Das Leid des Neuen...

Myriam Schweingruber schweingruber at pharma-traduction.ch
Sa Mai 28 10:04:00 UTC 2011


Hallo zusammen,

2011/5/27  <theo.schmidt at wilhelmtux.ch>:
> Am 24.05.2011 08:59, schrieb olafBuddenhagen at gmx.net:
> ...
...

>
>>> Hingegen sind die Usability-Probleme insebesondere der GUIs und
>>> Anwendungen (vor allem bei Upgrades) für mich dermassen nervend, dass
>>> ich sie ohne eine politische/philosophische Motivation wohl nicht
>>> erdulden würde und mir von Win oder Mac subjektiv Besserung
>>> versprechen würde
>>
>> Angesichts der obigen Ausführungen sollte klar sein, dass eine solche
>> Erwartung völlig verfehlt ist...
>
> Weshalb? Apple schaffte es die ersten Versionen des MacOS dermassen intuitiv
> zu gestalten, dass jede Person praktisch sofort produktiv loslegen konnte.
> Bis auf einige Dialoge war es fast perfekt.

Du bist dir aberschon bewusst, dass deine Aussage hier sehr subjektiv
ist, oder? Ich bin alles andere als eine Anfängerin, was GUIs
betrifft, aber mit OS X habe ich so meine Probleme und intuitiv ist es
für mich überhaupt nicht. "Jede Person" ist also schon mal minus mich
:)

> Microsoft gelang ähnliches etwas
> weniger gut aber immerhin, mit Windows95. (Ist mir bewusst, dass diese
> Konzepte früher von anderen erfunden wurden, aber das ist hier nicht da
> Thema.) Diese populären GUIs mussten dann einerseits dem Internet und
> anderserseits der schier unglaublichen Zahle von Dokumenten angepasst
> werden, die heute auch eine Privatperson besitzt, z.B. wegen Musik- und
> Photo-Sammlungen. Und noch neuer: die schier unglaubliche Verfügbarkeit von
> "Apps". Ich denke KDE und Gnome hatten die neuen Herausforderungen zunächst
> besser gelöst als Apple und Microsoft, aber damit scheint es nun vorbei.

Ähem, das stimmt so nicht ganz, gerade einige der neuen Features in
Windows 7 sind direkt von KDE abgekupfert, die in KDE schon in der
Version 3 drin waren (Windows snap to top oder snap to side, usw.).
Für umsteigende User ist Windows 7 von vorhergehenden Versionen
mindestens genauso weit weg wie die freien GUIs

> Der
> "Business"-Kunde erwartet, dass die Mitarbeiter mit ihren Dokumenten und
> Geräten arbeiten können. Dazu braucht es eine Art Standard-Oberfläche, die
> *funktioniert*. Beides ist weniger gegeben als früher. Ich weiss nicht, ob
> diese Dinge bei Microsoft oder Apple besser oder schlechter gelöst sind,
> aber sie *scheinen* dort besser gelöst.

Sie "scheinen", aber das war es dann auch schon. Das Problem ist die
Gewöhnung, das es einfach "so" funktioniert wie immer, und man seinen
Kopf gar nicht einschalten muss. Der aufgeklärte User, der den
Computer als das sieht, was er ist, nämlich eine nicht denkende
Maschine, benutzt sein eigenes Hirn und überlegt erst mal, was er
falsch macht und ob er das nicht selbst finden kann. PEBKAC ist immer
noch das Hauptproblem beim Umstieg auf eine andere Oberfläche.

Ein Beispiel aus meinem eigenen Umkreis: meine Tante, mittlerweile
stolze 85, ist seit ein paar Wochen neue Besitzerin eines Netbooks,
auf dem ich ihr die Plasma Netbook-Version von KDE 4.6.x eingerichtet
habe. Sie hat vorher fast nie einen Computer benutzt und hat meinem
Bruder, der ihr was auf seinem MacBook Air gezeigt hat, cool
geantwortet: "Junge, ist dein Computer kompliziert, du solltest dich
mal nach was anderem umsehen, mein Netbook kann das besser."

Es ist also alles eine Frage des Standpunktes und der Gewöhnung. Mein
Bruder ist wahrscheinlich gegenteiliger Meinung, weil er es so gewohnt
ist. Man muss also die Benutzer beim Umstieg darauf einspielen und
falls nötig auch Umstiegshilfen anbieten.

Das erinnert mich an die Aussagen von Mitarbeiterinnen aus der
Apotheke, wenn mal eine Änderung eingeführt wurde: "Das haben wir aber
noch nie so gemacht." Diese Aussage kam pauschal, egal ob da jetzt was
verbessert wurde oder nicht. Der Mangel an Flexibilität und Klammern
an das Gewohnte sind grosse Stolpersteine, wenn etwas im Arbeitsablauf
geändert wird, das ist überall so.


Lieber Gruss, Myriam

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