Vergesellschaftung der Daten

Gerhard Kugler G.W.Kugler at posteo.de
Fr Jan 6 17:01:10 UTC 2017


Danke für diese kritische Sicht!

Meine politische Positionierung hat sich in letzter Zeit so geändert, dass mir das eher entgegen kommt. Vielleicht ist die Software- und Daten-Frage in dieser Hinsicht besonders erhellend. Eine linke Position mit bleibender bzw. verstärkter Globalisierung läuft gegen die ursprünglichen Intentionen.

Gerhard

On Thu, 5 Jan 2017 14:39:33 +0100
Thomas Jensch <riepernet at fsfe.org> wrote:

> Hallo,
> 
> * Gerhard Kugler <G.W.Kugler at posteo.de> [2017-01-04T17:06+0100]:
> 
> > Bis jetzt leider nicht. Vielleicht deshalb, weil der Artikel und dein
> > ergänzender Beitrag schon den Konsens hier darstellt.
> 
> Ich seh das anders. Eine Vergesellschaftung wie im Artikel vorgeschlagen
> ist bestimmt nicht die Lösung, sondern verschlimmert das Problem nur. 
> Implementation bzw. Zentralisierung von Kontroll-/
> Überwachungsmechanismen, und nichts anderes ist das Ziel des Autors,
> verbilligt Mißbrauchsmöglichkeiten und erhöht die Sollbruchstellen. 
> 
> Wer überwacht die Wächter? Betrachtet man existierende Beispiele, ist es
> ja nicht so, dass diese übermäßig effizient sind, bzw. sich auch nur
> annähernd wie in linken Theorien verhalten. 
> Die UN-Organisationen haben zwar im internationalen System eine wichtige
> Funktion, aber eben nicht als Weltregierung, sondern sie stellen das
> Forum bereit, in dem sich die Staaten dieser Welt friedlich über ihre
> verschiedenen Ansichten austauschen können.
> Die EZB versenkt mit vollen Händen das Geld anderer Leute und drückt
> einen ganzen Kontinent an den Rand des wirtschaftlichen Ruins -
> Entscheidungen einer kleinen Anzahl an Menschen.
> Die EU (Kommission, EUParl) fühlt sich ebenso verantwortlich für die
> Geschicke des Kontinents und bietet so Interessengruppen jeglicher
> Coleur den Service, nur auf ein paar wenige Menschen "in Brüssel" einwirken
> zu müssen um in der Fläche präferierte Konstellationen zu bewirken.
> Landtage, Kreistage und andere für den Bürger deutlich greifbarere
> Organisationsformen für res publica bleibt schon seit Jahren nur noch
> das Durchwinken der Brüsseler Entscheidungen.
> Es ist noch nichtmal ein Geheimnis, dass in den Bundesministerien
> teilweise Referentenstellen extern durch einen z.Bsp. Industrieverband
> finanziert werden, bzw. Gesetzesvorlagen via outsourcing von
> Anwaltskanzleien vorbereitet werden (im Rahmen von Gutachten z.Bsp.).
> Dort, wo sich Macht konzentriert, wird auch der Hebel angesetzt
> werden, diese Macht für die eignenen Interessen nutzbar zu machen. 
> Warum sollte es einer "Daten-UNO" / "internationale[n]
> Daten-Überwachungsagentur" anders ergehen? Noch dazu, wenn diese Zugriff
> auf den Suchalgorithmus von Google hätte? (Das ist doch der heilige Gral
> der IT-Branche und mindestens jeder Mitbewerber würde alles für einen
> Zugriff darauf geben, von verschiedenen Staaten gar nicht zu sprechen).
> 
> Umverteilungsprobleme. Da wo Geld ist, kommt auch Geld weg. Selbst in
> .de geht die öffentliche Hand sehr locker mit den "Einnahmen" um, wie
> man jedes Jahr den Berichten des Bundesrechnungshofes, Bund der
> Steuerzahler etc. entnehmen kann. EU-weit sieht es noch finsterer aus
> und mit Griechenland will ich da gar nicht erst anfangen. Ein
> slowakischer EU-Parlamentarier hat vor einiger Zeit mal einen
> Zusammenhang zwischen EU-Fördermitteln und Korruption in seinem Land
> aufgezeigt, da es sich faktisch um herrenloses Geld handelt, welches von
> oben auf die Hierarchie im Land gegossen wird. Und dabei bleibt halt an
> vielen Ecken viele kleine Summen hängen und Korruption wird erst ermöglicht. 
> Im übrigen auch sehr gut nachzuvollziehen am Entwicklungshilfe vs.
> direkte Rücküberweisungen von Migranten.
> In jeder größeren Organisation, I(N)GO etc, gibt es Verteilungskämpfe,
> die erstmal aufgelöst werden müssen, bevor es dann zur Sache geht. Die
> FAZ hat dazu unlängst mal einen Blick auf den mühsamen Weg hin zu einer
> UN-Resolution geworfen [1]. 
> Warum sollte es einer globalen Daten-Überwachungsagentur anders ergehen?
> 
> Kosten. Ich habe kein Problem mit den polemisch als "Steuertricks"
> bezeichneten Strategien der Unternehmen, ihre Produkte dem Verbraucher
> möglichst günstig zur Verfügung zu stellen. Jede weitere Abgabe werden
> die Unternehmen an die Konsumenten weitergeben, abgesehen
> davon, dass es sicherlich auch Möglichkeiten geben wird, diese ganz zu
> umgehen (siehe "Steuertricks"). Abgesehen davon werden ja generell schon
> jede Menge Einnahmen von Unternehmen indirekt via Arbeitgeber an den
> Staat abgedrückt (Lohnsteuer, Mineralölsteuer, Mehrwertsteuer etc.
> etc.). 
> 
> Zentralisierung schafft mehr Probleme als sie vorgibt zu lösen und
> Kollektivierung war noch nie eine gute Idee - da bleibt der Mensch als
> Individuum auf der Strecke und wird zum austauschbaren Rad in den großen
> Maschinen der "allgemeinwohlverpflichteten" Organisationen.
> Die vom Autor vorgeschlagenen Lösungen haben darüber hinaus in
> zahlreichen anderen Kontexten immer und immer wieder nicht so
> funktioniert, wie er sich das für diesen Fall ausmalt.
> 
> mfg
> Thomas
> 
> [1]
> http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/diplomatensprache-bei-der-un-14598214.html
> 
> PS.
> Darüber hinaus ist die Argumentationskette Kartell doch sehr stark
> verkürzt und hat ein bischen was von Verschwörungstheorie ala Rothschild
> - alle diese Unternehmen stehen im Konkurrenzkampf miteinander und
> würden kaum eine Gelegenheit verstreichen lassen, sich einen Vorteil
> gegenüber den Mitbewerbern zu verschaffen. (Analog zum Bierkartell, das
> ja krachend auseinander geflogen ist, weil AB Inbev als Kronzeuge die
> Konkurrenz eiskalt auflaufen lassen hat.)
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