Freiheiten für Nicht-Software (was: DRM und weitere Einschränkungen im Musikbereich)

Bernhard Reiter reiter at fsfeurope.org
Di Aug 7 14:48:35 UTC 2012


Am Mittwoch, 25. Juli 2012 14:52:44 schrieb Volker Grabsch:
> Grundsätzlich stimme ich zu, dass man die 4 Freiheiten nicht
> für alles fordern sollte, aber die Unterscheidung in Software
> und Nicht-Software finde ich willkürlich und nicht zielführend.
> Denn je genauer man hinschaut, umso mehr verwischen die vermeintlich
> klaren Grenzen zwischen Software und Dokumenten.

Trotzdem existieren diese Unterscheidungen 
beispielsweise im Bereich der Rechtsprechung.
Ich selbst denke auch, dass wir bessere Kategorien aufmachen sollten,
zum Beispiel der Grad, in wie weit ein Werk nützlich-funktional ist, 
wiederverwendet werden kann und evolutionär verbessert werden könnte.

> Selbst ein Dokument, das zunächst nicht als Software gedacht ist,
> könnte zu einer werden. Zum Beispiel könnte jemand daher kommen,
> und einenen technischen Standard wie die HTML-Spezifikation
> automatisiert zu interpretieren. Dann könnte man zwar argumentieren,
> dieser Interpreter sei ja die eigentliche Software, aber mit dieser
> Argumentation wäre auch jedes Perl-Script keine Software mehr,
> denn die "eigentliche Software" wäre ja dann der Perl-Interpreter.

Hier würde ich aber auch sagen, dass es sich bei der Spezifikation
von Anfang an, um etwas mit mehr "Software" Charakter gehandelt hat,
also nicht um klar "Dokument" im juristischen Sinne.

Die Spezifikation wäre ggf. sehr nützlich-funktional, kann wiederverwendet 
werden, auch in Teilen und evolutionär verbessert.

> Weitere Beispiele finden sich in der Demo-Szene, wo in Echtzeit
> hohe Kunst errechnet wird. Wo endet die Abspiel-Software, wo
> beginnt die Musik- und Bildgestaltung?

Das wäre aus meiner Sicht eher "Software".

> Zudem wird in der Software-Entwicklung doch immer viel Wert
> darauf gelegt, dass Code sich selbst gut dokumentieren soll.
> Das geht bis hin zum Literate Programming, wo das Handbuch
> nicht neben der Software existiert - nein, das Handbuch _ist_
> die Software.

Naja, ich dachte die Dokumentation sei eingebettet beim Literarischen 
Programmieren. Sie ist aber nicht Teil der Instruktionen, in dem Sinne, dass 
Sie nicht "ausgeführt" werden. Aber egal, auch hier nicht "klar Dokument".

> Diese Abgrenzung würde ich aber nicht zwischen Software und Nicht-
> Software machen, sondern zwischen "Werkzeugen" und "Unterhaltung".
> Da gibt es zwar auch keine scharfe Trennlinie, aber zumindest
> trifft das den Kern des Problems in meinen Augen viel besser.

"Werkzeuge" würden gut auf etwas stark nützlich-funktionales passen.
"Unterhaltung" ist meist nicht so gut in Teilen wiederverwendbar oder 
evolutionär entwickelbar.

> Zum Beispiel sollten die 4 Freiheiten nicht nur bei Werkzeug-
> Software (Textverarbeitung, etc.) gefordert werden, sondern
> auch bei Lernmaterialien und Kartenmaterial, obwohl diese
> keine Software sind. Denn über diese wird ebenfals viel Macht
> ausgeübt.

Die sind auch eher nützlich-funktional, als viele andere Bücher.

> Weniger harte Forderungen würde ich an Unterhaltung stellen,
> aber hierzu zählen für mich nicht nur die neusten Kinofilme,
> sondern auch die meisten Computerspiele, obwohl diese ganz
> klar Software sind.

Sehe ich auch so. Oft bringt es nichts in einem Kinofilm Minute 3 bis 6 
zu verändern. Besonders nicht ohne die gleichen Schauspieler, Kameras, usw.
Der Funktionalitätswert ist auch Gering.

Gruß,
Bernhard

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