Re: Einführung FS bei der HU Berlin

Roland Hummel roland.hummel at student.hu-berlin.de
Do Feb 27 11:08:17 UTC 2020


Hallo Bernhard,

danke für Deine Rückmeldung,

On 2/17/20 9:52 AM, Bernhard E. Reiter wrote:
> Hallo Roland,
> 
> Am Freitag 14 Februar 2020 14:11:13 schrieb Roland Hummel:
>>> Bekommst Du dann trotzdem den nötigen Rückhalt der für
>>> so eine Einführung notwendig ist?
>>
>> Ja, bekomme ich. Ich habe ca. 35
>> offizielle stud. Gremien (vorrangig Fachschaften, aber auch das
>> Studierendenparlament sowie die stud. Vollversammlung) in mehrmonatiger
>> Arbeit davon überzeugt, dass wir freiheitsbewahrende digitale
>> Arbeitsumgebungen brauchen (zumindest als Standard-Wahlalternative), bin
>> dann mit den "Unterschriften" zum Präsidium (Vizepräsident für
>> Forschung) und zum CMS-Direktor und es wurde ein Kooperationsprojekt für
>> eine einjährige Pilotphase beschlossen. 
> 
> das ist ein beeindruckender Erfolg im ersten, wichtigen Schritt:
> Sich bewußt werden, warum Freie Software gebraucht wird.

Versteh mich nicht falsch, ich danke Dir sehr für die aufmunternde
Würdigung von nunmehr fast 3 Jahren ehrenamtlicher Gremienarbeit,
allerdings muss ich auch sehen, dass außer "bewusst machen" faktisch
nichts passiert ist. Im "Bewusstmachen" sind wir wohl (auch)
Weltmeister, was leider eben auch dazu führt, dass unser
gesellschaftspolitischer Aktivismus oft damit befriedrigt wird, sich auf
dem Sofa beim Schauen der "Anstalt" zu empören. ;)
Aber ja: Ich führe das Argument auch an, wenn mich Kommiliton*innen
fragen, wie man mitgewirken könnte und ich dann sage: Mach dir bewusst,
dass der Hochschulraum digital betrachtet unfrei ist und setz dich dafür
ein, dass im Alltag freie Software verwendet wird - das Gegenargument
lautet dann: "Aber mein*e Prof. verwendet nunmal MaxQDA und mit dem*der
streite ich nicht." Soviel zu Ingeborg Bachmann und "Tapferkeit vor dem
Freund". ;)

>> Derzeit suchen wir nach 
>> Finanzierungsmöglichkeiten durch externe Stiftungen.
> 
> Bleibt an dieser und anderen Möglichkeiten dran.

Sicher, aber: Was sind hier konkret die "anderen Möglichkeiten"? Hier
hat die FSFE meiner Meinung nach, entschuldigt, wenig
"Beratungspotential". publiccode.eu war und ist ein entscheidender, sehr
gelungener erster Schritt. Für die *konkrete* Umsetzung hilft er jedoch
kaum, jedenfalls nicht über die "sich bewusst machen"-Phase hinaus (muss
er auch nicht). Daher aber mein Votum: Es braucht Stiftungen, die
Personal finanzieren und nicht nur Softwareentwicklung.

> Um mögliche Geldgeber zu überzeugen: Habt Ihr einen konkreten Kostenplan?

Der ist überschaubar: 1 Jahr Personalkosten für X
Beschäftigungsverhältnisse. Das lässt sich, wie ich kürzlich erfahren
habe, wohl mit
https://www.hu-berlin.de/de/forschung/szf/personalkostenrechner
berechnen (man möchte meinen, jemand an der HU wüsste genau, welche TVL
Entgeldgruppe arbeitgeberseitig welche Kosten verursacht - aber
herauszufinden, dass die die Personalabteilung das *nicht* weiß und
*wer* es stattdessen weiß, hat mich allein einen Monat an
Mail-Korrespondenz gekostet).

Wobei uns "X Beschäftigungsverhältnisse" zum nächsten Problem führen:

Dem mehrmonatigen Streit 2018 um einen neuen Tarifvertrag für
studentische Hilfskräfte (TVStud3: https://tvstud.berlin/) folgte der
Konflikt um die Frage, ob stud. Hilfskräfte in Verwaltungstätigkeiten
(IT) nach dem TVStud3 bezahlt werden dürfen oder nicht. Einige
gerichtliche Instanzen später (meiner Erinnerung nach Anfang 2018) war
klar: Dürfen sie nicht. Sobald man einen Computer auch nur technisch
anfässt ist das eine Tätigkeit, die nach einer mittleren der 15
Ent­gelt­grup­pen des Tarifvertrags des Landes Berlin (TVL) bezahlt
werden müssen - offen war, in welcher Ent­gelt­grup­pe genau (zeitweise
wurden Kolleg*innen frech in eine Ent­gelt­grup­pe eingruppiert, die
gerade mal der des TVStud3 entsprach). Es folgte aufgrund der
Unsicherheit der Eingruppierungsfragen und -klagen ein
Einstellunugsstopp für Stud. Hilfrskräfte im Verwaltungsbereich, der
zumindest in meiner Abteilung bis heute besteht, weil es die
Universitätsleitung bis heute/2020 nicht geschafft hat, den fairen
Eingruppierungen nachzukommen.

Für das Projekt bedeutet das: SHK, die solche einjährigen Projekte
klassischerweise durchführen, können aktuell nicht eingestellt werden.
Eine Vollzeit-IT-Fachkraft für ein Jahr zu finden dürfte schwierig sein.
Aber ja, das probieren wir trotzdem. Berlin ist ja auch für viele eine
Stadt für eher begrenzte Lebensphasen.

> Was wären die Ergebnisse über die HU Berlin hinaus?

Die Einhaltung "freiheitlich-demoraktischer Grundwerte" jedenfalls
nicht. Jedenfalls überzeugte das die Fundraisingstelle der HU nicht
sonderlich. Ersten Berliner IT-Unternehmen, bei denen ich anfragte,
scheint es letztlich egal zu sein, auf welcher OS-Plattform die User
unterwegs sind. Aber gut, das will ich nicht überbewerten, wir gehen
bald bei verschiedenen größeren Institutionen anklopfen, die man hier
weniger überzeugen muss in einer Frage, die jener gleichkommt, welchen
Wert eigentlich Grundlagenforschung hat.

> Mit den beiden Information kannst Du potentielle Geldgeber ansprechen
> und auch in der HU Berlin selbst suchen.

An der HU haben wir alles abgeklopft. Da ist nichts zu holen.

> Eine andere Möglichkeit besteht darin die notwendigen Schritte des Plans durch 
> ein studentisches oder Forschungsprojekt abzudecken. Aus meiner Sicht solltet 
> Ihr alles in Betracht ziehen.

Ja, die Idee hatte ich schon über die sogenannten "Q-Tutorien", die die
HU anbietet. Den Projektantrag würde ich da sicher durchbekommen, aber
das würde min. 1,5 Jahre zusätzliche ehrenamtliche Arbeit bedeuten, die
einem Vollzeitjob gleichkommt, die an genau einer Person hängen wird
(mir). Bachelor-Studis sind dermaßen mit Leistungserbringungen
überfrachtet, dass sich dort niemand die Zeit nehmen wird, ehrenamtlich
an einem IT-Projekt mitzuwirken, bei dem es viele viele Nachtschichten
bräuchte (wir wir müssten uns mit einem GNU/Linux-Pool das
"Forschungsfeld" ja zunächst selbst erstellen).

Gruß
Roland


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