Gewohnheiten (was: FoeBud nutzt proprietäre Software)

Leena listen at leena.de
Di Mai 10 13:37:44 UTC 2011


hi,

danke für deine guten nachrichten. macht spaß das zu lesen. hab nur leider 
gerade so gar keine zeit für NOCH eine ausführliche antwort ;)

drum mach ichs kurz:


> Allerdings begibt man sich mit der Diskussion über Effizienz generall
> auf gefährlich Grund: Denn im Prinzip kann jeder das Argument bringen,
> dass er mit proprietärer Software angeblich besser Arbeiten kann...

ja das ist wirklich eine frage, die man nicht wirklich gut beantworten kann.

> Daher möchte ich Wert legen auf das *angeblich* (denn meist ist es mehr
> subjektive Empfindung als objektive Probleme), und auch auf das besser
> *Arbeiten* können -- was keinesfalls heißen muss, dass die Software an
> sich tatsächlich besser ist! Meist ist sie einfach nur gewohnter.
> 
> Im Prinzip haben schon andere in diesem Thread darauf hingewiesen; aber
> ich finde diesen Aspekt sehr wichtig, und möchte daher nochmal ganz
> explizit darauf eingehen: Du bringst immer wieder die Ansicht zum
> Ausdruck, dass bestimmte proprietäre Programme den freien technisch weit
> überlegen sind. Das stimmt sicherlich in einigen Fällen; tendenziell
> scheint es mir aber arg übertrieben. Die freien Programme sind oft nicht
> schlechter (zumindest in einem Maße, das nennenswert die Produktivität
> beeinflusst), sondern einfach nur *anders*.



> 
> Photoshop ist dafür das Standardbeispiel schlechthin. Natürlich fehlen
> GIMP einige Features -- die allerdings die meisten Leute in der Regel
> gar nicht betreffen. Woran sich die Leute wirklich stören, ist die
> ungewohnte Bedienung. Ich sage bewusst ungewohnte, nicht schlechte: Denn
> während Photoshop-Anwender, die Mal GIMP probieren, in der Regel
> überhaupt nicht damit klarkommen, habe ich von Leuten, die beides
> wirklich kennen, schon öfters die Ansicht gehört, dass man die meisten
> Sachen mit Beiden gleich gut machen kann -- nur eben auf anderem Wege,
> mit anderen Bedienkonzepten. Den meisten Photoshop-Anwendern fehlt
> einfach nur die Motivation zum Umlernen.
> 
> Ich hege die Vermutung, dass es sich bei Deiner Videoschnitt-Software
> ähnlich verhält...

dieses phänomen kenne ich. ich finde z.b. gimp völlig in ordnung. und der 
prozess des umgewöhnens war da das einzig unangenehme.

beim filmschnitt ist es so, dass ich mich erst auf ein programm umgewöhnen 
will, wenn ich mir relativ sicher sein kann, dass das auch das 
vielversprechendste ist. wäre blöd, wenn sich dann später ein anderes als 
besser entpuppt und ich mich NOCH mal umgewöhnen muss.
dass es an dieser stelle jedoch noch nicht das ungewohnte ist kann ich, glaube 
ich, ganz gut beurteilen.
viele andere cutter, mit denen ich rede, wollen mich immer zu final cut 
bekehren. das ist das programm von apple. ich mag nicht zu final cut. an der 
stelle ist die umgewöhnung (nebenher dazu, dass es genau so proprietär ist wie 
premiere und daher auch keine verbesserung darstellt) der grund. ich habe mich 
schon ein paar mal an final cut gesetzt und sehr deutlich gesehen, dass es 
genau so gut (wenn nicht an manchen stellen sogar besser) ist, wie premiere. 
allein: ich müsste mich umgewöhnen und davon verspreche ich mir nicht viel.
die freien schnittprogramme machen mir aber alle nicht den eindruck, dass sie 
genau so gut, nur halt anders sind. sie sind schlicht noch nicht so gut. (mein 
lieblingsvergleich: die freien schnittprorgamme verhalten sich zu premiere, 
wie tux-paint zu photoshop. Sie sind frei, aber bei weitem nicht so 
professionell. sobald es gimp gibt, steige ich darauf um.)
die schnittsoftware stellt da aber eine große ausnahme dar.
finde es aber deshalb so prima als diskussionsbeispiel.

bei sehr vielen anderen programmen habe ich die gleiche beobachtung, wie du. 

> Ich möchte damit die Schwierikeiten beim Umstieg nicht kleinreden.
> Natürlich ist Umlernen immer sehr frustrierend: Die Anwendung verhält
> sich anders, als man es gewohnt ist; und man wird mit neuen
> Unzulänglichkeiten konfrontiert (während man sich an die des anderen
> Programms längst gewohnt hat) -- aber man darf dabei nicht vergessen,
> dass die Frustration eben hauptsächlich auf das Umlernen zurückgeht,
> nicht auf die freie Software selbst. (Genau darum ging es ja auch in der
> Diskussion um padeluuns Äußerungen bei der Demo...)

ja. es wäre tatsächlich eine gute fragerichtung, wie man die furstration beim 
umlernen reduzieren kann.
z.b. durch gemeinsame umlerngruppen oder so?


noch ein letztes wort zum foebud:
gerade stecken sie über 10 000 € in die weiterentwicklung von CiviCRM (freie 
software). sie folgen also genau dem spirit von freier software: sie passen 
sich die software auf ihre bedürfnisse an (civiCRM ist amerikanisch und hat 
daher viele funktionen, die man z.b. für die deutsche steuer braucht nicht 
drin) und geben somit auch wieder sehr viel zurück.
das kommt den foebud allerdings wesentlich *teurer*, als wenn sie sich für 79€ 
eine einfache datenbanksoftware gekauft hätten, die die meisten benötigten 
funktionen auch hätte. 
jetzt kann man sagen, dass sie langfristig davon profitieren werden, dass sie 
nicht von einem anbieter abhängen usw. aber bis sie die 9.900 euro darüber 
wieder drin hätten, würde das auch ziemlich lange dauern. 
es ist also nicht immer günstiger für organisationen, den weg der freien 
software zu gehen.

lg leena



-- 
www.leena.de
www.foebud.org



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