Ist die Botschaft von Richard Stallman zu extrem?

Wolfgang Romey (woro) woro at wolfgangromey.de
Mo Feb 29 16:02:58 UTC 2016


Am Montag, 29. Februar 2016, 16:06:58 schrieb Theo Schmidt:
> Hallo zusammen,
> 
> Einige von euch haben vielleicht kürzlich die (englischsprachige) Rede
> von Richard Stallman (RMS) in Bern, Zürich oder sonst wo gehört. Hier
> ist die Aufzeichnung der fast 2-stündigen Berner Rede inklusive einiger
> schön gezeichneten Folien:
> 
> http://www.digitale-nachhaltigkeit.unibe.ch/veranstaltungen/vergangene_veran
> staltungen_2016/richard_m_stallman/
> 
> Hier ist die von Matthais Stürmer (7 Min.):
> https://www.youtube.com/watch?v=m15lM80skcs
> 
> RMS erzählt seit Jahren immer dasselbe, aber der Fokus wandelt sich
> langsam von den reinen Software- und Lizenz-Geschichten zu den möglichen
> Dystopien wenn mächtige Konzerne immer noch mächtiger werden und die
> Menschen immer mehr kontrollieren.
> 
> Es scheint mir nun, dass seine Botschaft selbst in unseren Kreisen nicht
> ernst genommen wird, trotz Snowden, usw. Obiges Video und viele ähnliche
> beweisen dies. RMS bittet jeweils in den den ersten Minuten, seine Rede
> nur in einem freien Format aufzuzeichnen und sie nur auf einem freien
> Webserver zu veröffentlichen. Aber das Video kommt auf Youtube! Ich habe
> meinen Freund Matthias Stürmer, den Chef von
> digitale-nachhaltigkeit.unibe.ch und unermüdlichen Kämpfer für ganz
> viele FOSS-Anliegen in der Schweiz, deswegen kritisiert, und er konterte
> zurecht, dass auch andere FOSS-Gruppierungen Youtube verwenden. Youtube
> gehört Google und ähnliche Plattformen gehören nicht viel weniger
> mächtigen Firmen. Es ist unmöglich diese Inhalte anzusehen ohne
> "beobachtet" zu werden, ausser man greift zu starken und umständlichen
> Anonymisierwerkzeugen.
> 
> Ich scheine in der Schweiz der einzige zu sein, den dies stört. Ein
> ähnliches Posting wie dieses bei Wilhelm Tux ergab keine einzige
> Reaktion. Auch Stallman selbst "bittet" nur, er setzt sich aber nicht durch.
> 
> Zuerst dachte ich, es sei nur Bequemlichkeit. Youtube und ähnliche
> Platformen bieten einen einzigartigen Service und man bezahlt "nur" mit
> einigen Daten. Aber dann habe ich versucht Videos zu finden, die ich
> schon seit Jahren veröffentlicht hatte, auf privaten Servern. Kein
> einziges erscheint in Video-Suchmaschinen, z.B. von Swisscows:
> https://swisscows.ch/video . Und: sucht man hier z.B. nach Richard
> Stallman, erscheinen ausschliesslich Videos, von denen die Suchmaschine
> warnt, dass die Ansicht unmöglich ist, ohne "getrackt" zu werden.
> Verschwörung oder einfache technische Erklärung?
> 
> Normalerweise denke ich wie wohl die meisten: Was geht mich das an, ich
> habe doch nichts zu verbergen und wohne in einem freien Land? Es reicht
> doch, sich von Facebook, usw fern zu halten? Aber dann denke ich: Die
> Entwicklungen überschlagen sich: künstliche Intelligenz, billige,
> süchtig-machene und verstörende Virtuelle-Realität, unkritische
> Konsumenten, unmögliche Regierungen, immer grössere Geldmengen oft in
> gefährlichen Händen. Wo führt das alles hin? Ist es nicht ein Gebot der
> Vernunft, auch im Kleinen vorsichtig zu sein?
> 
> RMS giftelt immer stärker gegen "Open Source"- aber auch "Linux"(ohne
> GNU)-Leute als Menschen, die im besten Fall nur zur Hälfte einsichtig
> sind, und im schlimmsten Fall Werkzeuge der Mächtigen sind, weil sie
> sich nur für's Geschäft oder die Technik interessieren.
> 
> Hat er Recht oder ist er paranoid? Was meint ihr? Bringt es irgend
> etwas, z.B. Stallman's letzte Rede in Webm oder Ogg Theora auf dem FSFE
> Server unterzubringen, wie er das gewünscht hatte, oder wäre dies nur
> eine kaum erkennbare symbolisch und ohnmächtige Geste? Eigentlich
> gehören solche Videos hierhin: https://media.libreplanet.org/ Es hat
> dort schon eine wesentlich kürzere Rede von RMS.
> 
> Oder hat Google/Youtube einfach "gewonnen" und wir können zumindest
> diesbezüglich nichts tun?
> 
> Liebe Grüsse,
> Theo
> _______________________________________________
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> fsfe-de at fsfeurope.org
> https://mail.fsfeurope.org/mailman/listinfo/fsfe-de

Aus meiner Sicht ist nicht die Botschaft zu extrem, sondern zumindestens 
teilweise die Art, wie sie vermittelt werden soll.

Auch ich wundere mich, wenn ich beobachte, daß weiterhin google oder gmail 
oder g+ von Leuten in der der Freien-Software-Gemeinschaft genutzt werden, 
auch die Nutzung von Tor ist ja eher randständig. Zu fast Allem gibt es ja 
inzwischen Freie Alternativen, die gut oder mindestens halbwegs akzeptabel 
laufen; auch zu facebook, twitter und mit Einschränkungen youtube.


RS weist zu recht auch darauf hin, daß durch die smartphones und tablets in 
der Regel den Nutzerinnen wieder schon erreichte Selbstbestimmung über die 
Computer weggeneommen wird, er verweist auch zu Recht darau, daß den Nutzern 
immer weiter die Selbstbestimmung über die Hardware genommen wird; Freie 
Hardware ist dringen notwendig.

Es wird wohl von Vielen in der Freien-Software-Community nicht wahrgenommen 
oder interessiert nicht, daß sich die Situation für Freie Software in den 
letzten Jahren dramatisch verschlechtert hat. Vor diesem Hintergrund ist nicht 
die Botschaft extrem, die Verhältnisse sind es.


-- 
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