Re: Ist Freie Software auf Rechnern mit unfreiem Betriebssystem hilfreich, akzeptabel, nützlich, ... oder nicht.

willi uebelherr willi.uebelherr at gmx.de
Mi Apr 12 02:32:50 UTC 2017


Lieber Max,

ich moechte dich darauf hinweisen, dass die neuen processoren von Intel, 
Amd, Samsung, Qualcomm und wohl andere aehnlich inzwischen eine hardware 
implementiert haben. mit der sie von aussen auf alle ressourcen der 
hardware zugreifen koennen. Das ist entstanden, um die end-to-end 
verschluesselung zu umgehen und wurde von der NSA und CIA initiiert.

Von daher leben wir meistens in "kompromissen", solange wir die 
technischen einheiten nicht selbst gestalten und konstruieren.

Lieber Wolfgang,

Ich sehe das aehnlich wie Max, nur weniger aufgeblaeht. Viele sind nicht 
zufrieden mit der qualitaet freier software oder eines freien 
betriebssytem. Es geht meiner meinung nach nicht darum, mehr freie 
software, anwendung und system, zu nutzen, sondern mehr aktive menschen 
zu gewinnen, die sich in diesem bereich und mit den prinzipien der 
vollstaendigen offenheit kreativ beteiligen. Andernfalls laeuft es auf 
einen billigen konsumismus hinaus.

Eigentlich waere es die aufgabe der gruppen von FSF, de, eu, la, die 
eigenen erfahrungen kritisch unter dem nutzungsprinzip zu hinterfragen 
und nach loesungen zu suchen. Gute beispiele fuer den mangel kritischer 
betrachtung sind die FLISOL (Festival Latinoamericano de Instalación de 
Software Libre) events oder die CNSL (Congreso Nacional Software Libre) 
in Latein Amerika. Ich denke, im deutschsprachigen raum sieht es etwas 
besser aus.

FLISOL
https://en.wikipedia.org/wiki/FLISOL

So betrachtet kuemmert mich nicht die anzahl von nutzern, sondern mehr 
die stabilitaet und arbeitsweise der entwicklerbasis. Die nutzer kommen 
dann von selbst.

Aber es gibt bereiche, wo freie software dominiert, weil sie zwingend 
ist. Embedded systems und server systeme. Deswegen ist da auch heute die 
freie software die basis.

Dass in den oeffentlichen verwaltungsstrukturen dies nicht erzwungen 
oder forciert wird, verstehe ich nicht. Weil die mitarbeiter der system 
administrationen waeren ja eine grossartige basis, die entwicklung der 
freien software voran zu treiben und optimal anpassungsfaehig zu machen. 
Wie z.b. alle arten von group-ware. Ich vermute, dass hier massiv 
geblockt wird. Aber selbst eine komission der EU hat darauf aufmerksam 
gemacht.

Also ueberall dort, wo spezifische anpassungen und optimierungen 
notwendig sind, geht an freier software kein weg vorbei. Besonders 
deutlich sehen wir das im bereich embedded systeme.

Im anwendungsbereich gibt es auch klare bereiche fuer freie software. 
Wie browser (?), email clients, audio/video streaming, systemtools, 
netzwerk file systeme, offene soziale netzwerke und kooperatives arbeiten.

Wenn wir eine echte prozess trennung wollen, weil wir es aus sicherheits 
ueberlegungen brauchen, wird der uebergang zu einem freien 
betriebssystem, auch freie software, notwendig. Dann koennen wir dort 
auch jedes andere proprietaere system laufen lassen.

Bei unserem wichtigsten werkzeug fuer entwicklung sieht es schlecht aus. 
Texteditor. Da ist Ultraedit einfach weit voraus. Aber generell koennen 
wir jede proprietaere software auch gratis anwenden.

Ebenso katastrophal sieht es im bereich der hardware konstruktion aus. 
Und dieser bereich wird heute immer wichtiger.

Die frage von kostenlos ist eine wichtige frage, weil sie die 
entscheidenden kriterien fuer freie software dominiert. 
Anpassungsfaehigkeit, optimierung, gestaltung der oberflaeche (GUI), 
laufzeitverhalten, ressourcenbedarf und die fehler beseitigung. Nur, das 
sehen wir sofort, das ist nichts fuer reine nutzer.

mit lieben gruessen, willi


On 11/4/2017 14:43, Max Mehl wrote:
> # Wolfgang Romey [2017-04-11 19:05 +0200]:
>> Wie steht Ihr dazu, Freie Software unter einem unfreien Betriebssystem
>> zu betreiben? Nützt das den mit Freier Software verbundenen Anliegen
>> oder ist das ein nicht akzeptabler Kompromiß?
>
> Die Frage lässt sich meiner Meinung nach nicht allgemeingültig
> beantworten. Was ist "akzeptabel"? Aus wessen Sicht und für welchen
> Zweck?
>
> Beispiel Android: Die FSFE empfiehlt "Neueinsteigern", erst einmal den
> freien Appstore F-Droid zu installieren und Schritt für Schritt
> proprietäre Anwendungen mit Freier Software zu ersetzen, bevor das ganze
> Betriebssystem befreit wird. Für diejenige Person ist das ein sinnvolles
> Herangehen, weil man so nicht ins kalte Wasser geschmissen wird, sondern
> graduell dem Fernziel "100% Freie Software" näher kommt.
>
> Für eine jahrelange Freie-Software-Verfechterin wäre das jedoch ein zu
> großer Kompromiss. Sie würde darauf achten, ihre Software nur auf einem
> System ohne jegliche unfreie Software laufen zu lassen bzw. mit so wenig
> wie möglich. So würde es vielleicht auch einem investigativen
> Journalisten gehen, der befürchtet, dass closed-source-Programme
> Backdoors enthalten – ein Freie-Software-Programm nützt in Sachen
> Datenschutz u.U. nichts, wenn das OS darunter kompromittiert ist.
>
> Kurzum: Die Frage nach der Akzeptanz hängt immer von den Bedürfnissen
> der Nutzer ab. Menschen, die langsam an das Thema herangehen und ihre
> Textverarbeitung nun mit freier anstatt proprietärer Officesoftware
> machen, kann man dazu beglückwünschen, dass sie ihre Informationen nun
> mit offenen Standards speichern und ein Stück mehr Kontrolle gewonnen
> haben - der Kompromiss ist also durchaus akzeptabel, weil es ein
> Fortschritt ist. Aber wir als Unterstützer sollten sie dann darauf
> hinweisen, dass weitere Schritte nötig sind, um volle Kontrolle über die
> eigene Technik zu erhalten, etwa die Installation eines freien
> Betriebssystems.
>
> Viele Grüße
> Max
>
>
>
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