Kritisches zur Entwicklung von Open Source am Beispiel von GitHub

willi uebelherr willi.uebelherr at gmx.de
Mo Jun 12 20:59:41 UTC 2017


Liebe freunde der FSF-de,
diesen beitrag aus unserem kreis gebe ich euch einfach zur information 
weiter. Die letzte antwort von Peter Frey habe ich am ende mit angehaengt.
mit lieben gruessen, willi


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Betreff: Re: Open Source im Fokus von Macht und Gier
Datum: Mon, 12 Jun 2017 16:52:23 -0400
Von: willi uebelherr <willi.uebelherr at gmx.de>

Lieber Peter und Jens,
in dieser diskussion lasse ich eure adressen immer eingebunden. Und ich 
bin schon sehr gespannt, was Peter hervorschuerft. Er ist ja nicht nur 
ein theoretiker, beobachter, sondern auch ein praktiker. Da entsteht der 
klare zugang.

Lieber Wolfgang und Norman,
ich habe eure adressen mit ihm CC ingebunden, weil es mir im text fuer 
notwendig erschien. Ich habe es auch dort erklaert.

Dieser kreis ist eine versammlung von freien DenkerInnen. Das thema ist 
"Wie wollen wir leben" oder "Wie koennen/koennten wir leben". Es geht 
also darum, die "Zukunft zu denken", wie wir es von Robert Jungk schon 
lange kennen. Den Zukunftswerkstaetten. Entstanden vor vielen jahren aus 
der Attac-de, die sich "Anti-Beton-Fraktion" nannte.

Lieber Detlev, liebe freunde,

du beschreibst es richtig:
"... reicht es nicht, alle paar Tage eine noch perfektere Abwehr zu 
errichten. Es bestätigt sich sonst Kaczynskis These, daß die Systemlogik 
technisch komplexer Systeme die Gesellschaft letztlich in 
antifreiheitliche, totalitäre Strukturen zwingt."

Einer meiner wesentlichen differenzen mit den "experten" in IGF 
(Internet Governance), ISOC (Internet Society) mit IETF und IRTF, mit 
NetMunial (Brasilien), den NICs war, dass sie alle so reagieren und so 
denken, ohne das potential der technischen methoden fuer all das 
geschehen in frage stellen zu wollen.

Mit der entstehung der offenen telekommunikation nach den 60er/70er 
jahren gab es eine klare ausrichtung durch die staatlichen behoerden der 
USA, Emgland und Frankreich: Dieses transportsystem muss in privaten 
haenden liegen. Deswegen wurde Jonathan Postel so gehasst.

Einige der wesentlichen technischen konsequenzen: Die telekommunikation 
wird in verschiedene private sphaeren aufgesplittet mit den AS (Autonome 
Systeme) als grundlage fuer private ISPs (Internet Service Provider), 
die Virtualisierung der globalen IP adressen und zentralisierung des DNS 
(Domain Name System), die strenge Stern-Struktur in ASes und den 
datenzentren und die erhaltung der trennung verschiedener formen der 
telekommunikation wie TV, Radio, Web und text-kommunikation.

Das, was wir mit strassen und wegen kennen, sollte in der 
telekommunikation nicht stattfinden. Die telekommunikation war von 
anfang an gedacht als eine gewaltige geldfluss generierungsmaschine, 
aufgebaut auf den realen beduerfnissen der menschen zur telekommunikation.

Dieses war eng verknuepft mit dem ziel, in der lage zu sein, alle 
datenfluesse ueberwachen zu koennen, ein selbstaendiges bild ueber das 
denken und tun der vielen menschen zu gewinnen, auch um das sogenannte 
"Markt geschehen" handhaben zu koennen.

Aber mit dieser technischen strukturierung wird der anonymen und 
heimlichen aktion tuer und tor geoeffnet. Die reaktionen vieler in bezug 
auf "Privatspaere und Anonymitaet", technisch ein voelliger unsinn, half 
da mit und wurde auch gezielt gefoerdert. Das habe ich selbst in den 
kreisen der aktiven wie CCC (Hamburg), FreiFunk, Freie Software und 
dergleichen erlebt.

Ich denke, das hat viel mit dem unverstaendnis zu tun, was auch bei den 
aktiven zur telekommunikation vorhanden ist. Also wie eigentlich 
telekommunikation funktioniert, wenn wir mal die ganzen nebelwolken 
wegschieben. www.Netzpolitik.org ist ein gutes beispiel. Dass ich dort 
gesperrt bin als autor und kommentator, liegt ja nahe.

Zunaechst: Jeder host, Client oder Server, egal welcher, existiert real 
an einem geografischen ort. Da koennen wir virtualisieren, soviel wir 
wollen. Pakete wandern von einem host zu einem andern. Also von einem 
geografischen ort zum anderen. An dieser physikalischen grundbedingung 
kann sich niemand vorbei schleichen.

Deswegen werden zur navigation der pakete, ruhend auf den IP adressen, 
immer geografische informationen gebraucht. Cisco, der wichtigste 
lieferant fuer router (paketfluss gestalter) und Gateways (uebergang 
zwischen verschiedenen transportsystemen) hat deshalb ein eigenes 
routingprotocoll eingesetzt, in dem die virtuellen adressen auf 
geografische orte und raeume abgebildet werden.

Heute laufen die pakete von zentrum zu zentrum in sternstrukturen, auch 
wenn der zielpunkt direkt neben deinem haus steht. Das fuehrt dazu, dass 
pakete oft ueber den halben planeten geschickt werden, um dann wieder 
zurueckzukommen.

Mit diesen methoden ist es moeglich fuer die geheimdienste der USA und 
England, an wenigen punkten den gesamten datenfluss erreichen zu koennen.

Mit der systematischen konstruktion von kostenfaktoren konnten die 
server installationen regional und global zentralisiert werden. So war 
das entstehen von Google und Facebook, die Cloud Server konzentrationen 
von Amazon, Google, Microsoft und Rackspace und anderen, aber auch 
GitHub, GitLab und aehnliches moeglich.

Durch die systematische private ausrichtung wurde auch das moeglich, 
wovon Peter spricht. Dass investmentfonds dort agieren koennen.

Ich weisse immer daraufhin, dass die grundlage dafuer wenige technische 
konzepte sind, die aus politisch/sozial/philosphischen grundannahmen 
resultieren.

Wenn wir diese strenge kaskade von ursachen und wirkungen nicht sehen 
wollen, haben wir in diesem bereich keine chance. Dann entstehen die 
illusionen und pseudo erklaerungen.

Diese apparative struktur hat eine vielzahl von 
beschaeftigungsmoeglichkeiten erzeugt, die aber fuer die 
telekommunikation voellig ueberfluessig sind. Das ist der grund, warum 
ich bei NetMundial, bei IGF und ISOC auf solchen widerstand stosse. Die 
meisten von ihnen brauchen diese jobs, leben von dem unsinn, und 
beginnen dann, wilde konstruktionsblasen entstehen zu lassen.

Das erste was kam, war, dass meine betrachtung, dass das Internet nur 
ein tranportsystem fuer digitale daten in packetform ist, damit 
zurueckgewiesen wurde, dass da 400 und mehr protokolle definiert sind, 
vom Client ueber die server zu den andern Clients, ueber die routing 
knoten, bis zu den zentralen service und applikations diensten, die 
allesamt das Internet bilden. Eine gigantische nebelwolke.

Das zweite bezog sich auf die geografisch definierte IP adresse. Der 
provokationspunkt war, dass ich sehr einfach darlegte, dass wir all die 
vielen instutionen wie IANA, ICANN, NICS, damit auch teile von ISOC, 
nicht brauchen, weil sie ueberfluessig sind. Das war natuerlich der 
horror pur.

Ich habe Wolfgang Kleinwaechter mit im CC einbezogen. So kann er 
mitlesen und vielleicht agieren. Er ist selbst noch nicht klar und 
agiert so dazwischen. Aber er versteht sehr gut, wovon ich spreche.

Wir muessen uns entscheiden. Brauchen wir die telekommunikation als 
geschaeftsfeld/Job oder zur kommunikation ueber geografische und 
zeitliche distanzen. Wenn wir die generierung von geldfluessen in den 
vordergrund schieben, ist diese absurditaet durchaus sinnvoll.

Stellen wir die telekommunikation fuer die menschen im globalen in den 
vordergrund, dann haben diese absurden konstruktionen keinen platz.

Aber wer soll denn das tun, wenn der groesste teil der menschen sich 
damit nicht beschaeftigen wollen? Und sie keine kriterien dafuer haben, 
an wen sie diese aufgabe delegieren koennen?

Waehlen wir die politischen profi-schwaetzer und die existierenden 
privaten und staatlichen instanzen dafuer aus, dann machen wir die 
Boecke zu den Gaertnern.

Wolfgang hat zusammen mit Vint Cerf und William Drake einen text 
verfasst im auftrag des WEF (World Economy Forums). Hat mich ja auch 
gewundert.

Internet fragmentierung
http://www3.weforum.org/docs/WEF_FII_Internet_Fragmentation_An_Overview_2016.pdf

Da gibt es eine ganz klare positive bestimmung. Ich verwende jetzt meine 
freie uebersetzung:
"Jedes Geraet am Netz muss in der lage sein, mit jedem anderen Geraet am 
Netz Daten auszutauschen, wenn beide es wollen."

Dass sollten wir ernst nehmen. Und weil alle geraete an einem 
geografischen ort existieren, muss eine transportstruktur entstehen, die 
den weg von einem ort direkt zu einem anderen ort ermoeglicht. Und das 
geht nur mit der netzstruktur, wo jeder knoten sich mit seinen 
nachbarknoten verbindet. Weil das aber in der telekommunikation nicht 
existiert, gibt es heute auch kein Internet.

Gemaess meiner klaren philosophischen grundlage, wo alle gesellschaften 
aus verteilten lokalen gemeinschaften bestehen. werden die lokalen 
gemeinschaften zu den konstituierenden elementen in diesem netz der 
netze. Das sind die lokalen netzwerke, deren verbindung das InterNet 
ist. Und alles, was digital transportiert werden kann, wird damit 
transportiert. Text, Sprache und Grafik (video ist die sequenz von grafik).

Damit sind wir dann bei dem, was wir von den strassen und wegen kennen.

Wir sollten uns im klaren sein, dass technisch kein unterschied von 
Client und Server existiert. Jeder Client kann auch als Server agieren. 
Das problem heute ist die kuenstliche, nicht technisch notwendige, 
asymetrie in den transport kapazitaeten fur "Download" und "Upload", 
also herunter und hinauf. Aber mit einer symetrie wuerden alle kraefte 
und zwaenge entfallen, zentrale server installationen zu verwenden, weil 
jede person in seinem haus einen server installieren koennte oder 
zusammen in der strasse oder in der gemeinde.

Inzwischen habe ich die allgemeine, abstrakte diskussion ausreichend 
forciert. Heute konzentriere ich mich darauf, dass wir unsere eigene 
technologie fuer die telekommunikation auf die beine stellen. Das ist 
dann das globale netzwerk fuer freie technologie auf der basis: "global 
denken, lokal handeln" und "Wissen ist immer Welterbe".

Deswegen habe ich auch Norman Schwirz aus Dresden von der TU mit im CC 
eingebunden aus der gruppe "Freie Software, freies Wissen an der TU 
dresden".

In dresden gibt es ein Institut fuer Hochfrequenztechnologie. Das waere 
ja der richtige ansatzpunkt.

Ich bin ueberzeugt, dass wenn wir die technischen grundlagen und 
materialisationen fuer die telekommunikation entstehen lassen, um ein 
solch hoch verbundenes netz zu errichten, auf der basis der 
telko-arbeitsgruppen in jedem dorf und jeder stadt, der gemeinschaft 
verpflichtet, dann sind wir auch in der lage, uns von all diesem irrsinn 
und buerokratisch/duemmlichen instanzen abzuloesen. Wir machen sie 
einfach ueberfluessig.

Die alternative ist nicht, den ganzen planeten aufzubuddeln, um dort 
kabel (kupfer/faser) zu verlegen. Die alternative sind echte 
punkt-zu-punkt verbindungen mit richtfunk, ohne den kosmos mit energie 
voll zu blasen, so wie es heute mit der transversalwellen basierenden 
dipol-technik von Heinrich Hertz passiert. In den gemeinden, auf 
plaetzen und strassen, ist es mit geringster energie fuer mobile geraete 
mit segmentantennen moeglich.

Lieber Detlev, ich habe viel um deine frage herumgeredet. Aber mir 
schien, dass es notwendig ist. Eine technische vordefinition, die von 
vorneherein "geheime und anonyme" prozesse den raum eroeffnet, ist fuer 
alles zu verwenden, was eine solche "geheime und anonyme" aktion 
notwendig macht. Das finden wir jetzt streng formuliert von Theresa May 
in England. Ich habe den link zum text von Wolfgang hier verteilt.

Das "geheime und anonyme" gilt nur fuer uns. Fuer die zentralen 
instanzen ist nichts geheim und nichts anonym. Jeder, der in der 
telekommunikation von "anonymer Privatheit" redet, ist entweder ein 
dummkopf oder ein luegner.

mit lieben gruessen, willi
Asuncion, Paraguay


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Betreff: Re: Open Source im Fokus von Macht und Gier
Datum: Mon, 12 Jun 2017 09:53:21 +0200
Von: Detlev Matthias Daniel <D.M.Daniel at web.de>

Lieber Willi,

ich muß eingestehen, daß ich in diesen Themen fachlich nicht 
durchsteige. Aber wenn die Perspektiven elektronischer 
Kommunikationsnetzwerke diskutiert werden, wüßte ich gerne, ob einer der 
"Experten" einen Ausblick darauf geben kann, wie sich die speziellen 
Machtkämpfe im Netz künftig auflösen könnten. Insbesondere die 
Möglichkeiten der physischen Einflußnahme (das ganze Thema Viren, 
Malware, Hacking, Kontrollübernahme und Sabotage) erzeugen eine 
Systemlogik, die in der Konsequenz einer offenen, vertrauensvollen 
Kommunikation und Zusammenarbeit entgegensteht.

Ich denke, wenn solche offenen Kommunikationsnetze eine wichtige Rolle 
bei der Transformation zu einer nicht mehr machtbasierten Gesellschaft 
spielen sollen, reicht es nicht, alle paar Tage eine noch perfektere 
Abwehr zu errichten. Es bestätigt sich sonst Kaczynskis These, daß die 
Systemlogik technisch komplexer Systeme die Gesellschaft letztlich in 
antifreiheitliche, totalitäre Strukturen zwingt.

Gruß
Detlev


-------- Weitergeleitete Nachricht --------
Betreff: Re: Open Source im Fokus von Macht und Gier
Datum: Mon, 12 Jun 2017 09:38:59 +0200
Von: Ped <peter.frey at peds-ansichten.de>

Liebe Interessenten,

da ich im Arbeitsleben stehe, kann ich leider nicht so umgehend auf Eure 
Gedanken eingehen. Ich werde in dieser Woche einen Artikel zu 
Investmentfonds entwickeln (bzw. neu aufarbeiten) und beim Rubikon zur 
Veröffentlichung anbieten.

Worauf ich aber schon im vorab hinweisen möchte:
Ich sehe keine im Dunkeln arbeitenden Geheimbünde, die uns über das 
Finanzsystem unterwerfen wollen!
Was bei Investmentfonds u. allem was da drum drum geschieht, abgebildet 
wird, ist unser Alltag.
Nur ein Ansatz zum Nachdenken: Man schätzt, dass die Hälfte aller in den 
versch. Arten von Investmentfonds getätigten Gelder von instutionellen - 
und Großanlegern (Einzelpersonen) und die andere Hälfte von 
Kleinanlegern kommen; Menschen wie Du und ich. Das sind schätzungsweise 
jeweils 20 Billionen US-$ - Tendenz steigend.
Kleinanleger sind gleichzeitig Konsumenten und diese Dualität gehört eng 
zusammen, weil sie auf ein und dasselbe Verhaltensmuster verweist. Und 
nur deshalb gibt es überhaupt noch Wirtschaftswachstum, in dem heute die 
Fonds eine überragende Rolle spielen. WEIL WIR ES SO WOLLEN, ABER BEI 
UNS NICHT SUCHEN.

Diese Art von Geldverdienen ist gesellschaftlich akzeptiert und wird 
jeden Tag aufs Neue kultiviert. Und es ist nicht immer das System als 
Teil des Gesamtsystems erkennbar. Schauen Sie auf die Rentenfonds, die 
den Lebensabend sichern sollen. Dass sich dahinter ein System der 
Ausbeutung verbirgt, wer ergreift das in unserer Gesellschaft tatsächlich?

Das lässt sich bereits daran erkennen, dass jeden Tag, die wichtigste 
deutsche Nachrichtensendung, nämlich die 20:15Uhr tagesschau vor dem 
Wetter was bringt?
Was die Vergangenheit aber auch gelehrt hat: OpenSource erfindet sich 
immer wieder neu - und das ist für mich eben der beste Beweis, dass wir 
keine Wesen nach dem Bild des homo oeconomicus sind.

Wie gesagt die Bitte um etwas Geduld; ich freue mich ansonsten sehr über 
diese lebendige Diskussion!

Herzliche Grüße an alle von Peter Frey aus Dresden





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