Re: Digitale Rechteminderung und “das gute Recht”

Jacob Dawid jacob.dawid at googlemail.com
Di Apr 24 15:25:49 UTC 2012


Hallo Matthias,

ich hab deinen Beitrag auf netzpolitik kommentiert:

Hallo Matthias,

das grundsätzliche Problem fängt schon bei den Begrifflichkeiten in der
Sprache an: “Geistiges Eigentum” – ein unglaubliches Unwort. Der Grund ist
der, dass man mit “Eigentum” gewisse Assoziationen auf nicht-materielle
Dinge überträgt, die so garnicht übertragen werden können; und darin liegt
schon der Fehler. Mit Eigentum assoziiert man beispielsweise das Recht
darüber zu bestimmen, was nun mit einer Sache, die man sein Eigentum nennt,
geschieht, etwa wer diese Sache in welchem Umfang nutzen darf. Das klingt
völlig einleuchtend – und deshalb wird zunächst auch jeder bestätigen, dass
die Künstler “ein gutes Recht” zur Bestimmung über “ihre Dinge” haben.
Diese Überzeugung baut aber auf falschen Annahmen.

Informationen sind im Grundsatz erst einmal frei – das ist doch völlig
klar. Niemand kontrolliert was ich denke, sehe, auf meinem Computer
bearbeite (sei es kopiere, lösche oder erstelle) und wenn ich es verteile,
was damit geschieht. Das ist ein naturgegebenes Gesetz, keine großartige
Theorie. Dieses Gesetz der freien Information vollständig zu brechen ist
unmöglich – das war schon immer so. Einzig und allein die Geschwindigkeit,
mit der sich Informationen heute verbreiten lassen ist rasant angestiegen.

Richtig ist, dass Künstler Schutzrechte (etwa auf Ihren Künstlernamen)
genießen und angemessen entlohnt werden sollten, denn sie tragen maßgeblich
zur Kulturbildung unserer Gesellschaft bei. Wie man das anstellt, da kann
sich viele Gedanken zu machen und sprengt diesen Kommentar. Wenn man sich
aber wenigstens bewusst darüber wird, dass man Naturgesetze nicht brechen
kann und differenziert debattiert, dann findet man auch hier vernünftige
Lösungen. In einfachster Form wäre das z.B. eine Sozialabgabe für Künstler.

Viele Grüße,

Jacob

Am 24. April 2012 16:38 schrieb Matthias Kirschner <mk at fsfe.org>:

> Gerade auf meinem Blog [1] und auf Netzpolitik [2] geschrieben:
>
>  Gestern hat Dradio Wissen mich zu Digitaler Rechteminderung (DRM)
>  interviewt. Es geht darum, was DRM ist, warum Unternehmen DRM
>  einführen, warum DRM nur funktioniert, wenn der Kunde als Feind
>  betrachtet wird und welche anderen Möglichkeiten neben DRM bestehen
>  (Audio/MP3 [3] 07:52 Minuten). Ich habe am Ende des Interviews
>  versucht, ein paar Punkte zu viel reinzubringen, was in der kurzen
>  Zeit dann doch schlecht möglich war. Aber hier soll es um etwas
>  anderes gehen.
>
>  Bei Diskussionen zu Freier Software, DRM, Antifeatures, etc. höre oder
>  lese immer wieder von klugen, kritisch denkenden Menschen, dass es ja
>  das gute Recht der Hersteller ist, über ihre Produkte zu verfügen oder
>  Kontrolle auszuüben. Woher kommt das? Wären diese Einschränkungen in
>  "der analogen Welt" auch akzeptabel? Ist es das gute Recht eines
>  Verlags, dass er mir verbieten kann, das Buch vorzulesen, Freunden
>  auszuleihen, oder weiterzuverkaufen? Ich habe immer wieder Büchern
>  zweckentfremdet: im Moment ersetzen z.B. drei Bücher den vorderen Fuß
>  meines kaputten Sofas. Wäre es ok, wenn der Verlag oder der Autor mir
>  so etwas verbieten darf? Akzeptieren mehr Menschen solche
>  Einschränkungen bei Software und Daten, und wenn ja, warum? Kommt das
>  daher, dass bei der Diskussion mit der Bezeichnung "Digitales
>  Rechte-Management", von vornherein den Herstellern ein Recht
>  zugestanden wird?
>
>  Ich würde gerne von Euch wissen, wie ihr selbst das seht und wie das
>  Bekannte, Freunde und Kollegen von Euch sehen. Ist es das gute Recht
>  von Herstellern, uns einzuschränken? [...] Dankeschön.
>
> Viele Grüße
> Matthias
>
>  1. http://blogs.fsfe.org/mk/?p=929
>  2.
> https://netzpolitik.org/2012/digitale-rechteminderung-und-das-gute-recht/
>  3.
> http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/04/23/drw_201204231034_die_diskussion_um_digitale_rechte_4b0f6678.mp3
> --
> Matthias Kirschner - FSFE - Deutschland- und Fellowshipkoordinator
> FSFE, Linienstr. 141, 10115 Berlin, t +49-30-27595290 +49-1577-1780003
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