Re: Wann ist es legitim, die vier Freiheiten einzuschränken?

willi uebelherr willi.uebelherr at gmx.de
Di Mär 28 18:32:06 UTC 2017


Lieber Michael,

eine sehr gute darlegung. Aber wer ist RMS mit seinen didaktischen 
fragwuerdigkeiten?

mit lieben gruessen, willi
z.zt. Asuncion, Paraguay


On 28/3/2017 15:11, Dr. Michael Stehmann wrote:
> Am 28.03.2017 um 19:36 schrieb Wolfgang Romey:
>> Auf meinem blog habe ich einen Beitrag mit dem Titel "Die vier (fünf)
>> Freiheiten - Nur ausgedacht?" verfasst, der hier
>>
>> http://blogs.fsfe.org/wromey/2017/03/28/die-vier-funf-freiheiten-nur-ausgedacht/
>>
>> zu finden ist.
>>
>> Dabei ist für mich die Frage entstanden, wann es legitim ist die vier
>> Freiheiten einzuschränken. Ob das legal ist, regelt ja die jeweilige Lizenz.
>>
>> Legal ist es, Autos zu fahren, die die Umwelt extrem verschmutzen,
>> legitim ist das für mich nicht. Genauso legal ist es, einen
>> Smartphone-Vertrag abzuschließen, bei dem man jedes Jahr ein neues Gerät
>> bekommt und so aktiv zur Zerstörung der Umwelt beiträgt, legitim ist
>> auch das für mich nicht.
>>
>> Legal ist es auch Software zu verkaufen, bei denen die vier Freiheiten
>> nicht gewährt werden. Ist das auch legitim?
>>
>> Ich denke ja. Da niemand gezwungen wird, eine bestimmte Software zu
>> kaufen, ist es für mich legitim, wenn jemand versucht, durch
>> Beschränkung der Freiheiten Geld zu verdienen. Eine Grenze wird für mich
>> erst überschritten, wenn durch unlautere Maßnahmen andere Anbieter
>> behindert werden oder durch FUD die Nutzer verunsichert werden.
>> Illegitim ist es für mich insbesondere, wenn durch die Verwendung
>> geheimer Formate die Nutzer daran gehindert werden, auf andere Software
>> zu wechseln. Das hat Züge von Erpressung. Hinzu kommt in diesem Fall
>> noch, daß die Gefahr besteht, daß die Nutzer ihre Daten verlieren, wenn
>> der Anbieter der Software nicht mehr existiert.
>>
>
> Freie Software hat viele Aspekte aber einer der wichtigsten ist der
> ethische.
>
> Kurz gesagt: Proprietäre Software ist unethisch.
>
> Es ist nicht ethisch, wenn durch entsprechende Lizenzbedingungen
> verhindert wird, dass jemand seinem Nachbarn helfen kann, denn dies
> zerstört soziales Zusammenleben, worauf der Mensch als soziales Wesen
> aber existentiell angewiesen ist.
>
> Es ist unethisch, jemanden das Wissen vorzuenthalten, dass er durch das
> Studium des Quellcodes gewinnen kann. Als soziales Kulturwesen ist der
> Mensch auf die Tradierung von Wissen und Erfahrung angewiesen.
>
> Ebenso unethisch ist es, ihm die Nutzung für jeden Zweck vorzuenthalten,
> denn die Durchsetzung dieser Lizenzbedingungen erfordert Kontrolle,
> demonstriert Misstrauen, schafft Verunsicherung und greift tief in den
> Bereich des anderen ein (Audit).
>
> Ebenso wenig ist es ethisch, die Daten des anderen "in Geiselhaft" zu
> nehmen, wie Du richtig erkannt hast.
>
> Auch ein Verbot der Änderung der Software schränkt dessen Rechte und
> Souveränität entschieden ein.
>
> Insgesamt wird durch die proprietären Lizenzbedingungen ein
> Herrschaftsverhältnis konstituiert und eine Abhängigkeit und
> Ungleichheit gefördert, die einem demokratischen Gemeinwesen abträglich ist.
>
> Daher ist proprietäre Software unethisch.
>
> Natürlich kann man jeden dieser Gedanken noch weiter vertiefen und
> zusätzliche Aspekte hinzufügen. Auch wenn seine Didaktik manchmal
> fragwürdig sein mag, ist RMS gerade in dieser Frage ein wichtiger Vordenker.
>
> Gruß
> Michael
>




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