Re: Befreiung der Haushalte, der Behörden, ... von Microsoft-Software (ein Beispiel)

Roland Hummel roland.hummel at student.hu-berlin.de
Mi Mai 13 11:38:15 UTC 2020


Hallo Theo und Kristian,

On 5/13/20 11:42 AM, Theo Schmidt wrote:
> Fazit: es ist immer ein politischer Entscheid, ob man die übliche
> Komfortlösungen wählt und dabei z.B. die Weltraumpläne von Jeff Bezos
> unterstützen will, oder sich mit lokalen Individuallösungen abmüht. Und
> beim Energieverbrauch kann ich mir nicht vorstellen, dass auch die
> effizientesten Green-IT Cloud-Lösungen sparsam sind, wenn man die ganze
> Infrastruktur des Internets einrechnet, besonders wenn es dann noch
> drahtlos gehen soll, wie immer mehr gefordert wird.

On 5/13/20 12:51 PM, Kristian Rink wrote:
> ...
> Finally: Als Unternehmen komme ich hier in Handlungszwang - nicht nur
> politisch, sondern auch wirtschaftlich in zweierlei Dimension. Zum einen
> bieten Azure, Google, ... teilweise Preismodelle an, mit denen lokale
> Partner schlecht mithalten können. Zum anderen aber wird der
> Konkurrenzdruck deutlich größer, weil Marktbegleiter in die eigene
> Nische eindringen und deutlich wirkungsvoller sein können, wenn sie
> gleich auf derartige Technologien aufsetzen und fokussiert und schnell
> vorgehen können, ohne die Steine aus dem Weg räumen zu müssen, mit denen
> wir uns in der Vergangenheit und teilweise noch Gegenwart herumschlagen
> mussten. Ersteres ist nur nervig, zweiteres potentiell ruinös. Und in
> dieser Gemengelage bewegt sich anno 2020 die Idee von "Software Libre"
> und teilweise eine unscharfe Abgrenzung zwischen "Freier Software",
> "Nachhaltigkeit", "digitaler Unabhängigkeit" und Selfhosting (teils auch
> vor einem "es-war-schon-immer-so"-Hintergrund). Und ich denke eben,
> konkret mit Blick auf Azure und FLOSS-Stacks dort drin, dass zurzeit
> FLOSS nicht hilft, solche Probleme einzufangen - ganz im Gegenteil. Mit
> Azure verdient Microsoft an Freier Software, während gleichermaßen ein
> "Libre-" oder auch nur "unabhängiges" vergleichbares Hosting in dieser
> Ausbaustufe fehlt. Ich kann perfekt "FLOSS" nutzen und trotzdem einen
> Monopolisten unterstützen. Deswegen denke ich mehr als nur einmal, in
> 2020 wäre Lösung genau dieses, des Hosting-Problems, mit mehr Fantasie
> als nur "Eigenbetrieb" oder Genossenschaft (wobei letzteres Modell schon
> mal gut ist) deutlich wichtiger in der Diskussion als die Frage nach den
> Lizenzen für den Source-Code...

danke für die sehr eindrücklichen persönlichen und daher für mich
besonders aufschlussreichen Erfahrungsberichte anderer Lebenswirklichkeiten.
Im Anschluss an Kristians Abschlusspassage stellt sich mir folgende
Frage vor folgendem Gedankenspiel:

Mal angenommen, die FLOSS-Bewegung hat es erreicht, dass FLOSS zur nicht
mehr hinterfragten Selbstverständlichkeit geworden ist (bspw. wie die
Inhaltsangaben auf Nahrungsmittelverpackungen). Zugleich hat unser
Wirtschaftssystem dazu geführt, dass aus den aktuellen großen
IT-Monopolisten durch offizielle Fusionen oder stillschweigenden
Absprachen oder Firmen wie Black Rock, die bei diesen IT-Konzernen zum
größten Anteilseigner werden, faktisch ein einziger geworden ist (wie
gesagt: nur mal angenommen). Dieses Konstrukt entwickelt und "provided"
nun alles, womit weltweit gearbeitet wird (es finanziert auch
entsprechende ThinkTanks, die für neue Ideen sorgen, um disruptive
Entwicklungen sofort einverleiben zu können). Eigenentwicklungen sind
nach wie vor möglich, macht aber niemand, weil die Wettbewerbsstandards
Einzelwegen keine Chance lassen, auch nur ansatzweise mit dem Rest
mitzuhalten, schon allein, weil die FLOSS-Projekte zu riesig und die
Standards zu komplex sind, um sie mit kleinen Kollektiven zu forken.
Die Frage wäre nun für mich (ohne Ironie): Ist das dann die Freiheit,
die Freie Software ursprünglich mal meinte/wollte? Hat die FSFE dann ihr
primäres Ziel erreicht?

Gruß
Roland

-------------- nächster Teil --------------
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