Fragen zu Schuld und Scheitern

willi uebelherr willi.uebelherr at gmx.de
Do Okt 26 20:12:42 UTC 2017


Lieber florian,

wenn du schreibst:
"weil eben manche organisatorischen
Änderungen mit technischen Änderungen zusammengefallen sind und man die
Schuld bei den technischen Änderungen vermutet und sich jetzt zu der
guten alten Zeit mit Windows zurücksehnt oder aber es gibt noch andere
Gründe, die einfach nicht öffentlich genannt werden.  Wir werden das
wahrscheinlich nicht rausfinden.",

dann ist das falsch. Es gibt viele berichte aus den internen gruppen, 
die die bedingungen zum bewussten scheitern von LiMux beschreiben. Hier 
geht es doch nicht um Freie Software oder den Linux Kernel oder freie 
datenbanken oder freie GUIs.

Es geht um eine "monotone einfaltsloesung", damit sich die unfaehigen 
direktoren um nichts mehr kuemmern muessen. Es geht um spezifische 
orientierungen, wie "oeffentliche Strukturen" zu arbeiten haben. Die 
frage der qualitaet und langfristigen stabilitaet bei gegebener hohen 
flexibilitaet existiert in diesem umfeld nicht.

Das einzige, was wir als schlussfolgerungen daraus ziehen koennen, ist, 
dass die sogenannte "freie software community" keine 
entwicklergemeinschaft ist, sondern ein konsumerverband. Da geht es dann 
immer um individuelle nutzungsmoeglichkeiten, um das, was andere 
entstehen lassen, zu gebrauchen und seinen privaten vorteil daraus zu 
ziehen.

mit lieben gruessen, willi
Asuncion, Paraguay


Am 26/10/2017 um 14:08 schrieb Florian Snow:
> Hallo Michael,
> 
> 
> "Dr. Michael Stehmann" <anwalt at rechtsanwalt-stehmann.de> writes:
>> obwohl ich mich erinnere, dass es innerhalb der FSFE-Aktivisten einen
>> Konsens gab, dieses Argument tunlichst nicht zu verwenden. Es gibt
>> genügend bessere.
> 
> Ich stimme dir zu, dass dieses Argument nicht immer das erste und
> einzige Argument sein darf.  Aber die Kosten sind halt auch ein
> wichtiger Punkt, den man nicht komplett unerwähnt lassen darf.  So lange
> man aufpasst, dass man nicht in die Schiene rutscht Freie Software =
> kostenlos oder Freie Software = gut, weil kostenlos, sehe ich hier kein
> Problem, so lange man die anderen guten Argumente auch erwähnt, auf die
> du zu Recht hier verweist.
> 
> 
>> Die Frage ist aber: Wäre der Umstand, dass dieses Argument von manchen
>> Menschen, die man zur Freien-Software-Gemeinschaft zählen kann,
>> verwendet wurde, "schuld" am "Scheitern" von Limux, wenn man ein
>> "Scheitern" konstatieren müsste?
> 
> So wie ich das sehe vermuten wir hier alle nur.  Es werden natürlich
> nach außen hin immer technische Probleme angeführt, von denen wir
> wissen, dass zumindest für viele schlicht nicht Freie Software
> verantwortlich ist.  Also entweder lässt sich die Führung der Stadt
> München hier von Gefühlen leiten, weil eben manche organisatorischen
> Änderungen mit technischen Änderungen zusammengefallen sind und man die
> Schuld bei den technischen Änderungen vermutet und sich jetzt zu der
> guten alten Zeit mit Windows zurücksehnt oder aber es gibt noch andere
> Gründe, die einfach nicht öffentlich genannt werden.  Wir werden das
> wahrscheinlich nicht rausfinden.
> 
> 
>> Oder liefert das "selbstkritische Schuldbekenntnis" nicht denen einen
>> allzu billigen Vorwand und wohlfeile Schutzbehauptungen, die vorhaben,
>> Limux "einzustampfen"?
> 
> Klar, das könnte passieren.  Aber sollten wir uns nicht trotzdem damit
> auseinandersetzen, ob man Dinge besser machen kann?  Gerade in
> Situationen wie jetzt in München, wo der Ausstieg von Freier Software in
> die Wege geleitet ist, muss man doch überlegen, warum das so ist.  Und
> dabei muss man auch selbstkritisch sein.  Das sind ja erst mal offene
> Fragen, die man beantworten muss.
> 
> Aber selbst wenn man zu dem Schluss kommt, dass man sich zu sehr auf
> Kostenargumente konzentriert hat, sehe ich nicht, dass das hier eine
> Ausrede bietet.  Das Argument, dass man durch Freie Software keine
> Kosten spart, kommt so und so.  Aber die anderen Argumente, die wir auch
> angeführt haben für Freie Software, bleiben weiterhin wahr.  Ich sehe
> also nicht wie die Fragestellung die Situation verschlechter.  Zumal in
> München ja offenbar ohnehin schon alles gelaufen ist.
> 
> Happy hacking!
> Florian
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