Re: Bevorzugung von Open Source Software in öffentlichen Ausschreibungen

Erik Albers eal at fsfe.org
Mi Feb 27 15:54:25 UTC 2019


On 27.02.19 08:40, Christian Imhorst wrote:
> Hallo zusammen,
> 
> die Bundesregierung hat gestern auf eine Anfrage zur "Verhinderung von
> digitalen Monopolen durch verstärkte Nutzung freier Software" geantwortet:

Ich finde ja insbesondere auch diesen Passus relevant:

	Wird bei Ausschreibungen der Bundesbehörden für Software-
	Dienstleistungen eine freie Nachnutzung im Sinne von freier Software
	vorgeschrieben?  Wenn nein, warum nicht?

	Nein. Eine grundsätzliche Forderung von freier Nachnutzung 	
	widerspricht in vielen Fällen dem Sparsamkeitsprinzip der
	Bundeshaushaltsordnung (BHO), da sie den einzelnen Vergabegegenstand
	unnötig verteuern würde. Die Behörden sind gehalten zu prüfen, welches
	Ausmaß an Nutzungsrechten sie benötigen, um die gestellte fachliche
	Aufgabe zu lösen. Das haushalterische Sparsamkeitsprinzip verlangt
	grundsätzlich, keine den Bedarf übersteigenden Anforderungen zu
	stellen.

"... da sie den einzelnen Vergabegegenstand unnötig verteuern würde"?

Das ist doch gedanklicher Humbug. Wenn ich das richtig verstehe, dann sagen
sie quasi, dass der Einkauf Freier Software einmalig teurer kommt als der Kauf
einer einmaligen Nutzungslizenz.

Das dem so ist kann ich gut nachvollziehen, weil der Hersteller Freier
Software eben nicht eine eimalige Entwicklung per Lizenz beliebig oft melken
kann. Aber das Argument der Sparsamkeit zu verwenden schreit doch hier vor
lauter nicht-Nachhaltigkeit und macht für mich so viel Sinn wie eine Aussage a
la "Das Sparsamkeitsprinzip verbietet den Kauf eines Dienstwagens, da die
einzelne Fahrt mit einem Taxi günstiger ist" ...



Habe dann mal ein Kommentar zur Bundeshaushaltsordnung gelesen [1] in dem auch
gesagt wird:

§ 7 Abs. 1 Satz 1 verwendet die BegriffeWirtschaftlichkeit und
Sparsamkeitgleichrangig nebeneinander. Die bisherige Fassung erweckt nach der
sprachli-chen und juristischen Logik den Eindruck, Wirtschaftlichkeit und
Sparsamkeitseien etwas anderes. Aus VV Nr. 1 wird aber deutlich, dass
Sparsamkeit nur einUnterfallder Wirtschaftlichkeit inGestalt des
Minimalprinzipsist.

[...]

Sparsamkeit bedeutet nicht, dass die öffentliche Hand losgelöst von den Zielen
verpflichtet ist, möglichst wenig Geldauszugeben. Das wäre „falsch verstandene
Sparsamkeit“.

[...]

Wirtschaftlichkeit ist gegeben, wenn entweder ein bestimmtes Ergebnis mit
möglichst geringem Mitteleinsatz (Minimalprinzip= Minimum an Mitteleinsatz/Input)

oder

mit einem bestimmten Mitteleinsatz das bestmögliche Ergebnis (Maximalprinzip=
Maximum an Ergebnis/Output)erzielt wird.



Und dieser letztere Punkt, das Maximalprinzip als Form der Wirtschaftlichkeit
wird doch gerade durch die Verwendung einer Freien Lizenz gefördert:
Wiederverwendung, Kooperation und Teilen einer einer einmal entwickelten Lösung.

Vielleicht kann man zukünftig noch mehr in diese Richtung argumentieren.


Beste Grüße,
   Erik

[1]
https://beckassets.blob.core.windows.net/product/readingsample/32961/9783807300306_excerpt_002.pdf

-- 
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Erik Albers | Programme Manager, Communication | FSFE
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