Quiz: Wer sagt was - Wahlprüfsteine zu Freier Software

Matthias Kirschner mk at fsfe.org
Do Mär 22 11:34:19 UTC 2012


Hallo Bernd,

* Bernd Wurst <bernd at bwurst.org> [2012-03-22 08:34:52 +0100]:

> Am 22.03.2012 07:49, schrieb Matthias Kirschner:
> >   "Es ist das gute Recht, dass bei unfreier Software der Hersteller das
> >   Monopol besitzen darf, das eigene Produkt vor Manipulation zu
> >   schützen. [...] Es kann nicht das Ziel sein, unfreie Software komplett
> >   abzuschaffen, indem man politisch darauf Druck ausübt." 
> > 
> > In unseren Wahlprüfsteinen für die Saarland Wahl
> > https://fsfe.org/news/2012/news-20120322-01.de.html erfahrt ihr, welche
> > Partei das gesagt hat. Ich denke ihr werdet genauso verwundert sein wie
> > ich es war 
> 
> Naja, schon die Wortwahl deutet auf jemanden hin der weiß von was er redet.
>
> Wobei ich die Aussage gar nicht so schlimm finde, wenn man sie für sich
> genommen betrachtet. Natürlich hat ein Hersteller proprietärer Software
> (genauso wie Hardware) das Recht und die wirtschaftliche Pflicht um sein
> Produkt ein Monopol aufzubauen (das ist immerhin sein Geschäftsmodell!).

Gut, dass Du die Frage aufwirfst. Wir hatten das gestern noch im Büro
lange diskutiert. 

Hat ein Unternehmen das Recht? Hat es auch das Recht, Daten von Bürgern
zu sammeln und ihre Privatsphäre zu verleten um wirtschaftlich Erfolg zu
haben? Haben Unternehmen das Recht ihre Produkte mit DRM so zu
vertreiben, dass die Anwender keinerlei Kontrolle mehr darüber haben?
Gestehen wir als Gesellschaft anderen ein Recht zu unsere Freiheit zu
beschränken? Brauchen wir dann noch Kartellbehörden? Müssen wir andere
Bereiche regulieren? Wir hätten die Telekom ja auch privatisieren können
ohne alle möglichen Regeln und es dem "Markt" überlassen können.

Ich bin dafür, dass Unternehmen viel Geld mit guter Software verdienen
können, ich denke, dass wir in Deutschland in vielen Bereichen zu viel
und zu komplizierte Regulierung haben. Aber warum haben wir im
Softwarebereich eigentlich fast keine? In anderen Bereichen haben Leute
dann auch immer gleich "Enteignung" geschriehen. Wie bereits gefragt:
was ist gut für unsere Gesellschaft? Wenn darüber nach der PR ein paar
mehr Menschen nachdenken, dann hat sie das Ziel erfüllt.

Nochmal aus dem Grundsatzprogramm
https://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Freie_Software

  In unserer modernen Informations- und Kommunikationsgesellschaft ist
  es von außerordentlicher Wichtigkeit, dass alle Bürger jederzeit die
  volle Kontrolle über ihre Informationsverarbeitung und Kommunikation
  erlangen können, sofern sie dies wünschen. 

Wie ist das mit unfreier Software möglich? Und warum sagt die
Piratenpartei, dass es kein Ziel sein kann politisch Druck aufzubauen?

  Diese sogenannte Freie Software garantiert ihren Nutzerinnen alle
  wesentlichen Freiheiten, die notwendig sind, um die Kontrolle über
  ihre technischen Systeme selbst zu übernehmen und diese gegebenenfalls
  kollektiv und demokratisch weiter zu entwickeln. Dies leistet einen
  wesentlichen Beitrag zur Stärkung von Autonomie und Privatsphäre aller
  Nutzer.

Aber politischen Druck ausüben um das durchzusetzen wollen die Piraten
im Saarland nicht? 

  Diese Freiheit aller Bürgerinnen soll verhindern, dass die Macht über
  Systeme und Daten in den Händen Einzelner konzentriert wird. Sie
  versucht diese so breit wie möglich auf alle Bürger zu verteilen und
  so ihre Freiheit und Privatsphäre zu sichern. 

Mal etwas mit der Verknüpfung aus dem Grundsatzprogramm und der Antwort
gespielt:

  "Es ist das gute Recht, dass Software-Hersteller die Privatshäre
  verletzen dürfen. [...] Es kann nicht das Ziel sein, das zu ändern,
  indem man politisch darauf Druck ausübt." 

Vielleicht war die Pressemitteilung etwas hart und diese Formulierungen
sind primär auf Wahlkampfstress zurückzuführen.  Aber wer sich als _DIE_
Partei für Freie Software bezeichnet, sollte über die Fragen oben
kritischer nachdenken (was viele Mitglieder auf Bundes- und Landesbene
der Partei ja auch machen und was man an dem Grundsatzprogramm auch
sieht!).

Viele Grüße 
Matthias

-- 
Matthias Kirschner - FSFE - Deutschland- und Fellowshipkoordinator
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