FSFE-Matrix-Server (war: zu OT ... - jetzt wieder on topic Kommunikation in FOSS :-))

Kristian Rink mail at zimmer428.net
Di Okt 8 13:00:41 UTC 2019


Hallo Benjamin, *;

danke für Deine Gedanken.

Am Dienstag, den 08.10.2019, 14:41 +0200 schrieb Benjamin Hagemann:
> 
> ein Punkt vorab: Ich sehe hier Paralleln zur Freifunk Community.
> War man Anfang der 2000er noch dabei, dass man Wissen vermitteln
> wollte und jeder, der am Netz teilnimmt, seine Hardware selbst
> verantwortet so ist man heute bei Netzen mit einigen hundert Nodes,
> die zentral von je teils weniger als 10 Leuten pro Community
> gesteuert werden. Ich persönliche hänge noch an der ursprünglichen
> Idee...
> 

Verstehe ich. Ich bin irgendwann mit Linux "sozialisiert" worden und
habe nie wirklich davon abgelassen. Aber an vielen Stellen war das
neben der Technologie letztlich Kommunikation: Es gab (und gibt)
Situationen, Anwendungsfälle, Anforderungen, in denen und für die das
nicht funktioniert. Ebenso Freifunk et al: Ja, die Idee ist gut. Aber
ich wage die pessimistische Prognose, daß die Menge an Menschen, die
dieser Tage überhaupt *bereit* ist, sich gedanklich und inhaltlich mit
solchen Themen zu beschäftigen, bestenfalls kleiner zweistelliger
Prozentsatz derer ist, die digitale Werkzeuge insgesamt verwenden. Lass
mich gern eines Besseren belehren. ;)

>
> Was ist es für eine Selbständigkeit, wenn die Verwandten die ältere
> Generation ohne Information über die Verwendung ihrer Daten den
> amerikanischen Unternehmen Google, Apple, Facebook und Co überlässt? 
> ("digitale Aufklärung")
>

Natürlich. Absolut kein Widerspruch. Auch hier (siehe oben) neige ich
immer noch dazu, Menschen "aufklären" und "überzeugen" zu wollen. 

Aber das ist der Punkt, weswegen ich an Stellen wie dieser hier solche
Themen diskutiere, weswegen ich gerade auch bei Freien
Kommunikationswerkzeugen immer wieder so angefressen bin, daß gewisse
Dinge eben nach wie vor einfach nicht gehen, siehe XMPP-Clients: Wenn
ich Nutzer aufkläre, möchte ich ihnen auch eine Alternative bieten
können. Für meine Verwandten in der Generation 60+ kann ich das nicht.
Dort kann ich ihnen die proprietäre Anwendung lassen, die sie haben und
über die sie all ihre Kontakte erreichen. Oder ich kann sie so lang
aufklären / überzeugen / verängstigen, bis sie sich zu XMPP oder Matrix
durchringen lassen und eigentlich auch kein Smartphone mehr brauchen,
weil sie die Leute, mit denen sie kommunizieren wollen, auf diesen
Kanälen eben nicht mehr im Zugriff haben. Und: Das funktioniert auch
nur, wenn man gefragt wird oder überhaupt eine Chance bekommt, solche
Dinge zu diskutieren. Das steht eigentlich so nicht mehr. Spätestens
wenn die fraglichen Herrschaften von ihrem Provider ein Smartphone
angeboten bekommen, das wahrnehmen und dort WhatsApp vorinstalliert
ist, ist dieser Zug weitestgehend abgefahren, aus eigenem Erleben.
Früher(TM), bei Laptop-Kauf (wo das Thema war), wurden in der Familie
jene, die sich halbwegs mit der Materie auskannten, gefragt. Bei
Smartphones passiert das gar nicht mehr. Das erschwert die Dinge
zusätzlich. An diesem Punkt *ist* man in der Wahrnehmung schnell der,
der den Menschen Werkzeuge, die sie bedienen können, wegnehmen und
durch kompliziertere, schwerer (nicht) zu beherrschende Tools ersetzen
will. IMHO können wir das nur wirklich lösen durch nutzer- und
menschenzentrierte FLOSS-Anwendungen und -Dienste, die WhatsApp und Co.
mindestens ebenbürtig sind... ;)

Viele Grüße,
Kristian



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