Supportverträge machen OpenSource teuer

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
Fr Jan 6 11:32:45 UTC 2012


RA Stehmann schrieb:
> ich gebe einmal zu bedenken, dass der Eindruck entstehen könnte, Kultur
> sei für den Menschen und die Gesellschaft weniger wichtig als Technik
> oder über die Beherrschung der Technik könnte eine größere Macht (über
> Menschen) ausgeübt werden als über die Herrschaft über kulturelle Werke.
> 
> Dies erscheint mir eine "nerdozentrische" Sichtweise, die von Künstlern
> und anderen sicherlich so nicht geteilt werden wird.

Ist sie das?

Ich werfe mal die Gegenthese in den Raum, dass allein die Idee,
von Musik und Filmen einen "Quellcode" haben zu wollen, schon
sehr "nerdig" ist. Und soweit ich das sehen kann, ist dieser
Wunsch bei den "Nerds" viel stärker verankert als z.B. bei
Musikern und Filmemachern.

Gut möglich, dass Künstler den Wert kultureller Werke insgesamt
höher einschätzen als der Normalbürger, und dass sie damit recht
haben. (Ich persönlich stimme dem jedenfalls vollkommen zu!)
Aber davon merkt man leider nicht viel.

Ist es nicht bezeichnend, dass der offizielle Einführungs-Film
von Creative Commons "Get Creative!" [1] nicht im Quellcode
vorliegt? Und dass es überhaupt nur ein kleine Gruppe von
Video-Künstlern gibt, die ihren Quellcode veröffentlichen?
Und dass sich diese Gruppe komplett aus Blender-Enthusiasten [2]
rekurtiert, also aus einer ziemlichen "Nerd-Ecke" stammt?

Und die vielen guten Musikstücke, die wir im Quellcode
vorzuliegen haben, die stammen doch alle aus den 80er
Jahren! Die wurden von musikalisch begabten Computer-Nerds
zusammengehackt, zum Teil mit selbstgeschriebener Tracker-
Software. Heutzutage gibt es viel bessere Tracker. Gut,
die meisten sind proprietär, aber deshalb kann man doch
trotzdem die Quelldaten seines Musikstücks veröffentlichen!
Stattdessen bekommt man, wenn überhaupt, also "Quellcode"
höchstens die WAV-Datei, aus der die MP3-Datei erzeugt
wurde.

> Es erscheint mir auch sehr wichtig, dieses Thema hier zu diskutieren, da
> die FSFE und ihre Fellowship in ein Umfeld (oder eine "Community")
> eingebettet ist, in der die zukünftige Entwicklung des Kulturschaffens
> und des Urheberrechts vor dem Hintergrund eines als ungünstig
> empfundenen status quo lebhaft diskutiert wird.

Ich werfe mal die Verschwörungstheorie in den Raum, dass die
ganzen Nerds aus der FSFE deine Ansicht sowieso längst teilen.

Und dass sie die Quellcode- und Freiheits-Forderungen lieber
gestern als heute auch auf Kunstwerke ausdehnen wollen.
Dass sie das nicht öffentlich fordern, sondern nur hinter
vorgehaltener Hand liegt an einer internen Agenda. Die wollen
die Künstler nicht verschrecken. Diese sollen erstmal mit
Creative Commons warm werden und sich daran gewöhnen, bevor
man ihnen den Gedanken der wirklichen Freiheiten und den
großen Wert von Quellcode vermitteln kann. ;-)


(Kurze Klarstellung: Ich persönlich sehe keine so große Kluft
 zwischen Künstlern und Programmierern, das sind in meinen
 Augen alles irgendwie Nerds. Ich habe diese Gruppen hier
 lediglich aus humoristischen Gründen mal plakativ gegenüber
 gestellt.)


Gruß
Volker


[1] http://creativecommons.org/videos/get-creative
[2] http://www.blender.org/

-- 
Volker Grabsch
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