Intern oder öffentlich diskutieren?

Bernhard E. Reiter bernhard at fsfe.org
Mo Apr 1 09:13:46 UTC 2019


Hallo Christian,

Am Sonntag 31 März 2019 10:33:19 schrieb Christian Imhorst:
> Wenn ich aber etwas an verschiedene Mailinglisten schreibe, 
> egal wie "intern" sie sind, ist diese E-Mail nicht mehr privat.
> Beinhaltet sie dann noch grundsätzliche Kritik, wird diese E-Mail eine
> größere Öffentlichkeit erreichen.

was Diskussionen in internen Kreisen zu Gute kommt ist der vorhandene Kontext. 
Die Personen sind oft bekannt, auch deren Grundpositionen, so dass sich 
verkürzt schreiben lässt. Das ist weiterhin ein Schutz davor missverstanden 
zu werden und es ermöglicht erstmal zu Denken und die eigene Position zu 
finden, sich also mehrmals ohne Folgen zu korrigieren.

Jemand der an die Öffentlichkeit geht, risikiert öffentlich kritisiert zu 
werden. Als Beispiel nehme ich mal die Antworten des Bundestagsabgeordneten 
zu einigen Klimafragen:
https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/herr-hilse-von-der-afd-beantwortet-die-fragen-der-klimalounge/

Es wäre völlig in Ordnung, wenn jemand intern diese Antworten schreiben würde,
dann korrigiert wird und die eigene Position verändert, bevor er damit nach 
außen geht. Das Beispiel mag etwas groß wirken, es zeigt aus meiner Sicht, 
dass jemand, der etwas von intern nach außen veröffentlich der urspünglichen 
Person durchaus schaden können wollte.

> Die FSFE zeigt sich in vielen Punkten transparent, in einigen dann aber
> wieder verschlossen. Z.B. im aktuellen Fall der EU Copyright Directive
> wird behauptet, dass wir mit Vertretern in Brüssel gesprochen haben und
> Zusagen erhalten haben. Wer hat mit wem Gesprochen? Wann? Warum? In
> welchem Kontext? Was für Zusagen haben wir erhalten? 

Bei Verhandlungen wäre es oft unklug, wenn wir unsere Strategie und Taktik 
vorher veröffentlichen würden. Auch im Nachhinein geht das häufig nicht 
vollständig , da es einige Leute gibt, die sich erstmal vertraulich aufklären 
lassen wollen und andere welche die Meinungsbildung als Wettstreit ansehen 
und sich direkt gegen unser Vorgehen richten würden. Ein Beispiel für einen 
Grund ist, warum auch Journalistinnen ihre Quellen schützen: nur so lassen 
sich manchmal Hintergrundinformationen gewinnen oder geben.

> Unser Zweck muss aber die Aufklärung sein, was Freie
> Software ist, warum das Konzept entwickelt wurde 

Ja, ist ja so. :)

> und dass Freie Software immer die Freie Rede mitmeint.

Das ist leider nicht so, da Freie Software ja für jeden Zweck verwendet werden 
darf. Wenn wir das verschwiegen, dann klärten wir nicht richtig auf. >:)

Natürlich finden wir als FSFE die  Meinungsäußerungsfreiheit prima, weil wir 
ja nur so über unsere guten Argumente für Freie Software aufklären können. 
Gleichzeitig finden wir es gut, wenn Diskussionen und Meinungsbildung auch in 
geschützen Räumen stattfinden darf, was beispielsweise ein Teil der 
Versammlungsfreiheit darstellt.

Gruß,
Bernhard
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