Welche Vorteile bietet Freie Software im Bildungsbereich?

WD Zimmermann wd.zimmermann at posteo.de
Mi Aug 16 13:31:37 UTC 2017


Am 15.08.2017 um 16:58 schrieb WoRomey:
> Hallo, 
> 
> Univention hat kürzlich eine aus meiner Sicht sehr sinnvolles Konzept zur 
> Digitalisierung der Bildung vorgestellt:
> 
> https://www.univention.de/2017/08/univention-stellt-konzept-zur-digitalisierung-der-bildung-vor/
> 
> Das Konzept bezieht sich allerdings auf die Infrastruktur. Eine 
> "Digitalisierung der Bildung" gibt es nicht, es geht vielmehr um Lernen mit 
> digitalen Werkzeugen.
> 
> Dennoch lohnt diese Initiative vielleicht die erneute Diskussion darüber, 
> warum der Einsatz Freier Software im Bildungsbereich sinnvoll oder sogar 
> notwendig ist.

Was bedeutet im Kern eine medienkritische Bildung

Viele Ausbilder im Lehrerberuf unterscheiden für die Arbeit in Schule
und Ausbildung den Gegenstand von einem oder vielen möglichen
zugehörigen Themen.

An einem Beispiel erklärt: Alle Bildungspolitiker jedweder Couleur
stimmen vermutlich sofort darüber überein, dass Medien Gegenstand von
Bildung sein sollten. Aber welche *Themen* an diesem Gegenstand fest
gemacht werden sollten,  darüber herrscht nahezu grundsätzliche
Uneinigkeit.

Würde man dieser Frage nämlich nachgehen, müsste die viel diskutierte
Frage nach der Rolle von Software, auch Freier Software in den
Bildungseinrichtungen ungefähr so lauten:
Was genau ist an konkret welcher Software (im Prinzip - redet man über
Nachhaltigkeit/Obsoleszenz - auch an welcher Hardware) "bildsam oder
bildungswürdig"?
Welche Eigenschaften genau qualifizieren sie als THEMA für welches Fach,
welche Schulstufe.
Und für uns darüber hinaus interessant: Was genau ist das "plus X" FÜR
*Freie* Software?
(NB: Hier helfen allgemein politische Aussagen über die Werthaftigkeit
und mögliche Vorzüge Freier Software solange nichts, als es keine
politisch verantwortete Konzepte gibt, die für mich derzeit bei keiner
der politischen Parteien erkennbar ist.)

Wir erinnern uns: Die Organisation für "wirtschaftliche" Zusammenarbeit
(OECD) mussten den Schulen sagen, was sie tun sollten. Wir kennen diese
"Mitteilungen" als PISA-Studien.
Die Überheblichkeit wirtschaftsorientierter Vorgaben für die Schulen hat
die Industrie- und Handelskammern sicherlich erfreut, zur Themenfindung
für den Gegenstand Medien hat sie nichts beigetragen.

Versuchen wir mal ein Beispiel: Politisch und gesellschaftlich gesehen
besteht *ein* Nutzen Freier Software in seiner Quelloffenheit. Jeder,
der kann und will darf die Quellen nach Belieben studieren, daran lernen
und auch ändern. (Mal nebenbei: Stellen wir uns mal kurz vor, die
Steuersoftware zur Abgasthematik in den PKWs wäre quelloffen gewesen).

Für welches Fach, welche Stufe könnte darin ein Thema liegen. Alle
Fächer, die mit gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen (etwa
Geschichte, Soziologie, Religion) zu tun haben, könnten davon Gewinn
ziehen. Im Fach Deutsch könnte die sprachlichen Glättungsversuche
(Beispiel Dieselabgase und ihre öffentliche Besprechung) interessant werden.

Und schon sehen wir: Nicht die Quelloffenheit ist hier das
Entscheidende, sondern die Perspektive, mit der sie im Unterricht
didaktisch aufgearbeitet wird.

Folgerung: Solange die Verfechter Freier Software nicht lernen, sich
dieser Thematik unter der Perspektive der Didaktik anzunehmen, werden
alle Forderungen - so richtig und wichtig sie auch sein mögen - an
Bildungseinrichtungen ins Leere laufen.

Hier lauert Arbeit!

-- 
Freundliche Grüße          | Diese Nachricht wurde mit
Wolf-Dieter Zimmermann     | Freier Software gesendet
E: wd.zimmermann at posteo.de | U: netzwerk-bildung.net



Mehr Informationen über die Mailingliste FSFE-de