Re: Wann ist es legitim, die vier Freiheiten einzuschränken?

Wolfgang Romey woro at wolfgangromey.de
Di Mär 28 19:01:49 UTC 2017


Ich habe nicht danach gefragt, wann es ethisch ist, sondern danach, wann
es legitim ist. Oder ist da kein Unterschied? Ich bitte um Erläuterung.

Wie sieht es denn aus, wenn die Software Geschäfts- oder private
Geheimnisse enthält?

Wolfgang

Am 28.03.2017 um 20:11 schrieb Dr. Michael Stehmann:
> Am 28.03.2017 um 19:36 schrieb Wolfgang Romey:
>> Auf meinem blog habe ich einen Beitrag mit dem Titel "Die vier (fünf)
>> Freiheiten - Nur ausgedacht?" verfasst, der hier
>>
>> http://blogs.fsfe.org/wromey/2017/03/28/die-vier-funf-freiheiten-nur-ausgedacht/
>>
>> zu finden ist.
>>
>> Dabei ist für mich die Frage entstanden, wann es legitim ist die vier
>> Freiheiten einzuschränken. Ob das legal ist, regelt ja die jeweilige Lizenz.
>>
>> Legal ist es, Autos zu fahren, die die Umwelt extrem verschmutzen,
>> legitim ist das für mich nicht. Genauso legal ist es, einen
>> Smartphone-Vertrag abzuschließen, bei dem man jedes Jahr ein neues Gerät
>> bekommt und so aktiv zur Zerstörung der Umwelt beiträgt, legitim ist
>> auch das für mich nicht.
>>
>> Legal ist es auch Software zu verkaufen, bei denen die vier Freiheiten
>> nicht gewährt werden. Ist das auch legitim?
>>
>> Ich denke ja. Da niemand gezwungen wird, eine bestimmte Software zu
>> kaufen, ist es für mich legitim, wenn jemand versucht, durch
>> Beschränkung der Freiheiten Geld zu verdienen. Eine Grenze wird für mich
>> erst überschritten, wenn durch unlautere Maßnahmen andere Anbieter
>> behindert werden oder durch FUD die Nutzer verunsichert werden.
>> Illegitim ist es für mich insbesondere, wenn durch die Verwendung
>> geheimer Formate die Nutzer daran gehindert werden, auf andere Software
>> zu wechseln. Das hat Züge von Erpressung. Hinzu kommt in diesem Fall
>> noch, daß die Gefahr besteht, daß die Nutzer ihre Daten verlieren, wenn
>> der Anbieter der Software nicht mehr existiert.
>>
> 
> Freie Software hat viele Aspekte aber einer der wichtigsten ist der
> ethische.
> 
> Kurz gesagt: Proprietäre Software ist unethisch.
> 
> Es ist nicht ethisch, wenn durch entsprechende Lizenzbedingungen
> verhindert wird, dass jemand seinem Nachbarn helfen kann, denn dies
> zerstört soziales Zusammenleben, worauf der Mensch als soziales Wesen
> aber existentiell angewiesen ist.
> 
> Es ist unethisch, jemanden das Wissen vorzuenthalten, dass er durch das
> Studium des Quellcodes gewinnen kann. Als soziales Kulturwesen ist der
> Mensch auf die Tradierung von Wissen und Erfahrung angewiesen.
> 
> Ebenso unethisch ist es, ihm die Nutzung für jeden Zweck vorzuenthalten,
> denn die Durchsetzung dieser Lizenzbedingungen erfordert Kontrolle,
> demonstriert Misstrauen, schafft Verunsicherung und greift tief in den
> Bereich des anderen ein (Audit).
> 
> Ebenso wenig ist es ethisch, die Daten des anderen "in Geiselhaft" zu
> nehmen, wie Du richtig erkannt hast.
> 
> Auch ein Verbot der Änderung der Software schränkt dessen Rechte und
> Souveränität entschieden ein.
> 
> Insgesamt wird durch die proprietären Lizenzbedingungen ein
> Herrschaftsverhältnis konstituiert und eine Abhängigkeit und
> Ungleichheit gefördert, die einem demokratischen Gemeinwesen abträglich ist.
> 
> Daher ist proprietäre Software unethisch.
> 
> Natürlich kann man jeden dieser Gedanken noch weiter vertiefen und
> zusätzliche Aspekte hinzufügen. Auch wenn seine Didaktik manchmal
> fragwürdig sein mag, ist RMS gerade in dieser Frage ein wichtiger Vordenker.
> 
> Gruß
> Michael
> 
> 
> 
> 
> 
> 
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