Digitale Rechteminderung und "das gute Recht"

RA Stehmann anwalt at rechtsanwalt-stehmann.de
Mi Apr 25 08:11:14 UTC 2012


Matthias Kirschner schrieb:
>
>   Bei Diskussionen zu Freier Software, DRM, Antifeatures, etc. höre oder
>   lese immer wieder von klugen, kritisch denkenden Menschen, dass es ja
>   das gute Recht der Hersteller ist, über ihre Produkte zu verfügen oder
>   Kontrolle auszuüben. Woher kommt das? Wären diese Einschränkungen in
>   "der analogen Welt" auch akzeptabel? Ist es das gute Recht eines
>   Verlags, dass er mir verbieten kann, das Buch vorzulesen, Freunden
>   auszuleihen, oder weiterzuverkaufen? Ich habe immer wieder Büchern
>   zweckentfremdet: im Moment ersetzen z.B. drei Bücher den vorderen Fuß
>   meines kaputten Sofas. Wäre es ok, wenn der Verlag oder der Autor mir
>   so etwas verbieten darf? Akzeptieren mehr Menschen solche
>   Einschränkungen bei Software und Daten, und wenn ja, warum? Kommt das
>   daher, dass bei der Diskussion mit der Bezeichnung "Digitales
>   Rechte-Management", von vornherein den Herstellern ein Recht
>   zugestanden wird?
> 
>   Ich würde gerne von Euch wissen, wie ihr selbst das seht und wie das
>   Bekannte, Freunde und Kollegen von Euch sehen. Ist es das gute Recht
>   von Herstellern, uns einzuschränken? [...] Dankeschön.
> 
Man muss zunächst einmal unterscheiden zwischen dem technisch Möglichen,
dem rechtlich Erlaubten und dem ethisch Richtigen.

"Gutes Recht" bedeutet nicht nur rechtlich erlaubt, sondern auch ethisch
richtig ("gut").

Um vielleicht einmal ein Beispiel aus der realen Welt betreffend den
Einsatz von Schutzmechanismen anzuführen: Es ist sicherlich jedermanns
"gutes Recht" seine Wohnungstüre abzuschließen und grundsätzlich
niemanden einzulassen, den er nicht einlassen will (Disclaimer:
"grundsätzlich" bedeutet bei Juristen, dass diese Regel Ausnahmen hat).

Aber wie ist das bei einer Hütte im Hochgebirge, die Bergsteiger und
Bergwanderern Schutz vor tödlichen Gefahren bieten kann? Wäre es ethisch
richtig, diese im Notfall nicht einzulassen? Sicherlich nicht, denn dies
wäre schon rechtlich nicht erlaubt (unterlassene Hilfeleistung). Aber
heißt das, dass es ethisch nicht richtig wäre, die Hütte bei Abwesenheit
des Besitzers abzuschließen, weil in Not geratene auch dann dort keinen
Schutz finden können?

Ich denke, RMS nimmt auf solche einmal selbstverständlich gewesene
Nachbarschafts- bzw. Gastfreundschafts- oder Kollegialitätspflichten
Bezug, wenn er das Recht zum Kopieren mit der Hilfe für den Nächsten
begründet.

DRM beeinträchtigt "gute Rechte" des Anwenders bzw. Kunden, z.B. sein
Recht auf Fertigung einer Privatkopie. Derartige technische Maßnahmen
sind zwar rechtlich erlaubt (und ihre Umgehung verboten), aber damit
auch ethisch richtig?

DRM ist also keine rechtliche Frage, wie es der Ausdruck "Recht"
suggerieren könnte, sondern eine ethische.

Gruß
Michael


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