Wie von integrierenden proprietären IT-Anbietern wegkommen?

Bernhard E. Reiter bernhard at fsfe.org
Fr Mär 20 12:44:52 UTC 2020


Hallo Kristian, Roland, Mitdiskutierende,

das waren interessante Beiträge - danke!

Am Freitag 20 März 2020 06:55:07 schrieb Kristian Rink:
> Aber solche Punkte sind es, die an vielen Stellen die Usability
> von "professionell" entwickelten Produkten ausmachen, und wo die
> FLOSS-Community leider an vielen Stellen nur daran arbeitet,
> die auf diesem Weg gewonnenen Erkenntnisse zu kopieren.
> Wir ahmen nach, entwickeln aber hier nichts weiter.

Gut geschrieben - aber überhöht, denn es gibt ja professionell
entwickelnde Freie Software Unternehmen. Und dort wird auch was Neues 
und weiter entwickelt. Das Hinterfragen gehört dazu, genauso wie es dazu 
gehört stark auf die Nutzenden zu sehen.

> Und: Wir denken dort gern schwarz/weiß: Die Industrie ist böse.
> Tracking ist böse. Orientierung an den Nutzern passiert nur, wenn man
> sie durch Geld und Manipulation überzeugt, dass das, was man ihnen zu
> bieten hat, das ist, was sie brauchen. 

Ja, es gibt zuviel Schwarz-Weiß-Denken. Auch an dem Punkt:

> Sicher: Die Industrie fokussiert
> darauf, ihre Produkte an eine große, größtmögliche Masse zu bringen.

Denn es gibt viele Angebote (von "der Industrie"), welche sich an 
Nischen richten oder bestimmte Dinge anders machen. 
(Beispiele Posteo.de und Mailbox.org als test.de Sieger bei Email-
und Kalenderanbietern für Leute die Privatsphäre mögen.)
Die Frage ist: Werden sie angenommen?

> Und auf der anderen Seite sind leider viele
> FLOSS-Projekte letztlich Projekte von Hobbyisten, die Dinge zum Spaß
> und aus Enthusiasmus tun, die aber aus diesem Rahmen heraus gar keine
> Notwendigkeit oder kein Interesse haben, sich allzu stark auf Endnutzer
> zu fokussieren. Dort haben wir viel "Luft nach oben"...

Eine Möglichkeit das zu ändern, ist freiwillig mehr für Freie Software 
Produkte zu bezahlen. (Was ich persönlich und mit meinem Unternehmen auch 
mache.) Und so das Rad von der Seite aus mehr in Schwung zu bringen.
Bei der FSFE ist das seit Jahren ein Schwerpunktthema (von mir).

> Eine große Masse der Leute, die in der
> FLOSS-Entwicklung aktiv sind, sind eben *Entwickler*. Menschen, die
> Code schreiben. Deutlich seltener UI/UX-Experten, Designer oder
> Projektmanager.

Die Fähigkeit "Software-Entwicklung" schließt normalerweise den Design, UX und 
Managing-Teil mit ein. Und darum gibt es auch sehr viele Leute mit diesen 
Fähigkeiten die Freie Software mitentwickeln. 

> Wenn ich *das* will, dann müsste ich endlich den 
> wichtigsten und derzeit aus meiner Sicht kritischsten Schritt gehen und
> in der Breite akzeptieren, dass "Freiheit" auf dieser Ebene nicht
> "kostenlos" sein wird.

Das ist vielen Leuten verständlich,
zumindest wenn sie ernsthaft darüber nachdenken.
Viele würden gern mal 2 Euro für Freie Software bezahlen,
die Möglichkeiten dafür werden immer besser, sind aber noch zu schwer.

> Um die Freien Apps besser zu bekommen, bräuchte 
> es Modelle, die es qualifizierten Experten aller Disziplinen erlaubt,
> in professioneller Form solche Software zu bauen und zu vertreiben.

Solche Modelle gibt es ja schon (über die letzten 20 Jahre hinweg).

> Das  beißt sich aber mit der gegenwärtigen Herangehensweise, dass
> *natürlich* erwartet wird, Freie Software auch "kostenlos" zu bekommen
> - in f-droid ist das ja nicht anders, leider. Da habe ich im Moment aus
> *genau dieser* Brille lieber noch den Google Play Store, bei dem ich
> teilweise FLOSS-Apps *kaufen* kann und weiß, dass ich darüber den
> Entwickler ein Stück weit entlohne für seine Arbeit, die Software aber
> trotzdem "frei" ist.

Du kannst sowohl f-droid.org, wie auch einzelne Anwendungen finanziell
unterstützen. (Mache ich seit einigen Jahren. Was hält Dich davon ab? >;) )

Im großen und ganzen gebe ich Dir Recht: Deine Schlussfolgerungen ist nicht 
weit genug bekannt und akzeptiert. Mir war wichtig, hinzuzufügen, dass es 
bereits Ansätze und Wege gibt, sowie Freie Software Gemeinschaften und 
Nutzende, welche mit gutem Beispiel voran gehen.

Gruß,
Bernhard

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