Zu viel Auswahl [war Re: Frage über wirklich freie Linux Distributionen]

theo.schmidt at wilhelmtux.ch theo.schmidt at wilhelmtux.ch
Sa Aug 17 09:20:18 UTC 2013


Am 15.08.2013 13:47, schrieb manfbraun at manfbraun.de:
...
> Aus meiner Sicht ist einer der Gründe, das es derat [ja,
> geradezu abartig] viele Distributionen gibt, einer der Gründe,
> warum Linux scheitert. Selbst ich als Linux-User und mit
> 30 Jahren IT kann [und will??] das nicht wirklich verstehen.
...

Verstehen kann man es schon, aber es löst das Problem nicht. Objektiv 
ist die Vielfalt wertvoll, genau wie es gut ist, dass es z.B. viele 
Apfel- oder Kartoffel-Sorten gibt.

Aber gerade der Vergleich mit Lebensmitteln zeigt den subjektiven 
Nachteil auf. Tests in Läden haben ergeben (kann mich leider nicht 
erinnern wo gelesen), dass eine zu grosse Vielfalt abschreckt, weil es 
Arbeit ist, aussuchen zu müssen, und verunsichert, weil man immer das 
Gefühl hat, sich vielleicht doch für das falsche entschieden zu haben. 
Der Test sagte, dass ein Laden, der z.B. alle verfügbaren Apfelsorten 
oder sonst was auflegt, nicht mehr verkauft, sondern weniger. Abgesehen 
von Spezialitäten-Läden, welche Leute anziehen, die gerade die ganze 
Auswahl haben möchten.

So geht es mir mit Linux auch. So viele Distributionen und 
Untervarianten und trotzdem bin ich (heute) mit keiner ganz zufrieden 
und weiss vor allem nicht, ob nicht doch XY besser für mich wäre. War es 
früher lustig, immer alle verfügbaren auszuprobieren oder zumindest 
Testberichte zu lesen, ist das für mich heute eher lästig, eben Arbeit.

Dazu kommt die schnelle Wandlung bei den Distributionen selbst. 
Angefangen hatte ich mit SuSE und KDE, damals einen sicheren Wert. SuSE 
verkorkste es für mich damals durch immer schlechter funktionierende 
Anbindung von USB-Geräten, KDE durch den zu grossen Sprung auf Version 
4. Mit Ubuntu und Gnome war ich ein paar Jahre glücklich, bis mich 
ebenfalls zu grosse Neuerungen wegtrieben. Eine neue "Heimat" habe ich 
immer noch nicht gefunden, probiere dieses und jenes aus, ohne damit 
glücklich zu werden, obwohl jede Distribution für sich genommen super ist.

Wie viel einfacher hat es doch der Windows oder Mac-User. Es gibt da 
zwar auch allerhand Varianten, aber der User merkt davon wenig. Wenn es 
nur um die "User-Experience" ginge, würde ich kaum Linux verwenden und 
propagieren. Aber für "Otto Normal-Verbraucher" und aus diesem 
zusammengesetzte Organisationen, zählt eben vor allem diese "User 
Experience", Preis, Sicherheit, Freiheit usw. sind sekundär.

Das ist wohl ein wichtiger Grund, weshalb Linux auf dem PC-Desktop nicht 
über 1% oder so Marktanteil kommt. Und eine der Stärken von Linux "unter 
der Haube" mit einem viel grösseren Marktanteil, dürfte wohl sein, dass 
Kernel und Grundsystem selber, obwohl sich ständig verändernd, doch fast 
immer gleich bedient werden kann, die wesentlichen Kommandos der 
GNU-Prgramme ändern sich kaum.

Viele Grüsse, Theo Schmidt




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