Re: "Überwachungskapitalismus", Google und die FSF(E)

Kristian Rink mail at zimmer428.net
Mo Jan 14 07:25:55 UTC 2019


Hallo alle;

und danke für die verschiedenen Sichten hierauf. Ich will es kurz halten 
in zwei Themen:

Am 12.01.19 um 23:05 schrieb GregorM64:
> 
> Es ist ein Zielkonflikt zwischen Finanzierung und Vermeidung von 
> "Free-Washing", z. B. "Wenn die FSF nur wegen der paar Euros, die über 
> das Amazons Smile-Programm generiert werden (die dann übrigens einer 
> anderen Organisation fehlen, weil immer nur eine ausgewählt werden 
> kann), keine Probleme damit hat, deren Marke und das Marketing-Programm 
> weiter bekannt zu machen, wie schlimm kann dann Amazon eigentlich sein?"
 >

Ja, den Punkt Zielkonflikt sehe ich auch. Ich habe, wie gesagt, zu Aral 
keine Meinung und vermag nicht zu beurteilen, wie sehr ihm an der 
"Sache" gelegen ist und wie wichtig ihm eine sehr deutliche, 
kompromisslose mediale Selbstdarstellung ist - zumindest läßt sich mit 
ihm in elektronischen Kanälen sehr schlecht diskutieren, wenn man auch 
nur ansatzweise kritische Fragen stellt. Das halte ich insgesamt für 
extrem schlecht, von wegen "divide-and-conquer": Die Herausforderungen 
der gegenwärtigen digitalen Welt sind nicht unbeträchtlich, und die 
(vergleichsweise) "paar Aktivisten", die es gibt, sind noch damit 
beschäftigt, sich selbst nach Kräften an den Karren zu fahren, weil sie 
es nicht schaffen, sich halbwegs hinter gemeinsame Ziele oder zumindest 
Zielpriorisierung zu finden. Kann man machen. Macht aber die Dinge eher 
schwerer.

> 
> Ich habe das Gefühl, dass Transparenz hier ein guter Weg sein kann: 
> aufzeigen, dass ein Zielkonflikt besteht, worin genau er besteht, welche 
> Optionen es gibt und wie aktuell damit umgegangen wird. An jedem 
> kritischen Firmen-Logo könnte ein Sternchen mit Link zu einem gut 
> formulierten Text stehen, den man als Durchschnittsaktivist zur 
> fundierten Erwiderung von berechtigter Kritik verwenden kann. 
 >

Klares "Ja" hierzu. Transparenz halte ich auch für extrem wesentlich; 
das war auch einer der Hintergründe, diese Diskussion überhaupt zu 
beginnen. Die FSFE könnte das ja vielleicht nutzen, klar darzulegen, 
warum Sponsoren wie Google im Boot sind, wie viel Geld sie über den Zaun 
werfen und was damit getan wird, gern auch in Replik auf Arals Artikel? 
Bei GNOME bin ich mir dort noch im Unklaren; die durch Aral zitierte 
Arbeitsweise des Advisory Boards (von wegen "board-interne 
nicht-öffentliche Abstimmung") vermochte ich bislang noch nicht zu 
verifizieren. Wär's so, wäre es arg unschön, andererseits wären dann 
Google auch immer noch nicht *allein* auf diesem Board, wäre GNOME nach 
wie vor SoftwareLibre.

Aber für mich bleibt nach wie vor die kritische Frage nach der 
Finanzierung von SoftwareLibre. Eine sehr hässliche Diskussion dazu, die 
ich in den letzten Tagen auch immer wieder hatte, war:

"Google macht den Markt für unabhängige Software-Hersteller kaputt, weil 
sie ihre Produkte verschenken können, und finanziert darüber hinaus noch 
Organisationen wie die FSFE, die zwar SoftwareLibre wollen, wovon aber 
im Endeffekt für die Mehrzahl der Nutzer als wichtigster und 
offensichtlichster Vorteil auch nur bleibt, daß die Software gratis ist. 
Damit verlieren all jene, die es sich nicht leisten können, ihre 
Software zu verschenken, oder die kein Geschäftsmodell haben können, in 
dessen Rahmen sich Software frei entwickeln läßt."

Das ist grenzwertig und ein anderes Thema, befeuert aber konkret in dem 
Sponsorship-Punkt die Diskussion und ist der Kommunikation pro 
SoftwareLibre keinesfalls zuträglich.

Viele Grüße,
Kristian

-- 
Kristian Rink
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