Suffizienz in der Computer- und Internet-Nutzung

Erik Albers eal at fsfe.org
Mi Okt 10 13:42:57 UTC 2018


On 18.09.2018 10:03, Theo Schmidt wrote:
> Für mich sind Freie Software und die Idee des Internets schon ein Gegenpol
> dazu, da quasi-öffentlich. Seit Jahren gebe ich nichts mehr aus für
> Softwarelizenzen und kaufe auch keine Hardware mehr (da ich genügend, ja sogar
> viel zu viele Computer und Geräte im Abfall finde). Klar, dass das die
> Kapitalisten nicht freut, und sie sorgen dafür, dass die Nachfrage nach immer
> mehr neuen Produkten nicht abreisst. Sie müssen sich dabei nicht allzusehr
> bemühen, wegen der menschlichen Natur. Ich war in einer Gruppe, die versucht
> hatte, gebrauchte Hardware aufzubereiten und komplette Terminal Server - Thin
> Client Systeme (LTSP) an afrikanische Schulen (oder auch schweizerische
> Schulen) zu vermitteln. Das Interesse war jedoch zu gering, um das Projekt am
> Leben zu erhalten, populärer waren PCs mit Windows drauf, auch für absolute
> Anfänger. Die Marke ist heute wichtiger als der Inhalt.

Spannendes Thema, vielen Dank für die gute Diskussion.

Ich halte eine möglichst lange Verwendung von Hardware auch für essentiell für
eine anzustrebende digitale Nachhaltigkeit in unserer Gesellschaft. Allerdings
wird die Wiederverwendung alter Hardware mehr und mehr erschwert durch ständig
steigende Software-Anforderungen. Teilweise sind diese so abstrus, dass sie
nur schwer nachzuvollziehen sind. Für einen Einstieg in diese Abstrusität fand
ich diesen Artikel sehr erhellend: http://tonsky.me/blog/disenchantment/

Daraus zitiert:

	Windows 95 was 30Mb. Today we have web pages heavier than that!
	Windows 10 is 4Gb, which is 133 times as big. But is it 133 times as
	superior? I mean, functionally they are basically the same. Yes, we
	have Cortana, but I doubt it takes 3970 Mb. But whatever Windows 10
	is, is Android really 150% of that?
	
	Google keyboard app routinely eats 150 Mb. Is an app that draws 30
	keys on a screen really five times more complex than the whole Windows
	95? Google app, which is basically just a package for Google Web
	Search, is 350 Mb! Google Play Services, which I do not use (I don’t
	buy books, music or videos there)—300 Mb that just sit there and which
	I’m unable to delete.

Und genau hier kommen dann wieder die Vorteile Freier Software ins Spiel. Denn
bei unfreier Software entscheidet oft der Hersteller, wann ich ein upgrade
meiner Software durchzuführen habe, indem alte Versionen schlicht nicht länger
supported werden (zb upgrade von Windows 7 auf 10). Diese neuen Versionen
haben oft größere Ansprüche an Hardware und dem Verbraucher erscheint das alte
Gerät überholt oder das alte Gerät ist nicht fähig die neue Zwangssoftware
abzuspielen.

Bei Freier Software besteht hingegen üblicherweise kein update-Zwang, außerdem
kann Software modular installiert werden (Android, Windows etc kommen mit
einer riesigen implementierten Software-Umgebung, die ich nicht deinstallieren
kann, auch wenn ich nur 10% der Anwendungen nutze).

Diese Überlegungen führen mich (neben den bereits erwähnten Gedanken zu
kapitalistischer Verwertungslogiken, Psychologie etc) zu dem Gedanken, dass
eine möglichst lange Verwendung alter Hardware nur mit Freier Software möglich
ist.

Beste Grüße,
   Erik

-- 
No one shall ever be forced to use non-free software
Erik Albers | Communication & Community Coordinator | FSFE
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