alternativen.
Z.B. wer noch mit proprietären Vektorprogrammen arbeiten (muss)
kann Inkscape finanzieren.

Für Kleinunternehmen (praktiziere ich auch):
1% vom Umsatz freiwillig an Freie Software-Initiativen zahlen
und ebenfalls für Fachjournalismus.

(Für größere Organisationen entsprechend mehr, die können manchmal auch eine 
ganze Fachanwendung beauftragen.)

> Jenseits von CAD-
> und Planungssoftware herrscht kein Mangel an Fachgebieten, die sich
> teilweise mit überalterten, seit langem nicht mehr support-baren
> Anwendungen herumschlagen, 

Sehe ich auch so.
Hier kommt ein Problem des Wettbewerbs hinzu: Wer gut IT machen kann,
der schaut auf seine Umsätze und geht Wege bei denen er das Gefühl hat
auch wirtschaftlich erfolgreich sein zu können. Dann arbeitet er nicht mehr
für die kleine Gruppen, wenn die weniger Zahlungsbereitschaft mitbringen.
(Ja, hier sehe ich einen Kreislauf.)

Werbepause: Mein Unternehmen hat mit der Lösung www.openslides.com
in einer Nische ein neueres Produkt, was in den letzten Monaten
mehr Aufmerksamkeit erfahren hat. Es geht also, so etwas zu schaffen.
Macht aber wirklich Arbeit und schnelles Geld bringt es auch nicht.

> Wie kommt man weg von einer FLOSS-Welt, die im Wesentlichen lebt von der
> Freizeit-Arbeit von technisch befähigten Idealisten (die nicht selten
> ihre Rechnungen aus dem Gehalt von großen Firmen bezahlen) oder aber von
> den Beiträgen großer Firmen, die FLOSS-Entwickler finanzieren, um die
> Ergebnisse in eigenen proprietären Anwendungen und Services (OpenSource
> != SoftwareLibre) nachnutzen zu können? 

Indem wir den "Markt" für Freie Software und professionelle Freie 
Software-Arbeit immer größer machen. Der "Markt" ist in den letzten 20 Jahren
auch gewachsen.

Darf ich auch noch die These anbringen, dass es nicht im 
Wesentlichen "Freizeit-Arbeit" und "Idealisten" sind.
Die Beiträge von großen Unternehmen halte ich für das größere Problem.

Die logische Antwort ist also: An unserer Seite des Kreislaufs anfangen
und mit Bezahlen loslegen. (Das schöne an dieser Handlungsmöglichkeit ist, 
damit kann jeder sofort anfangen und es für sich entscheiden.)

Gruß,
Bernhard

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