Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

Bernd Wurst bernd at bwurst.org
Do Aug 31 11:25:21 UTC 2017


Hallo.

Am 31.08.2017 um 00:51 schrieb dg:
> 2. Zunächst werden Programme von ihrem Nutzen bewertet. Da sind leider
> manchmal Freie Software Produkte noch hinter den teuren Konkurrenten
> (jetzt mal abgesehen von Pfadabhängigkeiten und dem Nicht-Kennen von
> guten Alternativen).

Ich sehe aus unserem Alltag hier ein paar Punkte, die einem Einsatz von
freier Software entgegen stehen, die aber mit "dem Bildungsbereich" im
engeren Sinne gar nichts zu tun haben. Hier würde ich mir
gesamtpolitisch ein Bewusstsein und eine Verwaltungsvorschrift wünschen,
die freie Software nicht benachteiligt.

Dass in der Schule keine freie Software zu finden ist, liegt nämlich
zumindest bei uns daran, dass die propretäre Software indirekt "von
oben" vorgeschrieben ist und man in der Regel nicht zwei Dinge betreuen
möchte.

Beispiele:

1. Wer (in Baden-Württemberg) ein Abitur korrigiert, muss seine
Punktzahlen in eine vorgegebene Excel-Tabelle eintragen. Ein
Dokumenten-Makro erzeugt dann daraus die vorgeschriebenen Druckvorlagen
für die Mantelbögen und Notenblätter. Das Makro ist nicht portabel und
wird vom RP jährlich neu bereitgestellt.
Die Schule sowie jeder betroffene Lehrer muss also Excel bereit halten.

2. OpenOffice wurde vor einiger Zeit kommentarlos von den Schulrechnern
entfernt, weil die Rechner jetzt über irgend eine zentrale
Management-Software verwaltet werden und es da wohl nicht vorgesehen
ist, mehrere Office-Programme zu haben.
Da die Schulrechner zusätzlich von der Volkshochschule für
Microsoft-Produktschulungen verwendet werden, musste OpenOffice weichen.
Dass wir in dem davor liegenden Schuljahr viele Personenstunden privat
in die Entwicklung von OpenOffice-basiertem Informatikunterricht
investiert haben, wurde überrascht zur Kenntnis genommen aber dann
ignoriert.

3. Unsere Schule betreibt einen Mail-Server auf Basis von Exchange. Der
lief bisher unbeachtet nebenher, jetzt soll aber alle dienstliche
Kommunikation (Vertretungspläne werden nach Schultags-Ende gegen 17 Uhr
versendet) zwingend darüber laufen. Der Server ist von außen nur über
OWA/ActiveSync erreichbar. Der ehrenamtliche Admin hat mit POP3 und/oder
IMAP keine Erfahrung und "man braucht das nicht, alle mir bekannten
Programme können Exchange direkt". Weiterleitungen sollen in der Theorie
funktionieren, in der Praxis tun sie aber nicht.
Für E-Mails via OWA gibt es meines Wissens keine freie Software, vom
Browser und Webmail mal abgesehen.

So lange es für eine öffentliche Einrichtung möglich ist, ihren Beamten
und Angestellten vorzuschreiben, dass sie privat proprietäre Software
einsetzen müssen und alles andere unbedeutend sei, wird der Status von
proprietärer Software als "alternativlos" in allen beteiligten Köpfen
manifestiert. Dieses Gebahren kann sich ein Großkonzern leisten, aber
die öffentliche Hand müsste hier mehr Gewissen zeigen.

Hier wird sich nur etwas ändern, wenn es eine Verwaltungs-Richtlinie
gibt, die im gesamten öffentlichen Sektor ohne Ausnahme vorschreibt,
Dokumentenformate zu verwenden, die mit freier Software zu lesen sind.


Gruß,
Bernd

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