Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

Dr. Michael Stehmann anwalt at rechtsanwalt-stehmann.de
Fr Sep 1 07:34:28 UTC 2017



Am 31.08.2017 um 15:56 schrieb WoRomey:

> 
> Da hat sich was  geändert. Früher (wenn der Senator erzählt) waren Ziel der 
> Allgemeinbildenden Schule Bildung und Mündigkeit und nicht Berufsvorbereitung. 

Da würde ich Dir widersprechen wollen.

"Leben" war historisch viel stärker "Berufsleben" als heute. Schulen
heißen nur deshalb "allgemeinbildend", weil diese Schulen nicht auf
einen speziellen Beruf vorbereiten (wie die "Berufsschulen"), sondern
die Kompetenzen vermitteln sollen, die in allen Berufen (der jeweiligen
"Stufe") tunlich sind. "Lernen" wurde noch nie als zweckfreier
Erkenntnisgewinn staatlich gefördert.

"Alternative" Schulen erhalten staatliche Förderung nicht, weil die
Kinder dort "glücklicher" sind, sondern nur dann, wenn sie bessere
"Ergebnisse" erzielen. Demgemäß werden Methoden, die dort entwickelt
worden sind, nur sehr selektiv in das staatliche Schulsystem übernommen.

Ein schönes Beispiel ist der Zweck der Einführung der allgemeinen
Schulpflicht in Preussen. Da ging es nicht um "Mündigkeit" (vor allem
nicht gegenüber "Thron und Altar"), sondern darum, die männlichen Kinder
aus Fabriken und Bergwerken fernzuhalten, weil dies die
Tauglichkeitsquote erheblich minderte. Hinsichtlich der Mädchen spielte
dann eher die Geburtenquote eine Rolle, die eben auch "strategische
Bedeutung" hatte.

Und "Mündigkeit" kann eben unschwer auch als Berufstauglichkeit
verstanden werden, denn vor allem der, der nicht in der Lage ist, einem
Erwerb nachzugehen, ist auf staatliche oder soziale Hilfe und
Unterstützung existentiell angewiesen.

Lehrer wollen auch nicht unbedingt mündige Schüler, denn die sind
anstrengender.

"Erziehung zur Mündigkeit" ist ein ziemlich altruistisches Ziel (aus
Sicht der Erziehenden), wobei man die dazugehörige geistige Verfassung
leider nicht (mehr) allgemein voraussetzen kann.

 Im Übrigen: Vertiefte Bildung und Mündigkeit sind auch die
> beste Vorbereitung auf die Berufstätigkeit.
> 
Diese Erkenntnis hat wohl aber noch nicht alle Arbeitgeber erreicht.

> 
> Es geht ja nicht nur um Freiheit. Es geht, wie Du ja auch weißt, auch um 
> Soziale Gerechtigkeit (Hallo Herr Schulz) und Gleichartigkeit der 
> Lebensverhältnisse, die man nur mit Freier Software fördern kann. Schule muß 
> daran aktiv arbeiten.
> 
<ironie>Wer will denn schon soziale Gerechtigkeit?</ironie>

Die herrschenden Kreise doch sicherlich nicht, denn dann müssten sie
teilen. Eltern auch nicht, denn sie wollen "nur das Beste" für _ihr_
Kind und da ist der "Mit-"Schüler nur ein Konkurrent.

"Soziale Gerechtigkeit" fordern nur die Marginalisierten, und die werden
nur beachtet, wenn sie entweder stören oder man ihre Unzufriedenheit
instrumentalisieren kann und will. Solidarität in einer
Leistungsgesellschaft, wo gesellschaftlich akzeptiert "fördern und
fordern" in einem Atemzug genannt werden, ist eine ziemlich romantische
Erwartung.

Aktivisten Freier Software sind sicherlich auch, jede(r) in einem
gewissen Maße, romantische Altruisten.

Konfrontiert mit einem Wirtschafts- und Gesellschaftsystem, das sich
auch in seinen "Bildungseinrichtungen" aktualisiert und welches eben
anders geartet ist, führt dies zu enormen Stress.

Wenn jetzt kein Widerspruch kommt ...

Gruß
Michael


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