Kritisches zur Entwicklung von Open Source am Beispiel von GitHub

willi uebelherr willi.uebelherr at gmx.de
So Jun 11 23:02:24 UTC 2017


Liebe freunde,

Peter Frey, der autor des artikels "Open Source im Fokus von Macht und 
Gier" in Rubikon,
https://www.rubikon.news/artikel/open-source-im-fokus-von-macht-und-gier
ist durch vermittlung von Jens Wernicke von der redaktion Rubikon 
www.rubikon.news in unserem diskurs-kreis zu dieser diskussion 
eingebunden. Seine letzte antwort mit weiteren hinweisen gebe ich 
einfach mal so weiter.

Er ist ja nicht mitglied dieser liste und ich habe ihm und allen in 
unserem kreis deswegen die links zur info-page und zum archiv von FSFde 
gesendet. So koennen sie mitlesen. Unser kreis ist noch nicht soweit, 
dass auch ein oeffentliches archiv existiert.

Zentral in unserem kreis sind die perspektiven. Das ist ja auch in dem 
artikel von Peter nicht angesprochen. Es ist eine kritische analyse des 
ist-zustands. In unserem kreis beschaeftigen wir uns um den 
"soll-zustand" auf der grundlage der frage, "Wie wollen wir leben" oder 
"Wie koennen/koennten wir leben".

Das ist ja freie technologie, und damit Open Source, ein wesentlicher 
bestandteil. Es macht mich traurig, dass in diesem umfeld der FSF-de der 
vorschlag von Michael so wenig ernst genommen wird.

Fabian hat ja voellig zurecht auf "nicht leisten koennen" die antwort 
"oder nicht leisten wollen" gegeben. Weil das ist fuer mich der 
wesentliche grund. Wenn wir wollen, dann beginnen wir, unsere 
vorstellungen zu entwickeln, was wir brauchen. Und dann beginnen wir 
damit, nach den wegen zu suchen, wie wir unsere vorstellungen in die 
wirklichkeit transportieren koennen.

Ich habe auf Michael mit dem OSDN "Open Source Developer network" 
geantwortet. Es ist ein netzwerk von knoten. Die knoten sind die lokalen 
einheiten. Es koennen auch thematische einheiten sein, die sich dann 
irgendwie lokalisieren.

Hier nochmal der kurze beitrag von Michael:
"Ein eigenes "soziales Netzwerk" für Entwickler Freier Software 
schaffen, weit verteilt und hoch redundant? Mit all' den nützlichen 
Features?"

Er betont "weit verteilt" und "hoch redundant".

In unserer diskussion in unserem kreis formuliere ich oft unsere 
prinzipien der entwicklung:
massiv dezentral, massiv parallel, massiv redundant

Das ist ja sehr aehnlich wie das, was Michael vorschlaegt. Fuer mich 
fuehrt das zum globalen netzwerk der freien technologie auf den 
grundlagen: "Global denken, lokal handeln" und "Wissen ist immer Welterbe".

Wie jedes netz, eine rekursive struktur, wo sich jeder knoten mit seinen 
nachbarknoten verbindet, so ruht auch das netz der freien technologie, 
oder das OSDN, oder "soziales Netzwerk für Entwickler Freier Software" 
immer auf autonomen einzelnen knoten. Die redundanz entsteht durch 
parallele dezentrale aktivitaeten, die sich ueber die verbindungen 
gegenseitig verstaerken.

Zentrale strukturen lassen diese kraft nicht entstehen und wirken 
blockierend auf die entfaltung der eigenkraefte.

Dass heute so viele menschen sich dieser zentralen instanzen bedienen, 
liegt am mangel an lokalen ressourcen. Das ist aber nicht zufaellig 
entstanden, sondern ergebnis massiver einwirkung von jenen, die bei 
einer dezentralisierung ihren einfluss verlieren.

An diesen lokalen ressourcen muessen wir ansetzen. Ich nenne es die 
"Community Server Spaces". Norman Schwirz aus Dresden hat es ja deutlich 
angesprochen:
"Richtig Klasse fände ich es, wenn öffentliche Einrichtungen und Vereine 
wie Bibliotheken, Fablabs, Makerspaces, RepairCafees, (Berufs-)Schulen 
etc. solche Plattformen dezentral hosten und Betreiben würden."

Freie Software, Freies Wissen ist natuerlich grossartig. Damit existiert 
schon ein wichtiger knoten in Dresden. Den text von Norman Schwirz habe 
ich fuer die nicht-mitglieder der liste angehaengt.

Das ist das, was wir brauchen. In meinem vorschlag zum wirklichen 
Internet, weil es nicht existiert, weil es keine netzstruktur in der 
telekommunikation gibt, sind die lokalen und autonomen netzwerke der 
gemeinden, klein bis gross, die konstituierenden elemente. Da existieren 
auch die server-ressourcen als kommunale, gemeinschaftliche einrichtungen.

Auf dieser basis dann die OSDNs fuer beliebige technische anwendungen im 
rahmen freier technologie entstehen zu lassen, ist dann tatsaechlich nur 
noch eine frage nach menschen, die dies auch tun wollen, weil sie es 
brauchen.

mit lieben gruessen, willi
Asuncion, Paraguay


-------- Weitergeleitete Nachricht --------
Betreff: Re: Wir ziehen Kreise ;)
Datum: Sun, 11 Jun 2017 17:06:24 +0200
Von: Peter Frey <peter.frey at peds-ansichten.de>
An: Jens Wernicke <jens.wernicke at rubikon.news>, willi.uebelherr at gmx.de
Kopie (CC): redaktion at rubikon.news

<schnipp>
Gitlab ist ebenso ein selbstorganisiertes projekt.
</schnipp>

Auch wenn die Summen, die in das ukrainische Unternehmen Gitlab durch
Fonds investiert werden, offenbar nicht die Dimensionen wie bei GitHub
erreichen, sind Private Equity - Gesellschaften auch dort nicht außen
vor:

<zitat>
In September 2015, GitLab raised $4 million in Series A funding from
Khosla Ventures.[13]
In September 2016, GitLab raised $20 million in Series B funding from
August Capital and others.[15]
<zitat>
Quellen: https://en.wikipedia.org/wiki/GitLab
https://www.pehub.com/2016/09/gitlab-nets-20-mln-series-b/

Khosla Ventures ist z.B. eine Private Equity - Gesellschaft:
https://en.wikipedia.org/wiki/Khosla_Ventures
und deren Chef ein weiterer Milliardär:
https://en.wikipedia.org/wiki/Vinod_Khosla

und August Capital ebenso:
https://en.wikipedia.org/wiki/August_Capital

Und alle haben ihren Sitz an der Westküste der USA ...

Herzliche Grüße aus Dresden


-------- Weitergeleitete Nachricht --------
Betreff: Re: Kritisches zur Entwicklung von Open Source am Beispiel von 
GitHub
Datum: Sun, 11 Jun 2017 16:51:05 +0200
Von: N. Schwirz <n.schwirz at freenet.de>
An: fsfe-de at lists.fsfe.org
Kopie (CC): Freie Software Freies Wissen- Initiative an der TU Dresden 
<discuss at lists.fsfw-dresden.de>

Hallo Roland,
hallo Gerhard,

seit einigen Wochen führe ich zusammen mit noch jemanden einen
Wikiversity-Kurs zur freien 3D-Modellierungssoftware Blender durch in
welchem ich voraussichtlich ab nächste Woche Git(-hub) & Co. einführen
werde.

Ja, ich weiß, Github wird auch in meinen Kreises gelegentlich als das
Faceboogle der Nerds bezeichnet und eigentlich wäre es gut, wenn es
viele selbst gehostete kleine aber miteinander vernetzte Instanzen gäbe
(Gitlab, Gogs, Gitea etc.). Nachdem mir immer mal wieder
Studien-kommilitonen den Vendor Lock-In gängiger (a)sozialer Netzwerke
und Cloud-Services als Vorteil verkaufen wollen, möchte ich ihnen nun
ein System näherbringen, das vom Ansatz her dezentral ist, auf offenen
Standards basiert und dank Freier Software auch selbst betreibbar wäre.
Außerdem gefällt mir der Ansatz, das die Nutzung für
Freie-Software-projekte - sofern öffentlich - nicht kostenpflichtig ist.
Ein weiterer möglicher Ansatz wäre eine durch eine NGO betriebene und
durch Spenden finanzierte Infrastruktur wie die Wikipedia und ihre
Schwesterprojekte.

Ich hoffe, mit diesen beiden Ansätzen das Interesse an selbst
betreibbarer Infrastruktur zu stärken und ggf. in einem der nächsten
Semester einen Kurs ebend hierzu anbieten zu können. Richtig Klasse
fände ich es, wenn öffentliche Einrichtungen und Vereine wie
Bibliotheken, Fablabs, Makerspaces, RepairCafees, (Berufs-)Schulen etc.
solche Plattformen dezentral hosten und Betreiben würden. Schließlich
kann ein auf diese Weise öffentlich verfügbar gestelltes Projekt, je
nach Rahmenbedingungen, auch als Nachweis persönlicher Qualifikation
betrachtet und öffentlich diskutiert sowie weiterentwickelt werden.

Da gerade die Ausarbeitung einer Präsentation für die nächste Woche
stattfindende Lange Nacht der Wissenschaft ansteht, wäre ich für
konstruktive Anregungen sehr dankbar.

Mit freundlichen Grüßen aus Dresden
Norman Schwirz




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