Fragen zu Schuld und Scheitern

Christian Imhorst christian.imhorst at gmail.com
Do Okt 26 17:28:08 UTC 2017


Hallo zusammen,

ok, um die Fragen zu beantworten:


> 1. Welchen Inhalt soll der Begriff "Scheitern" im Zusammenhang mit Limux
> haben?
>

Anders gefragt: War Limux ein Misserfolg? Nein, der Client wurde auf
mehrere tausend Rechner ausgerollt und hat funktioniert.
Hat die Free Software Community bei Limux versagt? Nein. IT-Entscheidungen
von Gemeinden und Firmen hängen leider nicht von der Community ab und
liegen außerhalb ihres Einflussbereichs.

Taugen IT-Entscheidungen von großen Gemeinden oder Unternehmen als
Leuchtturm-Projekte für Freie Software? Nein, denn solche Entscheidungen
sind in der Regel nicht von Dauer und hängen von vielen anderen Faktoren
ab, als dass der Quellcode offen oder frei ist.


> 2. Warum gibt es im Zusammenhang mit Limux eine "Schuld"-Frage zu klären?
>

Gibt es nicht. Aber man kann sich als FSFE fragen, was solche Projekte als
Aushängeschilder für Freie Software taugen? Sie taugen nur solange, bis die
Entscheidung zu Gunsten etwas anderem fällt, worauf die Community nur wenig
bis gar keinen Einfluss hat. Genauso wenig ist Android ein
Leuchtturmprojekt für Linux, weil Google sich für einen anderen Kernel
entscheiden wird, wenn das für sie als die bessere Strategie erscheint.


> 3. Werden in diesem Zusammenhang von Matthias tatsächlich die
> "richtigen" Fragen aufgeworfen?
>

Ja, denn er schließt den Bogen zu PMPC, ein richtiger und guter Ansatz,
Freie Software zu unterstützen und zu verbreiten und zu kleineren Apps und
Projekten wie FixMyStreet. In der Limux-Diskussion wurde häufig gesagt,
dass ratzalte Fachanwendungen nicht auf Linux funktionieren. Also sollten
wir dafür sorgen, dass es moderne Anwendungen tun und dass die alten
Fachanwendungen durch moderne freie Anwendungen abgelöst werden.


> 4. Ist eine zeithistorische Analyse, die mit der Feststellung des
> Scheitern beginnt und die Schuldfrage aufwirft, wirklich geeignet,
> Lehren für die Zukunft zu generieren? Muss zu diesem Zwecke eine
> Reflektion nicht wesentlich differenzierter angelegt werden?
>

Ja, warum sollten aus der Analyse keine Lehren für die Zukunft gezogen
werden. Was soll das verhindern? Ich kenne die Diskussion innerhalb der
FSFE nicht so gut, aber als einfacher Fellow finde ich die Lehren die
bislang gezogen wurden gut und richtig: Freie Apps und moderne Techniken
darin unterstützen, dass sie Freie Software werden, politisch darauf
hinarbeiten, dass Ausschreibungen der öffentlichen Hand Freie Software
werden muss. Warum die Reflexion differenzierter erfolgen müsste,
erschließt sich mir nicht.


> 5. Wie wirkt das Verdikt des Präsidenten der Free Software Foundation
> Europe auf die Menschen, die sich für Limux eingesetzt und an diesem
> Projekt mitgearbeitet haben?
>

Welches Verdikt? Die Frage des Vortrags war "Schaden wir uns mit
ehrenamtlicher Arbeit?" Und die Antwort im Vortrag ist Nein, tun wir nicht.
Schaden wir uns, wenn wir den Erfolg von Freier Software zu sehr von
Leuchturmprojekten abhängig machen? Ja, das tun wir. Deshalb ändert der
FSFE jetzt seine Kampagnen-Strategie.


> 6. Wurde Matthias von der Presse zumindest gründlich missverstanden?
>

Das kann passieren. Darauf, wie man von wem verstanden wird, hat man leider
auch nicht soviel Einfluss, wie man vielleicht gerne hätte. Eventuell habe
ja auch ich den Vortrag missverstanden und interpretiere da rein, was mir
passt, und nicht das, was gesagt wurde. ;-)

Viele Grüße
Christian
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