(Halb-)freie Smartphone-Betriebssysteme

olafBuddenhagen at gmx.net olafBuddenhagen at gmx.net
Fr Mär 4 00:17:03 UTC 2011


Hallo,

On Wed, Mar 02, 2011 at 01:40:39PM +0100, theo wrote:
> olafBuddenhagen at gmx.net wrote:

> >Nun, gehen wir Mal alle (mir bekannten) Alternativen durch:
[...]
> Ich hatte mir ein N900 mit Maemo5 gekauft. Es macht praktisch alles
> was ich will und recht gut.

Naja, vielleicht hätte ich Maemo in der Liste mit erwähnen sollen, auch
wenn es an diesem Punkt wohl nur historisch relevant ist...

Maemo hat zwar eine ganze Reihe Standard-Komponenten aus dem
GNU/Linux-Umfeld benutzt -- aber die Interessanten Dinge
(Hardware-Ansteuerung, Oberfläche, Telefonie-Software) waren alle
proprietär. Auch der Entwicklungsprozess war praktisch vollkommen
geschlossen. Nach Aussage diverser Leute war es funktionsmäßig zwar
recht vielversprechend, aber noch nicht wirklich massentauglich.

Auf dem N900 wurde das System mit vollem Root-Zugang ausgeliefert, was
für einen großen Hersteller recht bemerkenswert ist. Die Hardware selbst
war dagegen alles andere als offen, mit proprietären Treibern für fast
Alles. (Die erst im Zuge der MeeGo-Entwicklung plötzlich als freie
Software verfügbar wurden...)

Aus Sicht freier Software also eher durchwachsen.

> Ich verstehe nicht, weshalb Nokia diese Schiene verlassen hat.

Nun, die Abkehr vom ursprünglichen Maemo-System kam in mehreren
Schritten, die man getrennt betrachten muss.

Zunächst einmal der Wechsel zu Qt. Das kam wenig überraschend, nachdem
Nokia Qt eingekauft hat. Für die Entwicklung der Platform jedoch ein
fragwürdiger Schritt... Mag sein, dass ein Wechsel zu Qt für
Anwendungsentwickler auf lange Sicht sinnvoll ist, da viele Leute Qt für
eine bessere Umgebung zu halten scheinen als GTK/GNOME. (Eine Ansicht,
die ich persönlich übrigens nicht teile: Denn Qt ist ziemlich stark an
C++ gebunden, während man GTK&Co. sowohl in Good Old C, als auch in so
ziemlich jeder Highlevel-Sprache gut einbinden kann.) Nichtsdestotrotz
wäre es sicherlich sinnvoller gewesen, die mitgelieferte Software
zunächst in ihrer existierenden Form weiter zu verfeinern; und Qt
vorerst lediglich als zusätzliches API anzubieten -- so wie es ja auch
bei Symbian der Fall ist. Hier scheinen politische Zielsetzungen
wichtiger gewesen zu sein, als das Wohl der Maemo-Platform...

Der zweite und größere Bruch war der Wechsel vom halbproprietären und
geschlossenen Maemo zum Hersteller-übergreifenden und weitgehend freien
MeeGo. Das war im Grunde ein naheliegender Schritt: Während Symbian --
das ein proprietäres und Herstellergebundenes System war (nachdem die
anderen Partner abgesprungen sind oder herausgedrängt wurden) --
zunehmend ins Abseits geriet, entstand um Android -- als freie und
Hersteller-unabhängige Platform -- schnell ein florierendes Ökosystem.
Das hat Nokia offenbar richtig erkannt (lange vor Elop...), und
versucht, Konsequenzen zu ziehen.

Man kann den Umschwung zu MeeGo also kaum als einen Fehler sehen. Der
eigentliche Fehler war, es nicht von Anfang an so gemacht zu haben. Die
Frage ist also nur, ob es für die Öffnung weniger radikale Alternativen
gegeben hätte? Durch das Einbinden von MobLin hatte man sofort wichtige
Partner mit im Boot; und ein plausibles Versprechen, dass es sich um
eine wirklich Herstellerübergreifende Platform handelt. Mit einer
Öffnung von Maemo ohne technische Zugeständnisse hätte es dagegen viel
Zeit und Mühe gebraucht, um an einem solchen Punkt anzukommen. Es ist
sehr schwierig abzuschätzen, ob der technische Vorsprung bei der
Entwicklung mittelfristig mehr Wert gewesen wäre...

-antrik-



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