Re: Befreiung der Haushalte , der Behörden, ... von Microsoft-Software

Kristian Rink mail at zimmer428.net
Di Mai 19 04:47:00 UTC 2020


Moin;

Am 19.05.20 um 01:26 schrieb Ilu:
> 
> Meine Erfahrung mit Privathaushalten (zugegebenermaßen überwiegend 
> Familien) ist eine etwas andere:
> 

Interessant... wäre spannend zu sehen, worin die Unterschiede bei Dir 
und mir begründet sind. Bei uns hier, mal nur auf die Privathaushalte 
konzentriert, sieht das eher so aus:


- Es wird mehrheitlich auch hier genutzt, was vorinstalliert ist.

- Computer (auch Laptops, noch mehr aber "Desktops") sind uncool. Im 
Rahmen von COVID-19, Home-Office und Home-Schooling haben mehr als 
früher solche Geräte mit nach Hause genommen oder kostengünstige 
Ausrüstung gekauft. Ausnahme: Die Apple-Niche mit dem MacBook.

- Die absolut überwiegende Mehrheit nutzt Tablets oder Smartphones, auch 
hier mit dem, was vorinstalliert kommt (wobei hier die Hürde davon weg 
auch merklich höher ist), im Moment auch mal improvisiert mit 
Bluetooth-Keyboard und MS Office für Android zum Lernen / "Arbeiten. Das 
- konkret dabei Smartphones - sind auch die Dinge, über die Status und 
"Coolness" definiert wird, vorrangig dabei die Oberklasse der 
Android-Geräte.

- Diejenigen, die zocken, tun das auf Smartphones oder auf 
Spielekonsolen, vorrangig Nintendo Switch und PS4. Ich kenne nur eine 
sehr kleine Handvoll von Leuten, die auf PCs spielt, und die passen eher 
in die "Nerd-Schublade". Was ich im Übrigen auch spannend finde: Die 
Kinder gucken immer mal irgendwelchen YouTube-Gamern mit sehr schwerem 
Equipment zu, aber Ambitionen, so eine Kiste zu Hause stehen zu wollen, 
ist zumindest in meinem Umfeld extrem gering, warum auch immer.

- Schulen und Firmen sind hier nahezu ausnahmslos sehr fest in der Hand 
von Microsoft. Windows ist sowieso gesetzt, die Kinder lernen Word, 
Excel, PowerPoint zu bedienen und begrifflich als Synonym für die 
jeweilige Art von Werkzeug zu verwenden. FLOSS passiert *allenfalls* mal 
in Nischenbereichen (Notepad++ für den knappen Kontakt mit HTML, 
kdenlive und audacity in Multimediaprojekten oder, wenn die Lehrer sehr 
pfiffig sind, auch mal Python für Scripting...). Firefox bildet an 
einigen Stellen noch eine Ausnahme als das FLOSS-Tool, das am ehesten 
als "Vorgabe" installiert ist, allerdings auch mit Microsoft Edge 
zunehmend an Boden verliert.

- Wartung und Pflege wird auch hier nicht als notwendig erachtet bzw. 
gelegentlich durch den "Wissenden" in der Familie erledigt. Ansonsten 
rangieren Laptops, Tablets, Smartphones in der Wahrnehmung in einer 
Schublade mit dem TV oder dem Radio, die im Allgemeinen auch keiner 
Wartung bedienen, sondern die man einschalten und nutzen will. Diesen 
Ansatz erlebe ich insgesamt *extrem* häufig und der passt auch zu dem hier:


> 
> "Mangelnde Kompetenz" ist eine Ausrede für "Keine Zeit" und "ich oder 
> meine Kinder zocken". Und das sind zwei ernstzunehmende sachliche 
> Gründe, gegen die es derzeit kein Argument gibt.
> 


Ich verstehe Deinen Punkt, erlebe das aber nicht als Ausrede. Ich kenne 
Leute, deren Hobby schon immer Auto-Tuning war, auf Hardware- und jetzt 
teilweise auf Software-Ebene. Die fassen in ihren Fahrzeugen Dinge an, 
von denen ich gar nicht wüsste, dass sie existieren (und die mich auch 
überhaupt nicht interessieren, so lang sie tun, was sie sollen). Das 
erlebe ich bei digitalen Werkzeugen sehr häufig genau so: Die 
Erwartungshaltung ist "Einschalten und Nutzen". Dort ist für die 
"Innereien" (Technik, Betriebssystem oder Lieferant der vorinstallierten 
Software) ebensowenig Interesse vorhanden wie bei mir für die Frage, wer 
meine Zündspule hergestellt hat. Deswegen haben Smartphones und Tablets 
hier Leute digitalisiert, die früher Computer bestenfalls im Büro 
verwendet und das auch nur zähneknirschend getan haben. Und deswegen bin 
ich auch manchmal erheblich nervös in der Wahrnehmung, wie sehr 
Cloud-Dienste und (noch extrem viel proprietärere) Mobil-Geräte einen 
Markt schaffen, in dem Nutzung von "Full-Stack-FLOSS" schwierig bis 
unmöglich ist.....

Viele Grüße,
Kristian


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