"Digitalisierung" mit FLOSS?

Kristian Rink mail at zimmer428.net
Fr Apr 5 08:00:30 UTC 2019


Hallo alle;

danke für die recht interessanten Kommentare. Ich steige mal hier wieder 
ein:

Am 03.04.19 um 11:11 schrieb Christian Imhorst:
> 
> Ich habe es leider auch noch nicht erlebt, dass KMUs sich auch Angebote 
> von Consulting Partnern und IT Systemhäusern einholen, die ein Open 
> Source-Portfolio haben. 
>

Richtig. Das ist auch meine Erkenntnis, und Hinterfragen / Blick auf die 
Dinge zeigt für mich, daß Systemhäuser meist überhaupt nicht als 
Alternativen zu den Plattformen wahrgenommen werden, mit denen 
(zumindest in meiner Domäne) die Nutzer sonst konfrontiert sind. 
Beispiele: Autodesk BIM360 in der Cloud liefert komplexe Planungs- und 
Koordinationslösungen. Microsoft Office 365 liefert in der Cloud eine 
funktionsfähige Office-Lösung. Google Apps for Enterprises liefern Mail, 
Kalender, Dokumentenablage, Kontaktverwaltung "im Browser" und quer über 
alle mobilen Geräte.

Systemhäuser werden demgegenüber wahrgenommen als Leute, die dem Kunden 
helfen, solche Infrastruktur selbst aufzubauen und "zu verantworten". 
Und genau das wollen die Kunden nicht (mehr). Die wollen nicht "Server 
mit Software für Office". Die wollen, analog etwa zu Google, das Produkt 
"<n>mal Arbeitsumgebung Kalender, Mail, Dokumentenablage für meine 
Nutzer" einkaufen. Ich sehe sehr wenige (keine?) Systemhäuser, die das 
so anbieten können. So gesehen passt das in der Tat nicht in eine 
Excel-Tabelle, weil es ein Äpfel/Birnen-Vergleich ist.

Dazu kommt in meiner Wahrnehmung konkret im Bau noch ein anderes Thema: 
Die großen Beteiligten sind sehr gut aufgestellt. Die kleinen nicht. 
Dort steigen viele jetzt in Digitalisierung ein und überspringen damit 
mehrere Schritte, die andere Branchen genommen haben. Dort geht es nicht 
mal drum, die zwei Admin-Stellen zu streichen, Dort geht es darum, daß 
es teilweise diese Stellen nie gab - auch nicht die Kompetenz oder 
Einsicht in die Notwendigkeit, selbst in größerem Stil Infrastruktur zu 
betreiben. An dem Punkt ist es dann doch kein Äpfel/Birnen-Vergleich 
mehr und passt für Betriebswirtschaftler auch gut in ein Excel: Was 
kostet es mich insgesamt (einschließlich ggfs. Personal, eigener Server, 
Hosting, Internet-Anbindung, ...), um einem Nutzer beispielsweise 
Kalender- und Mail-Dienste bereitzustellen. Mit Google oder Office 365 
ist das sowohl in der Rechnung als auch in der Umsetzung relativ simpel, 
wenn auch nicht unbedingt "billiger". Mit einem Systemhaus wird das in 
der Rechnung und Bereitstellung deutlich interessanter - erst recht, 
wenn man mit eigenem Personal, Räumlichkeiten, ... plant.

Was mich dort umtreibt, deswegen die Diskussion hier: Ich habe dann und 
wann das Gefühl, daß "SoftwareLibre" in gewissen Domains potentiell 
mittelfristig irrelevant werden könnte - nicht, weil "Libre" irrelevant 
wird, sondern weil "Software" als solche zunehmend weniger eine Rolle 
spielt, wenn die Kunden nicht mehr Software einkaufen und am Markt 
nachfragen, sondern Dienste, für deren Bereitstellung irgendwo Software 
eine Rolle spielt, aber nichts ist, was man selbst betreiben will? 
Müssen wir uns hiermit überhaupt beschäftigen? Oder ist das ein anderes 
Thema?

Viele Grüße,
Kristian



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