Komplexität (was: Sorge umd die Zukunft)

olafBuddenhagen at gmx.net olafBuddenhagen at gmx.net
Fr Jun 17 19:31:45 UTC 2011


Hallo,

On Sun, Jun 05, 2011 at 10:51:36AM +0200, theo.schmidt at wilhelmtux.ch wrote:

> Es geht mir auf dieser Liste weder um meine spezifischen Probleme, die
> hier nur als Beispiele dienen, noch um Verschwörungstheorien, sondern
> um meine Sorge um die Qualität von Freier Software, die ich in Gefahr
> sehe. Ich habe das Gefühl, das die Systeme dermassen komplex werden,
> und die durch den Konsumismus hervorgerufene Beschleunigung dermassen
> zunimmt, dass es mit der Qualität abwärts geht, weil man da einfach
> nicht mehr mitkommt.

Das Problem sehe ich auch, und habe mir schon öfters Gedanken darüber
gemacht...

Allerdings ist es kein Problem, das speziell freie Software trifft --
proprietäre Anbieter haben damit genauso zu kämpfen. Tendenziell glaube
ich sogar, dass freie Software dank der verteilteren Natur dem Problem
etwas besser gewachsen ist. Aber auch hier stößt man natürlich bald auf
Grenzen.

Ein Versuch, das Anwachsen der Komplexität einzudämmen, wäre -- wie
bereits erläutert -- ziemlich problematisch. Also bleibt nur, Wege zu
finden, mit der Komplexität möglichst gut umzugehen.

Auf organisatorischer Ebene setzt sich insbesondere Test-Driven
Development zunehmend durch. Auf technischer Ebene bieten abstraktere
Programmiersprachen einen Fortschritt (insbesondere deklarative Ansätze
finde ich vielverprechend); aber auch intelligentere Systemarchitekturen
können helfen. Sowohl Linux, als auch die existierenden
Desktop-Oberflächen, sind meiner Ansicht zu monolithisch -- eine
konsequentere Anwendung des UNIX-Prinzips würde helfen.

(Was der Grund ist, wieso ich mich für Hurd interessiere... Und wieso
ich Angst habe vor Leuten wie Lennart Pöttering, die das UNIX-Prinzip
für ein Relikt halten, und am liebsten ganz abschaffen möchten :-( )

> Ich fürchte, dass freie Software am "explodieren" ist, weil sich alles
> beschleunigt, aber die menschlichen Resourcen begrenzt sind, ja sogar
> abnehmen, wenn ständig Firmen, die FOSS einigermassen unterstützt
> haben, von solchen aufgekauft werden, die das weniger tun.

Ich denke diese Befürchtung ist unangebracht. Langfristig setzen sich
offene Systeme eigentlich immer durch, aus rein ökonomischen Gründen --
freie Software ist hier nur ein prominentes Beispiel. Wenn ein großes
Unternehmen einen Rückschritt macht, und sich von freier Software
abwendet, dann ist das punktuell natürlich zunächst schmerzhaft -- aber
auf lange sicht heißt das nur, dass sie sich selbst ins Abseits bewegen,
und von fortschrittlicheren Mitstreitern verdrängt werden. Ich habe mich
gerade bei einem der meist noch recht kleinen, aber stetig wachsenden
Unternehmen beworben, die ausschließlich auf freie Software setzen...

> Ich plädiere für eine Entschleunigung.

Hehe... Ich habe schon ernsthaft überlegt, ob es nicht an der Zeit wäre,
ein "Ancient GNU/Linux" ins Leben zu rufen -- eine Distribution, die
ganz bewusst auf die neuste Software verzichtet, um mehr Stabilität zu
bieten :-)

Allerdings wird freie Software -- zumindest im Desktop-Bereich -- immer
noch hauptsächlich von technikbegeisterten Entwicklern und Anwendern
vorangetrieben, die sich für soetwas nicht erwärmen ließen. Die Zeit ist
wohl noch nicht reif dafür...

-antrik-



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