[FSFE PR][DE] CCC und FSFE: Bundesnetzagentur muss nachbessern

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Fr Mär 28 06:27:47 UTC 2014


 = CCC und FSFE: Bundesnetzagentur muss nachbessern =

[ Online lesen: https://fsfe.org/news/2014/news-20140328-01.de.html ]

Nach mehreren öffentlichen Anhörungen und politischen Debatten hat die
Bundesnetzagentur Mitte Februar einen Verordnungsentwurf[1] präsentiert,
der den Routerzwang abschaffen und die Transparenz für Kunden von
Telekommunikationsunternehmen verbessern soll. Der Routerzwang bindet
Kunden an ein vom Provider geliefertes Gerät. Die Free Software
Foundation Europe (FSFE), der Chaos Computer Club (CCC), die
Projektleitung von IPFire und OpenWrt sowie weitere Experten haben diese
Verordnung begutachtet und eine Stellungnahme an die
Bundesnetzagentur[2] abgegeben.

Prinzipiell sind die Ideen der Bundesnetzagentur, welche für die
Aufrechterhaltung und Förderung des Wettbewerbs in Netzmärkten zuständig
ist, begrüßenswert. So soll der Routerzwang etwa dadurch abgeschafft
werden, dass die Provider grundlegende Informationen wie technische
Funktionen auf einem Produktdatenblatt sammeln und Endkunden auf Anfrage
auch die Zugangsdaten erfragen können.

Es ist allerdings nicht nachvollziehbar, wieso die Bundesnetzagentur die
Last weiter beim Verbraucher belassen will, die Daten erfragen zu
müssen, anstatt diese auf dem geplanten Produktdatenblatt zu vermerken.
Selbst die Große Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag schon deutlich
das Gegenteil gefordert[3], damit Endkunden auch ohne explizite
Nachfrage im Besitz der Zugangsdaten sind, um einen alternativen Router
betreiben zu können.

    "Wenn die Last weiterhin beim Verbraucher liegt, die Daten zu
    erfragen, hat die Bundesnetzagentur kaum die Möglichkeit, die
    Zuverlässigkeit der Provider bei der Herausgabe der Daten zu
    überprüfen. So könnten Verzögerungen weiterhin mit unglücklichen
    Einzelfällen begründet werden. Die Verbraucher hätten am Ende mehr
    Komplikationen als zuvor", so Matthias Kirschner, Vizepräsident der
    FSFE. "Daher müssen dem Kunden die Zugangsdaten zu allen verfügbaren
    Diensten unaufgefordert von Beginn des Vertrags an bekannt sein, wie
    sogar von der Regierungskoalition gefordert."

Es sind daher unmissverständlichere Formulierungen angebracht, damit
keine Schlupflöcher für Provider entstehen können. Beispielsweise müssen
für die volle Austauschbarkeit der Geräte auch die verwendeten
Protokolle bekannt sein.

    "Ohne eine Pflicht des Providers, dem Kunden die Zugangsdaten von
    sich aus mitzuteilen sowie Transparenz bei Diensten und Protokollen
    herzustellen, bleibt es faktisch beim Routerzwang. Schwammige
    Formulierungen und eine Pflicht zum Nachfragen würde den Kunden nur
    zum Bittsteller degradieren", sagt Frank Rieger, Sprecher des CCC.

Auch die Definition des Netzabschlusspunkts ist trotz einer eigens dafür
anberaumten Anhörung, zu der sich unter anderem die FSFE geäußert hat,
noch immer nicht geklärt.

Auch bei den Messverfahren, die Internetprovider zukünftig anbieten
müssen, besteht Nachbesserungsbedarf. Nach den Plänen der
Bundesnetzagentur müssen die Mechanismen und Details der Messung nur der
Behörde mitgeteilt werden, nicht aber den eigenen Kunden. Dies schränkt
die angestrebte Transparenz künstlich ein und macht die Verfahren nicht
nachvollziehbar für Verbraucher sowie unabhängige Spezialisten.

Nur wenn die Bundesnetzagentur bei Routerzwang und Transparenz der
Messverfahren nachbessert, kann die Verordnung ihren Zweck überhaupt
erfüllt und erst dann sind die Forderungen im Koalitionsvertrag
abgedeckt. Alles andere würde nur weitere Schlupflöcher öffnen, wodurch
Kunden weiterhin drangsaliert und benachteiligt werden können.


 1. https://fsfe.org/news/2014/files/140221-TKTransparenzV-Entwurf_PDF.pdf
 2. https://fsfe.org/news/2014/files/Stellungnahme-TKTransparenzV-FSFE.pdf
 3. https://fsfe.org/news/2013/news-20131211-01.de.html#1


  == Über den Chaos Computer Club ==

  Der Chaos Computer Club e. V. (CCC) ist die größte europäische
  Hackervereinigung und seit über dreißig Jahren Vermittler im
  Spannungsfeld technischer und sozialer Entwicklungen. Die Aktivitäten
  des Clubs reichen von technischer Forschung und Erkundung am Rande des
  Technologieuniversums über Kampagnen, Veranstaltungen,
  Politikberatung, Pressemitteilungen und Publikationen bis zum Betrieb
  von Anonymisierungsdiensten und Kommunikationsmitteln. Der Club
  besteht aus einer Reihe dezentraler lokaler Vereine und Gruppen. Diese
  organisieren regelmäßige Veranstaltungen und Treffen in vielen Städten
  des deutschsprachigen Raums. Der CCC vermittelt seine Anliegen über
  vielfältige Publikationswege und sucht stets das Gespräch mit
  technisch und sozial Interessierten und Gleichgesinnten. Außerdem
  fordert und fördert er den Spaß am Gerät und lebt damit die Grundsätze
  der Hackerethik.

  Weitere Informationen über den CCC finden Sie auf
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  Die Free Software Foundation Europe (FSFE) ist eine gemeinnützige,
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  aktiv und in vielen globalen Aktionen involviert ist. Der Zugang zu
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