[FSFE PR][DE] Landtagswahl Hessen: SPD und CDU enttäuschen, Grüne und Piraten punkten

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Mi Sep 18 05:53:11 UTC 2013


= Landtagswahl Hessen: SPD und CDU enttäuschen, Grüne und Piraten punkten =

[Online lesen: http://fsfe.org/news/2013/news-20130918-01.de.html ]

Die Free Software Foundation Europe veröffentlicht heute ihre
Freie-Software-Wahlprüfsteine zur Landtagswahl in Hessen[1] am 22.
September 2013. Mit den Fragen will die FSFE sehen, inwieweit sich die
Landesverbände mit den Themen auseinandergesetzt haben. Trotz
wiederholter Nachfrage und Bestätigung über den Eingang unserer Fragen
hat die SPD nicht auf die Fragen geantwortet. Bei FDP und Die Linke
fällt eine Bewertung schwer: Sie haben die Antworten ihrer
Bundesverbände 1:1 übernommen[2], was zwar eine generelle Zustimmung zur
Bundesebene zulässt, allerdings eine Bewertung über den Kenntnisstand im
Landesverband erschwert.  Enttäuschend ist die Antwort der CDU:

  "Die Hessen CDU relativiert schon vor der Wahl alle ihrer Aussagen.
  Nach unseren bisherigen Erfahrungen erhoffen wir uns nach diesen
  Antworten keine Unterstützung der Landespartei für Freie Software.
  Neben der Enttäuschung bei den Volksparteien äußern Grüne und Piraten
  dagegen klare und positive Positionen für die Verbreitung Freier
  Software, die Förderung von Freien-Software-Unternehmen in Deutschland
  und die Kontrolle über die eigene IT.", so Matthias Kirschner,
  Deutschlandkoordinator der FSFE.

Zunächst klare Aussagen der hessischen *Grünen*, die Freie Software als
Möglichkeit zur Vermeidung der digitalen Spaltung sehen. Sie wollen
Freie Software und Offene Standards vorantreiben, da diese in vielen
Bereichen des landespolitischen Handeln fördern. Von öffentlichen
Geldern finanzierte Software soll als Freie Software veröffentlicht
werden. Werbung für unfreie Software halten sie für unangebracht und
technisch unnötig und wollen die öffentliche Verwaltung dazu aufklären.
Festlegung auf einen Software-Hersteller soll in der Bildung vermieden
werden. Weiterhin regen sie ein Gütesiegel für Freie Software an, um die
irreführende Vermarktung mit dem Begriff zu unterbinden.

Dagegen relativiert die hessische *CDU* viele ihrer Antworten.
Öffentlich finanzierte Software soll grundsätzlich der Allgemeinheit zur
Verfügung gestellt werden, außer wenn sie aus "lizenzrechtlichen oder
hoheitlichen Gründen" entwickelt wurde. Sie ist für die Veröffentlichung
von Elster-Formular als Freie Software, allerdings nur, wenn "keine
sicherheitspolitischen oder wirtschaftlichen Gründe dagegen sprechen".
Sie trifft keine Aussage darüber ob öffentliche Einrichtungen bei
beauftragter Softwareentwicklung die sämtliche Nutzungsrechte bekommen
sollen. Betont aber, dass Software, die von der öffentlichen Verwaltung
beauftragt wird, Gegenstand individueller Vereinbarungen ist.

Weiterhin will die CDU Werbung für "lizenzpflichtige Software"
ausschließen. Daraufhin bezeichnet sie den Adobe Reader
fälschlicherweise als "lizenzfrei" und vertritt die Position, dass es
der Behörde obliegt, welches der "lizenzfreien Produkte als Service für
das Lesen bereitgestellt wird". Allerdings soll der Hinweis im
Migrationsleitfaden[3] umgesetzt werden. Dort steht auf Seite 172:

  Werden PDF-Dokumente öffentlich bereitgestellt, sollten Behörden
  fairerweise zu deren Betrachtung nicht mehr ausschließlich den Adobe
  Acrobat Reader empfehlen, sondern beispielsweise die von der FSFE
  bereitgestellten HTML-Bausteine[4] zum Download alternativer PDF-
  Betrachter in ihre Seiten aufnehmen.

Als bisheriger Koalitionspartner fordert die *FDP* die gebührenfreie
Lizenzierung von Standards und will für plattformunabhängige Lehrmittel
eintreten. Die CDU wiederum umgeht die Frage nach der Lizenzierung von
Standards. Offene Standards sollen nach Ansicht der CDU Hessen in der
Bildung nur dort verwendet "wo es sinnvoll" ist. Weiterhin unterstützt
die CDU den Einsatz von unfreier Software in der Bildung, wenn die
Privatwirtschaft dies benötigt.

Bei Softwarepatenten sieht die CDU Hessen nur in Einzelfällen Probleme
und diese primär rechtlich und nicht politisch. Nur zur Verhinderung von
Trivialpatenten kann sie sich durchsetzen. Im Gegensatz dazu hat die
Bundes-CDU, sowie alle anderen im Bundestag bisher vertretenen Parteien,
den interfraktionellen Antrag gegen Softwarepatente unterstützt und
begründet.

Klare Aussagen wieder von den hessischen *Piraten*. Sie wollen
öffentlich finanzierte Software dem Steuerzahler wieder zur Verfügung
stellen. Grundbedingung dafür ist, dass die Verwaltung stets selbst den
Quellcode bekommt. Die Öffentliche Verwaltung soll keine Werbung für
unfreie Software machen, keine Nutzung von unfreier Software verlangen.
Die Verwaltung und insbesondere Bildungseinrichtungen sollen
schrittweise ihre gesamte technische Infrastruktur auf Freie Software
umzustellen.

Während alle Parteien bis auf die CDU klar fordern, dass Nutzerinnen
freier Betriebssysteme ihre Steuerdaten online übermitteln können
sollen, gehen die Piraten weiter: Die Schnittstellen des Elster-Servers
soll offen gelegt werden, damit alle Anbieter eigene Lösungen entwickeln
können. Dann soll die Weiterentwicklung der bestehenden Software
eingestellt werden und stattdessen als Freie Software veröffentlicht
werden. Generell wollen sie sich für eine Bevorzugung von Freier
Software in der Verwaltung einsetzen. Weiterhin wollen sie sich für die
vollständige Kontrolle der Computer-Eigentümer sowohl im Bundestag als
auch in gemeinschaftlichen Arbeitsgruppen von Bund und Ländern stark
machen.


- Bundestagswahl: Positionen der Parteien zu Freier Software.[5]

- Landtagswahl: Antworten der Parteien in Bayern.[6]

- Andere Wahlbefragungen[7] der Free Software Foundation Europe.

- Erwähnung von Freier Software in Wahl- und Parteiprogrammen in
  Deutschland[8].

 1. http://fsfe.org/campaigns/askyourcandidates/201309-germany-hessen.de.html
 2. http://fsfe.org/news/2013/news-20130703-01.de.html
 3. http://www.cio.bund.de/DE/Architekturen-und-Standards/Migrationsleitfaden-und-Migrationshilfen/migrationsleitfaden_node.html
 4. http://pdfreaders.org/graphics.de.html
 5. http://fsfe.org/news/2013/news-20130703-01.de.html
 6. http://fsfe.org/campaigns/askyourcandidates/201309-germany-bavaria.de.html
 7. http://fsfe.org/campaigns/askyourcandidates/askyourcandidates.de.html
 8. https://wiki.fsfe.org/WahlUndParteiprogrammeDeutschland


== Über die Free Software Foundation Europe ==

  Die Free Software Foundation Europe (FSFE) ist eine gemeinnützige,
  regierungsunabhängige Organisation, die in vielen Ländern Europas
  aktiv und in vielen globalen Aktionen involviert ist. Der Zugang zu
  Software entscheidet über die Teilhabe an der digitalen Gesellschaft.
  Um Chancengleichheit im Informationszeitalter und die Freiheit des
  Wettbewerbs sicherzustellen, widmet sich die Free Software Foundation
  Europe (FSFE) der Förderung Freier Software, welche dadurch definiert
  wird, dass sie von jedem Menschen uneingeschränkt benutzt, untersucht,
  verändert und weitergegeben werden kann.  Dies ins öffentliche
  Bewusstsein zu rücken und der Freien Software politische und
  rechtliche Sicherheit zu verschaffen, sind die wichtigsten Ziele der
  FSFE, die 2001 gegründet wurde.

  Weitere Informationen über die Arbeit der FSFE finden Sie auf
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